049 - Die Horror-Maschine
Eingriff in sein Gehirn gehandelt hatte, wäre ihm nie gekommen.
Ihm war von
dem Assistenten Wungs ein kleiner Draht in eine bestimmte Region seines Gehirns
eingepflanzt worden. Unsichtbare Funkwellen, von einem permanent in Betrieb
befindlichen Sender ausgestrahlt, vermittelten ihm das Gefühl der Zufriedenheit
und Geborgenheit.
Er wußte
nicht, daß Wung noch mehr mit ihm vorhatte. Es fiel ihm lediglich auf, daß die
Hektik in den unterirdischen, ewig schwach beleuchteten Hallen und Zellen, den
Keller räumen und Gewölben zugenommen hatte.
Er durfte
sich frei bewegen, niemand kümmerte sich um ihn. Wenn er Hunger hatte, aß er,
hatte er Durst, stand etwas zu trinken da. Es ging ihm gut. Heimweh nach irgend
etwas oder irgend jemand hatte er nicht.
Wung kam mit
seinem Elektro-Rollstuhl an der Zelle vorbei, in der Lim saß. Der junge Chinese
lächelte selbstzufrieden vor sich hin. Seine Bedürfnisse waren auf ein Minimum
beschränkt.
Chang Pi Wung
war nicht allein. Sein junger Begleiter in einem weißen, bis über die Knie
reichenden Kittel folgte ihm wieder auf Schritt und Tritt. Pao Lim hatte die
beiden Männer in der letzten Zeit sehr oft zusammen gesehen. Wung gönnte dem
dahindämmernden Lim ebensowenig einen Blick wie den anderen Kreaturen, an denen
sie vorüberkamen oder die ihren Weg kreuzten. Wungs Ziel war die Halle, die
jenseits der Zellen lag. Dort stand die riesige Maschine, die in den letzten
Wochen und Tagen mehr als einmal zur Probe gelaufen war.
Es hatte eine
besondere Bewandtnis mit dieser Maschine. Das Geheimnis ihrer Funktion kannte
bisher nur Wung, der sie konstruiert und erdacht hatte, und Lon Tung, sein
Assistent, der in alles eingeweiht war. Lon Tung war Wungs fähigster Schüler,
ein Mann, der ein Doppelleben führte, von dessen furchtbarem Nebenberuf niemand
etwas im Wai Ko-Hospital in Kwangchow ahnte.
Wung und Lon
Tung erreichten die Maschinenhalle. Die Tür glitt auch hier automatisch auf,
als Wung mit dem Rollstuhl die unsichtbare Lichtschranke passierte.
Vor der
eigentlichen Maschinenhalle war ein kleiner Vorraum, in dem wie Kästen
übereinander mehrere quadratische Plastik- und Metallfächer gestapelt waren. In
den Behältern waren zahllose Flaschen abgestellt, die hermetisch und steril
verschlossen waren. In den Flaschen befand sich eine Masse, die aussah, als
hätte jemand von rohem Fleisch mit scharfem Messer etwas abgeschabt.
Es handelte
sich um die Gewebezellen von Hunden und Katzen, die hier in Nährlösungen auf
bewahrt wurden. Mit hunderttausend Zellen pro Flasche hatte Wung begonnen. Er
erwartete aufgrund seiner bisherigen Forschungen, daß sich diese Zellen teilten
und immer wieder teilten - bis eines Tages daraus ein fertiges, lebendes
Geschöpf wurde. Ein Hund oder eine Katze. Er hatte nachgewiesen, daß bereits in
einer einzigen Zelle der Bauplan für das ganze Lebewesen enthalten war. Dort
war für alle Zeit das Geheimnis und die Entwicklung des Lebens eingeschlossen.
Mit eigenen Augen hatte er vor Jahrzehnten schon als junger Mann in Peking
Kaninchen und Frösche aus einem selbst zusammengestellten Zellbrei sich
entwickeln sehen.
Das
Experiment am Menschen war für den kaltblütigen, nur an seinen Vorteil
denkenden Mann nur noch ein winziger Schritt gewesen.
Was für einen
Außenstehenden ein Gruseleffekt war - für Wung gehörte es zum Alltag. Schon
frühzeitig hatte er erkannt, daß das Sterben zu überlisten war, daß jeder zu
überleben vermochte, der die Fähigkeit dazu hatte. Eine einzige Zelle in einer
Nährlösung auf bewahrt reichte aus, um ein sterbendes Wesen nach ein paar
Wochen oder Monaten Wiedererstehen zu lassen. Der Doppelgänger aus der Retorte
war ihm mehr als einmal gelungen!
Der lebende
Beweis waren die vier Nius. Aber Wung hatte sich nie mit seinen furchterregenden
Erfolgen zufriedengeben. Seit jeher beschäftigte ihn der Plan, einen
Primitivmenschen zu schaffen, ein Wesen, das nicht denken, sondern nur wie ein
Sklave funktionieren und schwere körperliche Arbeit leisten sollte.
Diesem Ziel
war er Schritt für Schritt nähergekommen. Er hatte seine Zucht von Menschen vor
fünfundzwanzig Jahren begonnen. Er war der erste lebende Mensch, der die Gen-Struktur
des Menschen erkannt und für seine Zwecke mißbraucht hatte. Professor Chang Pi
Wung wußte alles über die Desoxyribonukleinsäure, die DNS. Alle vererblichen
Merkmale des Körpers und des Charakters waren hier verankert.
Mit einer
winzigen, mikroskopisch kleinen Nadel hatte Wung
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