0490 - Höllen-See
Licht in die Halle, so daß wir die Umgebung erkennen konnten.
Ich hatte mich nicht getäuscht. Zwischen alten Maschinen, zum Teil zerlegt, lagen wir auf dem schmutzigen Boden. Die Ölflecken schimmerten wie große Augen. Reifenspuren waren zu erkennen, und ich sah einen Hubschrauber vor der Halle. Er stand da wie eine grünbraune Riesenlibelle aus Metall. Vor ihm wirkten die vier Kapuzenträger direkt klein, als sie die Halle betraten.
»Da kommen unsere Henker!« flüsterte Chrysantheme mit rauher Stimme. »Schau sie dir noch einmal an, Bulle, bevor sie dich fertigmachen.«.
»Abwarten.«
»Mann, hast du einen Humor.«
»Besser als keiner.«
Wir hörten sie auftreten. Sie trugen Eisen unter den Schuhen. Jeder Schritt hinterließ ein Echo. Vor uns blieben sie stehen. Von ihren Gesichtern konnte ich nichts erkennen. Die Kapuzen waren durch die roten Schwertgriffe auf der Vorderseite gezeichnet. Bestimmt verbargen sich darunter gläserne Köpfe.
Chrysantheme drehte durch. »Verdammt, ihr miesen Henker, was wollt ihr von uns? Killen? Dann tut es doch endlich! Macht euch eure dreckigen Hände noch schmutziger, ihr Hundesöhne! Los, zieht die Kanonen und knallt uns ab!«
Sie rührten sich nicht. Zwei von ihnen bückten sich schließlich und überprüften unsere Fesseln.
Ich leistete keine Gegenwehr. Das Mädchen wollte sich nicht damit abfinden. »Weg mit euren dreckigen Griffeln! Laßt mich in Ruhe, ihr miesen Schwei…«
Sie wurde geschlagen.
Zweimal klatschte eine Hand gegen ihre Wangen. Der Kopf flog von einer Seite auf die andere.
Das Mädchen schwieg. Hart riß man sie auf die Füße und hielt sie eisern fest.
Mit mir geschah das gleiche. Wir standen nebeneinander. Chrysantheme hielt die Lippen so fest zusammengepreßt, daß sie bleich wurden und blutleer wirkten. Nur ihre Wangen hatten sich gerötet.
Da man auch unsere Füße gefesselt hatte, konnten wir nicht laufen. Die Männer trugen uns.
Mir drückte einer seine flache Hand in den Magen. Ich kippte nach hinten, bekam für einen Moment Panik und wurde aufgefangen, so daß ich nicht mit dem Hinterkopf aufschlug. Der zweite Kerle umfaßte meine Beine, und ab ging es.
Hinter mir schleppten sie Chrysantheme aus der Halle, die diesmal nichts sagte.
Es war klar, daß sie uns zum Hubschrauber schaffen würden. Ich versuchte, während des Gangs dorthin, etwas mehr von der Umgebung zu erkennen. Es blieb dabei. Viel konnte ich nicht sehen.
Hohe Mauern, einen weiten Platz, das war alles.
Und natürlich das Fluggerät.
Wenn mich nicht alles täuschte, handelte es sich dabei um eine Militärmaschine mit zwei Drehflügeln. Wahrscheinlich war sie von den Dienern des Propheten gestohlen worden.
Ein Pilot stand bereit. Er wirkte in seiner weit geschnittenen Jacke noch kräftiger. Auf seinem Gesicht lag ein breites Grinsen. Die Narbe auf der Stirn leuchtete dunkelrot.
Er grinste auch dann noch, als er den seitlichen Einstieg öffnete und ich zuerst in den Hubschrauber geschafft wurde. Man rollte mich einfach über den Boden, bis ich an das Gestänge der Sitzbeine stieß und dort erst einmal liegenblieb.
Chrysantheme war ein Kind ihrer Umwelt und ihrer Gegend, in der sie aufgewachsen war. Sie konnte sich einen Kommentar nicht verkneifen. »Mit einer Lady geht man sanfter um, ihr Affen!« schimpfte sie, als vier Hände sie ebenfalls in die Maschine rollten.
Neben mir blieb sie liegen. »O Schei…«
»Nein, nicht schon wieder. Mir langt es!«
»Kannst du die Wahrheit nicht vertragen, Bulle?«
»Die kann man auch anders ausdrücken.«
Sie lachte verbissen. »Du müßtest mich mal hören, wenn ich fluche. Da bleibt kein Auge trocken.«
»Glaube ich dir gern. Ich würde mir auch wünschen, daß du morgen noch fluchen kannst.«
Sie drückte den Rücken durch. »Das wird wohl immer ein Wunschtraum bleiben, mein Beschützer.«
Dann wechselten sie das Thema. »Die Affen haben verflucht hart zugeschlagen. Ich dachte schon, sie würden mir den Schädel einreißen.«
»Du bist zäh, wie?«
»Ich versuche es zu sein. In meiner Umgebung lernt man eben, nicht aufzugeben. Einmal wurde ich schwach. Da fiel ich auf den Mist rein, den der Prophet verkündete. Jetzt sitze ich mittendrin.«
Die vier Kapuzenträger stiegen ein. Bevor sie ihre Plätze einnahmen, überprüfen sie noch unsere Fesseln und waren zufrieden.
Ich fragte Chrysantheme. »Wie viele dieser Typen stehen im Dienst des Propheten?«
»Weiß ich nicht. Einer der Stinker sieht aus wie der
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