0497 - In drei Minuten bist du tot
Merritt.«
»Entschuldigen? Wofür, wenn ich fragen darf?«
Ich erzählte ihm von den gefährlichen Methoden, mit denen Vincent Kerber und ich aus dem Weg geräumt werden sollten. »Wir sahen uns genötigt«, fügte ich hinzu, »auch auf Ihrem Grundstück zu recherchieren. Leider waren Sie nicht im Hause, so daß wir Ihre Einwilligung nicht einholen konnten. Offenbar hat auch der Mordschütze von Ihrer Abwesenheit gewußt und sie sich zunutze gemacht. Er hat nämlich von Ihrem Balkon aus geschossen.« Merritt schlug mit der Faust auf den Schreibtisch, daß es krachte. »Das darf doch nicht wahr sein!«
»Leider ist es Tatsache. Eine Leiter lag neben Ihrem Haus. Eine Frage, Mr. Merritt: Gehört sie etwa Ihnen?«
»Mir? Sehe ich so aus, als wenn ich auf Leitern rumkraxeln würde? Moment - da fällt mir ein, daß die Maler bei mir arbeiten und die Fassade renovieren wollten. Kann sein, daß sie mit der Arbeit angefangen haben.«
»Dann wäre der Punkt ja schon geklärt. Um ein Haar hätte der Mörder mich erwischt. Mr. Kerber meint allerdings, daß der Anschlag - es war der zweite - seiner Frau gegolten habe. Sie fährt nämlich auch einen Jaguar wie ich. Sie kennen Mrs. Kerber natürlich?« Ein Feuer gloste plötzlich auf dem Grund von Merritts Augen. »Sie ist meine Nachbarin. Folglich kenne ich sie. Sollte sie tatsächlich sterben?«
Ich zuckte die Achseln. »Gestern sah es fast so aus.«
Merritt krampfte die Fäuste so fest zusammen, daß die Knöchel weiß schimmerten. »Das ist die Hölle! Sie wissen, daß Mrs. Kerber Millionen besitzt, während ihr Mann arm wie eine Kirchenmaus ist?«
Ich tat harmlos. »Da sie verheiratet sind, dürfte das keine große Rolle spielen.«
Samuel Merritt lachte hart auf. »Zufällig weiß ich sehr genau, daß Mr. Kerber nicht an das Konto seiner Frau heran kann. Er ist nur eine Marionette in ihren Händen. Vielleicht möchte er diesen Zustand ändern? Verstehen Sie mich recht, Mr. Cotton, ich möchte um Gottes willen keinen Verdacht aussprechen. Aber wenn ein Mann so kurzgehalten wird wie Kerber, kann er schon mal auf dumme Gedanken kommen.«
»Sehr interessant, Mr. Merritt. Dann stimmt es wohl auch, daß Mrs. Kerber es mit der ehelichen Treue nicht so genau nimmt?«
Er wirbelte in seinem hochlehnigen Sessel hoch, und einen Augenblick sah es aus, als wolle er sich auf mich stürzen. Dann bremste er mitten in der Bewegung und ließ sich wieder zurückfallen.
»Daher weht also der Wind! Den Floh hat Ihnen doch der Kerber ins Ohr gesetzt. Der eifersüchtige Gockel hat bestimmt behauptet, Violet - äh - Mrs. Kerber hätte eine Liaison mit mir!«
Ich lächelte sonnig. »Aber nein. Kein Wort ist in dieser Hinsicht gefallen. Zufällig haben wir uns in diesen Tagen für einen Gentleman namens Charlie Gregg interessiert. Kennen Sie ihn?«
»Den Barbesitzer - ja. Ich war hin und wieder dort.«
»Nun, Mrs. Kerber soll mehr als nur ein Auge auf Gregg geworfen haben. Oder umgekehrt, das weiß ich nicht.«
»Soso«, Merritt lehnte sich zurück, »und das glauben Sie? Lächerlich! Dieser Gregg ist doch nur ein Blender, eine leere Fassade und nichts dahinter.«
»Da muß ich Ihnen widersprechen. Ich halte Gregg für einen skrupellosen und gefährlichen Mann. Schließlich ist er bei Pietro Genova in die Lehre gegangen, falls Sie von dem schon mal gehört haben.«
Merritt winkte ab. »Ich weiß weder von dem einen noch von dem anderen etwas. Ich hoffe doch, daß Sie alles tun, um Mrs. Kerbers Leben zu schützen?« Ich erhob mich. »Selbstverständlich. Wie es scheint, steckt Genova hinter den Anschlägen. Er will sich an Kerber rächen, weil der ihn angeblich zu schlecht verteidigt hat.«
»Das kann ich Genova sogar nachfühlen! Er hätte einen richtigen Anwalt nehmen sollen, nicht einen Stümper.« Aus jedem seiner Worte sprach Haß auf Kerber. Ich fand das sehr interessant. Und ich zweifelte nicht mehr daran, daß Merritt jedes Mittel recht sein würde, um Violet Kerber für sich gewinnen zu können.
Ich verabschiedete mich und fuhr zu meinem Büro zurück. Phil überfiel mich gleich mit hundert Fragen.
Dann hielt Phil mir eine verstaubte Akte unter die Nase. »Mr. Samuel Merritt hat dir also weismachen wollen, daß er Pietro Genova gar nicht kennt. Dann lies mal das hier! Vor zehn Jahren lief eine gerichtliche Untersuchung gegen Merritt. Es handelte sich um die Veruntreuung einer so unerheblichen Summe wie zweihunderttausend Dollar. Zu den Hauptzeugen der Verteidigung
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