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049 - Der Android

049 - Der Android

Titel: 049 - Der Android Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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cm, 3 Vorderlader, 4 Flammenwerfer.
    Analyse: Aggression durch Körpersprache und Kommunikation bestätigt.
    Ursache der Aggression: eigene Person, Grund unbekannt.
    Reaktion: Deeskalation durch Beruhigung.
    Wahrscheinlichkeit eigener Beschädigung: 20%… 25%… 30%…
     
    Takeo brach die Aufzeichnung ab, als die ersten Flammen über das Gesicht des Roboters strichen. Mühsam bezwang er seine Wut und drehte sich bewusst langsam zu den anderen Ro- Cops um, die hinter ihm in der Werkstatt standen. Die Plysteroxkörper waren stumpf und dreckig. Einigen fehlten Gliedmaßen, andere waren zum Teil geschmolzen und hatten groteske, tropfenförmige Auswüchse gebildet. Von den zwölf RoCops, die er nach El'ay geschickt hatte, waren nur sieben zurückgekehrt. Nach den Aufzeichnungen konnte er sich vorstellen, was aus den anderen geworden war.
    »Wie groß sind die Schäden?«, fragte er.
    Haank hob die Schultern. »Schwer zu sagen, Herr. Das meiste wird sich wohl reparieren lassen, aber ich weiß nicht, wie gut ihre Gedächtnischips die Angriffe verkraftet haben. Vielleicht solltest du die Erinnerungen löschen.«
    Takeo dachte einen Moment darüber nach. Er hatte die RoCops absichtlich nur mit positiven Erinnerungen an die verlorene Zivilisation ausgestattet, um ihnen ein Ziel zu geben, eine Vision der Welt, die sie erschaffen helfen sollten.
    Durch die Schäden war diese ursprüngliche Programmierung mög- licherweise überlagert worden. Wenn er sicherstellen wollte, dass keiner der Roboter psychopathische Tendenzen entwickelt hatte, musste er ihre Gehirne komplett austauschen und durch neu konstruierte ersetzen.
    »Nein«, entschied er. »Der Aufwand ist zu groß. Die Bevölkerung hat gezeigt, dass sie nicht bereit ist, sich von Maschinen helfen zu lassen. Es wäre unsinnig, die RoCops noch einmal in die Stadt zu schicken, und hier habe ich keine Verwendung für sie.«
    Haank senkte den Kopf. Die Ply- steroxplatte erlaubte ihm kein Mienenspiel, aber Takeo wusste auch so, dass ihn sein Entschluss betrübte. Schließlich waren die RoCops die ersten, die er selbst gebaut hatte.
    »Bring sie fort und vernichte sie«, sagte er. Und zwar so schnell wie möglich, fügte er dann in Gedanken hinzu. Ich kann ihren Anblick nicht ertragen.
    Die aufgestaute Frustration brach so plötzlich aus ihm hervor, dass Takeo die Kontrolle verlor. Seine Faust schoss vor und bohrte sich in die Wand. Staub wallte auf, als der Beton unter seinen Fingern zermalmt wurde. Der ganze Raum schien zu erbeben.
    »Warum?!«, schrie er. »Warum sind die Menschen so verflucht dumm?!«
    Immer wieder schlug seine Faust gegen die Wand. Takeo kümmerte sich nicht um die Risse oder die Betonstücke, die herausbrachen und auf dem Boden zerplatzten. Seine Wut beherrschte ihn, ließ ihn alles andere vergessen.
    Irgendwann - drei Minuten und zweiunddreißig Sekunden nach dem ersten Faustschlag - kehrte sein Bewusstsein zurück. Takeo senkte den Arm und wandte sich, angewidert von seinem eigenen Verhalten, ab. Er hatte noch nie in dieser Weise die Kontrolle verloren, und es erschreckte ihn, dass er dazu noch in der Lage war.
    »Erinnerst du dich an den Tag, an dem du mich gefunden hast, Herr?«
    Haanks Stimme klang weich, als spräche er zu einem Kind. »Als ich dich sah, hielt ich dich für das hässlichste Geschöpf, das die Götter jemals in diese Welt geschickt hatten. Wie du weißt, suchte ich den Tod, aber es gab niemanden, der einen Krüppel wie mich getötet und damit seine Ehre beschmutzt hätte.« Er lächelte knapp.
    »Wir glauben, dass Krüppel unter dem besonderen Schutz der Götter stehen. Doch als du an diesem Tag am Strand aufgetaucht bist, war ich mir sicher, meinen Weg in den Tod gefunden zu haben. Weißt du warum, Herr?«
    Takeo neigte den Kopf. Er hatte eine Ahnung, worauf die Geschichte hinauslief, aber er ließ ihn weiterreden, wollte es aus seinem eigenen Mund hören.
    »Weil ich glaubte«, fuhr Haank fort, »dass in einem so abscheulichen Körper nur eine ebenso abscheuliche Seele sitzen könnte, die ohne Skrupel auch einen Krüppel töten würde. Zum Glück habe ich mich geirrt.«
    Takeo sah an ihm vorbei aus dem Fenster und auf die »sieben Samurai«, die begonnen hatten, eine Mauer zu errichten. Es fiel ihm schwer, Haanks Gedankengänge nachzuvollziehen, und er bemerkte nicht zum ersten Mal, wie viel seiner Menschlichkeit er bereits verloren hatte. Er fand keine Logik darin, vom Äußeren einer Person auf ihr Inneres zu schließen, aber seine

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