0499 - Garingas Fluch
wessen Händen er sich befand. Bei dem Abbé war er durchaus als Würfel des Heils zu verstehen.
Sein Augenlicht hatte Bloch verloren, das bekam er auch nicht wieder zurück, aber er hatte in dem Würfel so etwas wie einen Ersatz gefunden. Zwar konnte ihm dieser Gegenstand die Sehkraft nicht ersetzen, doch er geleitete ihn auf gewisse Pfade und vor allen Dingen nicht in die Irre.
Bloch hatte den Würfel zwischen seine Handflächen geklemmt. Obwohl er es nicht wollte, konnte er ein Zittern seiner Hände einfach nicht vermeiden. Auch lastete ein Druck auf ihm, als hätte er eine besonders schwere Verantwortung zu tragen.
Der Würfel besaß eine rotviolette Farbe. Sie füllte ihn völlig aus. In seinem Innern befanden sich zudem noch schlierenartige Gegenstände, geheimnisvolle Informationsträger, die auch dafür sorgten, daß gewisse Gedankengänge in die Tat umgesetzt wurden.
Das wollte der Abbé.
Zwar lag Hector de Valois als silbernes Skelett in dem Steinsarg, aber Bloch hatte auch schon erlebt, daß es sich erhob und den Sarg verließ.
In dieser Schlucht, in dieser Kathedrale galten eben andere Gesetze. Hier war vieles aufgehoben, was Menschen als physikalisches Weltbild bezeichneten. In diesem engen Raum herrschten uralte Kräfte, die mit dem Begriff Magie umschrieben werden konnten.
Und der Würfel paßte dazu.
Abbé Bloch benötigte einige Minuten, um die anderen Einflüsse zurückzudrängen. Er mußte sich allein auf den Würfel konzentrieren, weil dieser ihm den Weg zu Hector de Valois weisen würde.
Bloch wollte mit dem ehemaligen Großmeister der Templer in Kontakt treten.
Jeder Mensch besitzt eine gewisse Ausstrahlung. Bei manchen ist sie stärker, bei anderen geringer, aber man kann sie messen.. Auch der Abbé machte da keine Ausnahme. Sein Körper strahlte ebenfalls ab. Diese unsichtbaren Schwingungen drangen nicht ins Leere. Sie wurden vom Würfel aufgefangen und verstärkt.
Hatte er sich zunächst noch relativ kühl angefühlt, so spürte der Abbé jetzt die Wärme, die ihn ausfüllte. Es war nicht die Wärme seiner Hände, diese hier drang von innen nach außen, ein Beweis, daß im Würfel etwas passierte.
Die Schlieren bewegten sich. Noch vor Minuten hatten sie als feste Einschlüsse innerhalb des Gegenstandes bewegungslos gestanden, jetzt aber lief ein Zucken durch die wurmartigen Körper. An ihren unteren Enden begann es, die peitschten von einer Seite zur anderen, als hätten sie einen Energiestoß bekommen, den sie jetzt, ebenfalls als Energie, an Bloch abgaben.
Jemand wollte mit ihm Kontakt aufnehmen.
Hector de Valois!
Der Abbé fror ein. Er zuckte nicht einmal mit dem Augenlid, als er starr auf der Schwelle stand. Die Augen waren hinter einer dunklen Brille verborgen, die er nur des Nachts abnahm.
So stand er da und lauschte auf die Botschaft, die ihm entgegentrieb.
»Du bist gekommen, Abbé?«
»Ja, ich mußte.«
»Das weiß ich«, antwortete das silberne Skelett. »Ich kenne den Grund, der dich zu mir gebracht hat. Ich kenne ihn genau. Willst du ihn hören?«
»Bitte.«
»Es ist dir nicht klar, ob du einen Fehler gemacht hast oder nicht.«
»Das stimmt. Kannst du mir eine Antwort geben?« Bloch stand noch immer regungslos. Er fragte und antwortete nur gedanklich.
»Sie ist auch für mich nicht leicht.«
»Das weiß ich, Monsieur de Valois. Aber die Zeiten haben sich verändert. Alles verdichtete sich. Die Anzeichen mehrten sich. Baphometh kehrte zurück, um die Herrschaft über alle Templer zu erringen. Unsere große Chance ist der Dunkle Gral. Wenn wir ihn vor Baphometh erringen, haben wir eine Möglichkeit…«
»Dazu hast du John Sinclair in eine Falle gelockt.«
»Ich konnte nicht anders.«
»Tatsächlich nicht?«
»Nein, es war der einzige Weg. Ich weiß aus den alten Schriftrollen, die hier in der Nähe gefunden wurden, daß die Waffe des Gottfried von Bouillon unmittelbar mit dem Dunklen Gral zu tun hat. Er hat damit einen mächtigen Dämon erledigt, der in Baphomeths Diensten stan…«
»Du weißt genau, Abbé, daß er den Dämon nicht getötet hat. Er konnte ihn nur bannen. Jetzt hast du John Sinclair zu ihm geschickt, und du hast ihn in die Fänge eines Menschen gegeben, dessen Ahnherren hier in Frankreich eine wichtige Rolle gespielt haben. Sie haben das Land nicht ohne Grund verlassen.«
Bloch nickte. »Es ist mir bekannt, daß die Saunieres Verräter waren. Nur, was sollte ich tun? Meine Zweifel sind schlimm, sie verstärkten sich von Tag zu Tag, ich
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