0499 - Garingas Fluch
letzten Wochen hörten wir nichts mehr voneinander, aber nicht, weil ich dich vergessen hätte, nein, ich wollte in Ruhe alles aufbauen, um dich zum großen Ziel geleiten zu können. Du hast die Waffe bekommen, mit der du dir den Weg freischlagen kannst. Allerdings mußt du damit rechnen, daß Garinga sich das Schwert wiederholen will, aber wie ich dich kenne, macht dir dieses kleine Hindernis nichts aus.« Sein widerliches Lachen zeigte an, daß dieses Hindernis doch nicht so klein war.
»Und ich finde den Gral hier?«
»Vielleicht, aber das kann dir Garinga besser erklären - möglicherweise«, schränkte er noch ein, bevor er sich wieder zurückzog.
Saunders nahm er mit.
Ich lauschte ihren Schritten und Stimmen so lange nach, bis sie nicht mehr zu hören waren. Irgendwo im Hintergrund schlug dumpf eine Tür zu. Es kam mir vor, als hätte jemand einen Sargdeckel auf das Unterteil gerammt.
Danach wurde es still.
Und ich konnte sehen, wie ich allein zurechtkam…
***
Frankreich!
Der Süden, zwischen Toulouse und den Pyrenäen. Ein Gebiet, das bergig war, aber nicht die Höhe der Alpen besaß. An manchen Stellen zeigte es eine braune Farbe, dann wiederum lagen Wälder an den Hängen wie Inseln. Schluchten durchschnitten das Land, die kleinen Orte, zum Teil auf den Höhen liegend oder auch versteckt in den Tälern, waren oft genug kaum zu sehen und wirkten, wie von der normalen Welt abgetrennt oder vergessen.
So auch Alet-les-Bains.
Wer kannte schon dieses kleine Kaff innerhalb eines staubigen Tals und zur Nordseite hin an den hohen, windschützenden Felsen gelegen, einem Irrgarten aus Stein und düsteren Pfaden, von dem einer in eine enge, tiefe Schlucht führte, die auch den Namen Kathedrale der Angst besaß.
TERRIBILIS EST LOCUS ISTE
Dieser Spruch hatte einmal am Eingang der Schlucht gestanden und bedeutete soviel wie: Dieser Ort ist gefährlich!
Er war gefährlich, da in der Kathedrale der Angst die Baphometh-Templer ihre Kultstätte gehabt hatten und die Wände mit blasphemischen Malereien geschmückt wurden.
Das war vorbei.
Der Ort war nicht mehr schrecklich. Andere Menschen hatten dafür Sorge getragen, daß er zu einem Refugium des Friedens geworden war und ein bestimmter Mann in einem offenen Sarg seine letzte Ruhestätte gefunden hatte.
Hector de Valois!
Einer der mächtigen Templer-Fürsten, ein Großer, ein Gewaltiger, ein Held unter den Templern, einer der dem Teufel die Stirn geboten hatte und trotzdem nicht ewig leben konnte.
Er war gestorben, aber sein Geist hatte sich auf die Wanderschaft begeben und Jahrhunderte später einen neuen Körper gefunden. Den eines Engländers.
John Sinclair!
Das alles wußte auch die grauhaarige Person, die, von zwei Helfern geführt, in die Kathedrale gebracht wurde. Der Mann mußte geleitet werden, da er selbst nicht sehen konnte.
Es war der blinde Abbé Bloch!
Aufrecht ging er, ließ sich nicht anmerken, daß er von der Umgebung nichts wahrnahm. Er gehörte zu den Menschen, die sich nicht nur mit ihrem Schicksal abgefunden hatten, nein, er war bereit, das Beste daraus zu machen, und er dachte gar nicht daran, den Kampf gegen das Böse aufzugeben. Er wollte die Templer vernichten, die nicht auf seiner Seite standen, die dem Baphometh-Götzen dienten, allein dem Bösen, das wie schleichendes Gift in ihre Seelen drang und sie umfing.
Bloch war blind und konnte trotzdem sehen. Nur nicht mit den Augen. Er fühlte, er tastete, er war sehr sensibel geworden, nur seine Sinne zeigten sich oft genug angespannt, und manchmal hatte er das Gefühl, als könnte er Bilder sehen. Szenen, die sich noch ereigneten. Sehr oft düster und schrecklich, dann wieder hell und klar.
Etwas Genaues hatte er noch nicht herausgefunden. Dennoch spürte er, daß es nicht mehr weit bis zu einem bestimmten Ziel war. Er wollte und würde es erreichen, trotz der Blindheit.
Der Abbé sah nichts auf dem Weg in die Kathedrale, aber er spürte, daß er sich seinem Ziel bereits näherte. Es waren die Strömungen, die ihm entgegenwehten. Unsichtbare Wellen, so etwas wie Gedanken, die sein Hirn ausfüllten.
Fast wie ein Ruf…
Das Innere der engen Schlucht lebte, obwohl die Wände aus totem Gestein bestanden. Sie hatten Geschichte geschrieben, und sie würde auch weiterhin Geschichte schreiben, solange das silberne Skelett des Hector de Valois darin lag.
Wer in die Höhe schaute, sah tagsüber nur einen kleinen Ausschnitt des Himmels. Es war auch bei Sonnenschein auf dem Grund der
Weitere Kostenlose Bücher