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0498 - Die Totentänzerin

0498 - Die Totentänzerin

Titel: 0498 - Die Totentänzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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die Scham der Ägypterin verdeckte.
    Ihr mantelartiges, vorn offenstehendes, grünes Gewand war mehr als Zierde vorhanden, als daß es einen Schutz gegen die Kälte bewirkt hätte. Dicht unter dem Hals wurden die beiden Teile von einer runden Brosche zusammengehalten, und der Stoff floß auf den beiden vollen Brüsten schon auseinander, weil Ifune beide Arme angewinkelt hatte.
    In der linken Hand hielt sie einen Stab, auf dessen Ende ein bleicher Totenschädel steckte. Aus der Stirn ragten zwei spitze Hörner. Einige Haarfetzen umflatterten den Schädel wie dünne Bartsträhnen.
    Auf dem rechten Handrücken hockte ein Vogel. Es war ein Falke. Er hatte seine Flügel ausgebreitet und wirkte so, als wollte er jeden Moment wegfliegen. Die beiden Augen starrten das Gesicht der Frau an. Er regte sich ebensowenig wie Ifune.
    Kristalle, auf die Everett und seine Freunde so setzten, entdeckte ich nicht. Möglicherweise hatte der blaue Schein etwas damit zu tun.
    Neben mir stand Charles Everett. Er war erregt und schwitzte stark. »Das ist unsere Kraftquelle, Mr. Sinclair. Jetzt haben Sie Ifune gesehen. Es ist die echte, die Geliebte des Horus. Als Zeichen sitzt der Falke auf ihrem Handrücken.«
    »Kann sie reden?«
    Everett erschrak. »Wollen Sie mit ihr sprechen?«
    »Wenn es möglich ist.«
    »Sie wird nichts verstehen. Außerdem - was sollten Sie Ifune fragen?«
    »Ich kenne Horus. Er war oder ist ein positiver Gott. Das müßte auch auf seine Geliebte abgefärbt sein. Deshalb fürchte ich mich nicht davor, mit ihr zu reden.«
    »Sie irren sich, Mr. Sinclair.«
    »Wieso?«
    »Ifune ist nicht so positiv wie Horus. Sie hat ihn einige Zeit täuschen können. Sie ist abgrundtief böse, verstehen Sie? Ifune hat seine Gutgläubigkeit einige Zeit ausnützen können. Als er dahinterkam, war es schon zu spät. Er verstieß sie zwar, aber er konnte das Gewesene nicht rückgängig machen. Sie wußte bereits zuviel, und sie hat es verstanden, die Kräfte der Kristalle für sich auszunutzen. Sie war die erste Toten- und Tempeltänzerin. Man vertraute ihr, und Horus wagte nicht, die Wahrheit zu berichten. Vielleicht schämte er sich. So schaffte es seine ehemalige Geliebte, sehr mächtig zu werden, und sie besitzt noch den Vogel, den Falken…«
    »Sein Symbol!«
    »Ja, sie will sich davon nicht mehr trennen. Der Falke ist auch gleichzeitig das Symbol der Macht.«
    Ich konnte ein leises Lachen nicht unterdrücken. »Um so mehr wundert es mich, daß sie sich auf Ifune verlassen, Mr. Everett. Huldigen Sie nicht der Reinheit des Kristalls?«
    »Ja!«
    »Das ist für mich ein Widerspruch.«
    »Sie tut uns nichts. Ifune ist die Basis. Wir haben sie gefunden, sie hat uns gefunden. Beide sind wir aufeinander angewiesen. Wo hätte sie sonst diese große Anzahl an Dienern bekommen können? Sagen Sie mir, Mr. Sinclair, wo?«
    »Und ihre Gedanken sind nicht negativ?«
    »Doch, aber sie werden durch die Kristalle umfunktioniert. So eröffnet sie uns den Blick in andere Zeiten und Welten. Wir bekommen viel von dem mit, was damals geschah. Wir dringen tief ein in die Mystik des alten Ägypten, und wir haben uns geschworen, die Fehler der Menschheit nicht zu wiederholen.«
    Everett konnte mir erzählen, was er wollte. Ich würde auf ihn und seine Freunde keine Rücksicht nehmen. »Ich brauche Ifune«, erklärte ich. »Und ich werde sie mir holen.«
    »Sie wird sich wehren.«
    »Lebt sie denn?«
    »Ja. Spüren Sie es nicht? Schauen Sie auf Ihr Kreuz. Es tut sich dort etwas.«
    Er hatte recht. An einem der linken Balken befand sich das Auge des Horus. Ein geschwungenes Oval mit einer dunkleren Pupille. Sie gab einen matten Glanz ab. Er war identisch mit dem in den Augen der beiden Falken.
    »Es ist günstig«, sagte ich und ging auf die Tänzerin zu. Charles Everett blieb zurück. Ich hörte ihn noch irgend etwas murmeln. Angst sprach aus seinen geflüsterten Worten.
    Davon ließ ich mich nicht beirren, näherte mich dem bunten Lichtschein und behielt das Gesicht der Frau in meinem Blick. In seinen Zügen las ich keine Reaktion. Nicht einmal ein angedeutetes Zucken ihrer vollen Lippen.
    Ich betrat den Schein.
    Es war wie das Schreiten von einer Welt in eine andere. Oder direkt auf eine Insel.
    Auch ich spürte die Kraft in mir. Mein Blick begann sich zu weiten, ich sah zwar noch immer nur die Frau, aber ich schaute gleichzeitig in die metaphysische Welt dahinter, vernahm Musik, Trommelklang und Flötenspiel, als würde hinter der Wand eine Kapelle mit

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