049 - Die Höhle der Untoten
gehabt, nicht aber gegen diese Frauen, die nur von einem fremden Willen gesteuert wurden. Coco war bereits im Schlund der Höhle verschwunden. Die Frauen waren zurückgeblieben und umschlichen sein freiwilliges Gefängnis. Sie warteten darauf, dass er die Verzweiflungstat doch noch beging, dass er den Bannkreis verließ. Dorian ließ sich seine Verzweiflung nicht anmerken. Diesen Gefallen wollte er dem selbsternannten Fürsten der Finsternis nicht tun. Olivaro musste irgendwo in der Nähe sein und die Situation genießen. Er hielt alle Trümpfe fest in der Hand, denn er besaß zweifellos die Mittel, Dorian aus diesem Bannkreis herauszulocken. Sollte Coco ein Leid geschehen, dann würde Dorian handeln, und es war nur eine Frage der Zeit, bis Olivaro zum nächsten Schlag ausholte.
Dorian zog sich tiefer in den Bannkreis zurück und erreichte die Blitzeiche. Nach seinen Überlegungen stand sie über der zweiten tiefen Grotte, in der der Dreiäugige entdeckt worden war. Bot die Eiche einen Weg, um hinunter in das Labyrinth der Höhlen zu gelangen? Laut Walter Dünhofen sollte sie hohl sein. Das Gekreische der rasenden Frauen brach ab, als er aus dem Stand heraus hochsprang, einen der mächtigen unteren Äste ergriff und sich hochschwang. Die Frauen bauten sich vor den Zaubersteinen auf und beobachteten ihn weiter.
Er sah hinüber zum immer noch geöffneten Schlund der Höhle, in der Coco verschwunden war. Er war gespannt, ob sich dort eine Reaktion zeigte. Nein, der Dreiäugige ließ sich nicht sehen. Dorian kletterte weiter nach oben und erreichte das Ende des eigentlichen Stamms. Geschwärzt war das Holz, wo die Blitze eingeschlagen hatten. Der Stamm war hohl und breit genug, einen erwachsenen Menschen aufzunehmen. Dorian beugte sich vor, schnupperte nach unten und stellte feuchtmodrigen Geruch fest.
Stand die Eiche tatsächlich über einem Felskamin? War es möglich, durch sie nach unten in die Höhlen zu kommen? Was erreichte er damit, wenn er es schaffte? Besaß er irgendwelche Waffen, um es mit dem Dreiäugigen aufnehmen zu können? Würde das Kruzifix ausreichen?
Dorian testete die Reaktion der Frauen.
Er stieg in die Aushöhlung, hielt sich am Rand fest, ließ sich nach unten. Mit den Schuhen suchte er nach einem festen Halt, fand ihn im rissigen Holz, schob sich noch weiter nach unten und war dann von außen nicht mehr zu sehen. Durch einen Spalt im Stamm konnte er die Frauen beobachten. Sie waren zusammengelaufen, aber sie redeten nicht miteinander – sie schienen auf einen Befehl zu warten, wurden jetzt unruhig und liefen wie gehetzt hinüber zur Höhle. Das dreiäugige Scheusal schien sie gerufen zu haben.
Ja, sie warteten darauf, dass er durch die Eiche nach unten stieg. Sie wollten ihn in den Höhlen empfangen. Sie waren davon überzeugt, dass er alles daransetzen würde, einen letzten Versuch zu wagen. Vorsichtig schob er seinen Kopf über den Rand und sah hinüber zum Eingang der Höhle, er hatte sich noch immer nicht geschlossen.
Dorian wartete noch einen Moment, dann handelte er blitzschnell. Er stieg aus dem hohlen Baum, sprang hinunter auf die Erde, verließ den Kreis der heiligen Steine, rannte hinunter zum Bergwald und verschwand ins dichte Unterholz. Er nahm sich nicht die Zeit, sich nach den Frauen umzusehen. Er wollte so schnell wie möglich zurück nach Greulingen. Nur von dort aus konnte er einen Versuch wagen, Coco zu befreien.
Er wollte den Wald gerade verlassen, als er zwei Gestalten ausmachte, die die Bäume soeben erreichten. Sie mussten aus dem kleinen Marktflecken gekommen sein und schienen es sehr eilig zu haben.
Dorian pirschte sich an die beiden Gestalten heran und erkannte Walter Dünhofen. Er befand sich in der Begleitung einer jungen Frau – der Dämonenkiller sah auf den ersten Blick, dass er es mit einer der Frauen aus der Höhle zu tun hatte.
Walter Dünhofen schleppte sich mit Seilen, Kletterhaken und einigen Fackeln ab.
»Hallo!«, begrüßte Dorian den jungen Mann und trat hinter dem Baum hervor, in dessen Schatten er sich versteckt gehalten hatte. »Sie wollen zur Höhle?«
Die junge Frau neben ihm sah den Dämonenkiller gereizt und unruhig an.
»Stellen Sie sich mal vor, wer das hier ist!« Walter Dünhofen zeigte auf die junge Frau. Er strahlte.
»Sie brauchen sich nicht zu beeilen«, sagte Dorian der Frau. »Die Höhle ist noch weit geöffnet.«
»Das ist Liesel Blattner«, redete Walter Dünhofen unbeirrt weiter. »Sie wissen doch – meine Freundin, die
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