0498 - Der Schatten des Killers
Aktentasche. Wahrscheinlich hat Steffano an Hand der Unterlagen feststellen können, daß Bewin nicht dichtgehalten hat. Seine Antwort darauf war Mord!«
»Wie lange sind Sie schon in diesem Lokal?« fragte Phil.
»Ich habe hier zu Abend gegessen, suchte dann Mr. Cotton auf und bin dann hierher zurückgegangen«, gab Henderson an.
»Haben Sie Bewin heute schon einmal gesehen?«
»Ja, bevor ich zu Cotton ging, saß er dort auf dem Hocker, auf dem Cotton jetzt sitzt«, sagte der Versicherungsdirektor.
Es ist ein ziemlich unangenehmes Gefühl, auf einem Barhocker zu sitzen, auf dem ein Mann saß, der kurze Zeit später ermordet wurde. Wenigstens schien mir das in diesem Augenblick so.
»War er allein?« wandte ich mich an Henderson.
Der Versicherungsdirektor schüttelte den 'Kopf. »Nein, einer von Steffanos Leuten war bei ihm.«
»Wer?«
»Rudy Rick, der Henker des Syndikats.«
Unsere Spitzel hatten schon manchmal von Rudy Rick berichtet. Bis heute hatten wir allerdings nie auch nur die geringste Ahnung gehabt, wer sich hinter diesem seltsamen Namen verbarg, und für wen der Killer arbeitete. Hendersons Angaben waren Gold wert. Ich geriet allmählich in Hochstimmung.
»Jetzt brauchen Sie uns nur noch zu sagen, wo dieser Rudy Rick wohnt, Henderson, dann spendiere ich noch einen Whisky, und Sie sind uns für heute los.«
»Das ist schon bedeutend schwieriger«, sagte Henderson nachdenklich. »Ich glaube nicht, daß Rick einen festen Wohnsitz hat. Soviel ich weiß, haust er in einem abbruchreifen Gebäude in Brooklyn. Beverly Road.«
»Wissen Sie, in welchem Haus?« fragte ich.
Henderson schüttelte den Kopf. »Das weiß ich nun wirklich nicht. Diese Angabe ist auch nicht unbedingt zuverlässig. Ich kann sie nur gerüchtweise weitergeben.«
»Wir werden sie überprüfen, Henderson«, versprach ich und bestellte noch eine Runde Whisky. Danach verabschiedeten wir uns. Diesmal reichte ich Henderson die Hand. Er hatte uns ein gutes Stück weitergeholfen.
»Zur Beverly Road?« fragte Phil, als wir in meinen Jaguar stiegen.
»Natürlich«, gab ich zurück. »Wir müssen jetzt unbedingt am Ball bleiben. Noch nie war eine Spur so frisch und so heiß wie diese.«
»Ja«, gab Phil zurück. »Ist eine ziemlich heiße Nacht. Schätze, daß es noch einige weitere heiße Nächte in Manhattan geben wird.«
Phil wußte in diesem Augenblick nicht, wie richtig er geschätzt hatte…
***
Freddy Steffano blickte zur Uhr. »Na, Jungs«, grinste er. »Jetzt seht ihr mal, wie groß dieser Jack ist!«
Seine Gorillas nickten. Schließlich bekamen sie ja jede Arbeit von Steffano bezahlt. Dazu zählte auch ein gelegentliches kurzes Nicken. Wenigstens ihrer Auffassung nach.
»In dieser Nacht sollte ich mein Syndikat übergeben. Ich sollte einfach abtreten, weil er es so haben wollte. Und was ist passiert? Nichts! Wir sitzen hier schon seit Stunden, spielen einen anständigen Poker, und Jack der Henker wagt noch nicht einmal, sich zu rühren.«
Freddy Steffano lachte laut und schrill. Aber dieses Lachen klang unecht. Seit einer Woche hatte er in Angst und Sorgen gelebt.
Seit dem Tag, als er zum erstenmal ein Ultimatum von Jack dem Henker bekommen hatte.
Steffano hatte keine Ahnung, wer sich hinter diesem Namen verbarg. Aber er hatte Gewißheit darüber, welche Funktion Jack in der New Yorker Unterwelt ausübte.
Der Henker war der Mann, der eine Killerorganisation befehligte und vor nichts zurückschreckte. Der Henker war auch der Mann, der einigen kleineren Gangsterführern einfach die Aufforderung zustellen ließ zurückzutreten.
Zuerst hatten die betroffenen Gangbosse natürlich darüber gelacht. Dann nicht mehr, weil Tote nicht lachen.
Die Verbrechen Jack des Henkers hatten sich blitzschnell in der Unterwelt herumgesprochen. Jeder kleinere Gangsterboß zitterte vor dem Tag, an dem er von Jack die Aufforderung bekam, seine Gang diesem neuen Verbrecherboß zu übergeben.
Vor einer Woche hatte Freddy Steffano diese Aufforderung erhalten. Steffano hatte zuerst nur gelacht. Sein Syndikat war eins der größten in Manhattan. Vom Rauschgift bis zum Mädchenhandel, von Erpressung bis zum Mord hatte er alles gemacht.
Und jetzt kam plötzlich irgendein Unbekannter daher und forderte ihn auf, einfach auszusteigen? Nein, das konnte man mit Freddy nicht machen.
Steffano blickte zu seinen Leibwächtern. Es waren ausgesuchte Burschen. Selbst bei dem friedlichen Pokerspiel von heute lagen ihre Maschinenpistolen schußbereit auf
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