0490 - Hiebe auf den ersten Blick
mußte also meine Taktik ändern, wenn ich zum Ziel kommen wollte. Der Wagen hinter uns interessierte mich brennend.
»Okay«, sagte ich. »Dann fahren Sie wenigstens zwei Minuten so langsam wie möglich.« Ich sah nämlich ein anderes Taxi herankommen und wollte wechseln.
Der Fahrer verringerte die Geschwindigkeit.
Ich öffnete die Tür, und als wir an der dunklen Stelle vorbeikamen, sprang ich. Ziemlich unsanft landete ich neben einem Hydranten. Aber mein Verfolger bemerkte nichts. Er fuhr an mir vorbei.
Glücklicherweise bemerkte mich der andere Taxifahrer sofort, als ich winkte.
»Folgen Sie dem Wagen, dessen Schlußlichter Sie sehen. Die Nummernschilder sind verschmiert. Es ist ein Pontiac, glaube ich.«
Der Taxifahrer war noch jung und hatte ein helles Köpfchen. »Privatschnüffler, was?«
»No, FBI«, entgegnete ich und zog zum zweitenmal meinen Ausweis aus der Tasche. Ich wollte von Anfang an mit offenen Karten spielen.
Und das lohnte sich. Der Fahrer war begeistert.
»Ich heiße Johnny, G-man«, sagte er. »Mein Daddy ist Sergeant im 23. Revier. Auf mich können Sie rechnen, wenn’s hart wird.«
Ich klopfte ihm auf die Schulter. »Okay, Johnny, dann zeigen Sie mal, was Sie können.« Ich erzählte ihm kurz den Zusammenhang, soweit er für ihn von Interesse war.
Er drehte ganz plötzlich auf. Der Pontiac vor uns bog scharf nach links ab, fegte über die nächste Kreuzung und bremste gleich dahinter.
Das Manöver war klar. Mein erster Taxifahrer fuhr zu einem Standplatz, der durch ein Leuchtschild gekennzeichnet war. Ich konnte mir das dumme Gesicht meines Verfolgers vorstellen, als er bemerkte, daß ich ihm entwischt war. Daß ich mich hinter ihn gesetzt hatte, konnte er nicht vermuten.
»Jetzt kommt’s darauf an, Johnny. Wir dürfen den Kerl nicht aus den Augen verlieren. Ich möchte nämlich seinen Auftraggeber kennenlernen.«
Das erwies sich als gar nicht so einfach. Als der Mann im Pontiac merkte, daß ich ihm durch die Lappen gegangen war, hatte er es verdammt eilig.
Johnny mußte seine ganze Fahrkunst aufbieten, um den Pontiac nicht zu verlieren.
Er hielt das Steuerrad eisern in der Hand. Dabei machte er keine unnötigen Mätzchen, paßte auf, daß wir nicht zu dicht an den Pontiac herankamen und ihn auch nicht aus den Augen verloren.
Die Verfolgungsjagd dauerte länger als 50 Minuten.
Als der Wagen mit den unleserlichen Nummernschildern plötzlich in eine Seitenstraße abbog und gleich hinter der Kurve stoppte, mußten wir an ihm vorbei.
Nach zweihundert Yard 'brachte Johnny den Wagen zum Stehen.
»Was nun, Chef?« fragte er.
»Warten Sie, ich werde mich einmal umsehen.« Ich stieg aus und ging im Schatten der Häuser die Straße hinunter. Die Gegend war nicht besonders übel, aber auch nicht gerade bürgerlich. Irgendwo kläffte ein Hund, worauf bald danach ein zweiter in das Geheul einstimmte.
Der Pontiac stand vor einem Haus mit einer frisch verputzten Fassade. Die unteren Räume beherbergten ein Beerdigungsinstitut, wie ich aus den Schaufenstern und den Reklameschildern entnehmen konnte. Wenn der Inhaber hielt, was er in seinen Ankündigungen versprach, dann konnte man sich bei ihm auf die eleganteste Art und Weise unter die Erde oder in den Feuerofen bringen lassen.
Die Fenster in den oberen Stockwerken waren dunkel, nur durch die linke Schaufensterscheibe des Bestatters fiel ein schmaler Lichtschein.
Ich ging dicht heran. Im Hintergrund bewegten sich undeutlich mehrere Gestalten. Der eine Kerl mit dem verbogenen Hut konnte mein Verfolger sein. Eine merkwürdige Sache! Natürlich wünschten mich viele einige Fuß tief unter die Erde. Daß sie aber bereits ein Beerdigungsinstitut beauftragt hatten, sich um meine Leiche zu kümmern, war mir neu. So viel Rücksicht konnte ich nicht erwarten.
Ich wartete fast eine Viertelstunde. Das Licht im Laden erlosch. Aber der Fahrer kam nicht zurück. Kein Zweifel, das Beerdigungsinstitut, oder besser, sein Inhaber hatte es nicht nur auf die Toten, sondern auch auf die Lebenden abgesehen. Es mußte sich lohnen, darüber Nachforschungen anzustellen…
Ich ging zu Johnny zurück und ließ mich nach Hause bringen.
***
»Hat Torrington sich schon gemeldet?« fragte ich Phil am anderen Morgen, als ich sein Büro betrat.
»Noch nicht, aber ich gehe jede Wette ein, daß er es im Laufe des Tages tun wird.«
»Die Wette gewinnst du. Vorher habe ich aber noch einen anderen Job für dich. Kümm’re dich mal um diesen Laden. In den Akten
Weitere Kostenlose Bücher