049 - Trommeln des Todes
gefallen. Und Clara Black schluchzte.
Draußen tobte der Sturm mit unverminderter Heftigkeit. Die pechschwarze Nacht war von ohrenbetäubendem Getöse erfüllt.
Aus der Höhle des Doktors kam schwacher Lichtschein. Higgins war dort, zusammen mit Ridell und O’Wilm. Der linke Arm des Arztes war verbunden. Er sah gefaßt aus.
„Sind Sie verletzt?“ fragte Theo.
„Nichts von Bedeutung“, sagte er mürrisch. „Nur eine Streif wunde.“
Theo drehte sich nach Ridell und O’Wilm um. Der erste schien einigermaßen ruhig zu sein, aber das Gesicht des zweiten zeigte verhaltene Wut. Er trug einen Verband um den Kopf.
„Ich hoffe, daß Sie alles tun, um diese Krise nicht noch zu verschärfen“, sagte Malcolm.
Higgins antwortete: „Wir wollen doch nur helfen.“
Ich glaubte in seinen Augen ein boshaftes Aufleuchten zu sehen.
„Wenn uns jemand angreift“, meinte Ridell, „verteidigen wir uns.“
„Niemand wird Sie angreifen“, versicherte Malcolm. „Das werde ich schon verhindern.“
„Es ist van Broeck“, platzte O’Wilm heraus. „Er hat alles angestiftet. Er ist der Spion! Niemand anders!“
„Halten Sie den Mund!“ rief der Doktor. „Sie wissen nicht, was Sie da sagen, mein lieber Albert. Sie haben Fieber und sollten sich besser hinlegen.“
„Ich weiß, was ich sage“, beharrte O’Wilm. „Und van Broeck kann mich nicht riechen, weil er fürchtet, ich könnte ihm Clara Black wegnehmen, seine Geliebte!“
Clara Black? Ich hatte nie etwas zwischen ihr und Peter van Broeck vermutet. Aber jetzt fielen mir winzige Hinweise ein, die ich immer für unbedeutend gehalten hatte.
Theo gab dem Doktor ein Zeichen, daß er ihn allein sprechen wollte. Sie gingen in den Hintergrund der Höhle, und man hörte sie kurz miteinander flüstern.
Malcolm kam zurück.
„Gehen wir“, sagte er kurz.
Ich hätte gern gewußt, was Malcolm mit dem Arzt besprochen hatte. Ich verstand sein Verhalten nicht.
Vor der großen Höhle hielt Fred Whistle Wache. Drinnen schlief Lucy. Peter van Broeck hatte sich neben Clara Black auf einem Feldbett niedergelassen. Clara hielt einen Spiegel in der Hand und betrachtete ängstlich ihr Gesicht. Mit den Fingern tastete sie über ihre Stirn. George saß auf einem Schemel neben Sylvia. Er hatte das Gesicht in den Händen vergraben. Ich glaube, er schluchzte.
Ich sitze etwas abseits und schreibe diese Zeilen beim schwankenden Schein einer Sturmlaterne. Ich bin am Ende meiner Kräfte, aber ich kann nicht schlafen. Draußen tobt der Orkan. Malcolm und Belfry unterhalten sich mit leiser Stimme.
Eben fuhr Sylvia auf ihrem Bett hoch. Mit weit aufgerissenen Augen schrie sie: „Da hinten, seht mal! Im Hintergrund der Höhle! Die Lichter, die grünen flackernden Lichter! Sie kommen näher! Sie wollen uns töten!“
George Gael war aufgesprungen. Auch er brüllte: „Die Lichter … die Lichter! Ich sehe sie. Sie töten uns!“
Clara weinte herzzerreißend. Oh, wie entsetzlich! Was für eine grauenhafte Szene. Das alles ist teuflisch – so teuflisch!
8. Dezember.
Der Sturm hielt auch heute den ganzen Tag an. Er scheint überhaupt nie mehr aufhören zu wollen. Natürlich hat sich kein Flugzeug in unser Gebiet gewagt. Trotzdem beobachteten wir den Himmel. Aber er war hinter dichten Staubwolken verborgen, die durch die „Straßen“ von Baibeck fegten. Der Wind nahm zu, er donnerte über die Felsen. Die Radios geben immer noch keinen Ton von sich. Wir sind von der Welt abgeschnitten wie Schiffbrüchige. Aber heute blieben wir von weiteren Schicksalsschlägen verschont. Malcolm und Fred Whistle haben Higgins und seinen beiden Freunden das Essen in ihre Höhle gebracht. Fred sagte, daß O’Wilm immer noch ganz aufgebracht war.
Dann kam die Nacht wieder, die noch schrecklicher war als der Tag, mit ihren tanzenden Schatten auf den Felswänden, mit ihren Alpträumen. Ich bin froh, daß Lucy da ist. Sie gibt mir immer wieder Zuversicht.
Ein Schrei riß mich aus dem Schlaf. Es klang, als ob ein Tier erwürgt wurde. Es war noch nicht Mitternacht. Im Schimmer einer Sturmlaterne konnte ich undeutlich Malcolm, Belfry und Whistle am Bett von Sylvia Soers stehen sehen. Ich tastete mich zu ihnen.
Sylvia war gerade gestorben. George Gael hatte den unmenschlichen Schrei ausgestoßen. Jetzt warf er sich über die Tote. Er stöhnte und wiederholte weinerlich wie ein Kind: „Sie war so lieb, so schön …“
Wir beobachteten, wie der blaue Fleck auf der Stirn der Toten langsam
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