0499 - Garingas Fluch
sich zahlreiche Burgen, Schlösser und Gemäuer, die vor langen Jahrhunderten von Templern besetzt gewesen waren.
Die Strecke bis in den Ort zog sich hin. Zudem war sie sehr steinig und kaum zu befahren.
Vor den hohen Felsen zog sich das Geröllfeld hin. Es wurde von einem schmalen Pfad durchschnitten, über den die drei Templer talwärts schritten.
Sie trugen Schuhe mit dicken Sohlen, damit die Steine nicht in ihre Füße drangen und blutende Wunden hinterließen. An manchen Stellen war die Umgebung menschenfeindlich.
Über dem Land lag der wolkenlose Sommerhimmel, vergoldet durch den Glanz der Sonne. Das große, gelbe Auge sandte Wärme, schickte Leben, und wie oft wünschte sich der Abbé, die Sonne wieder sehen und nicht nur spüren zu können.
Doch er wollte nicht klagen. Zu Beginn war es hart gewesen, später jedoch hatte er sich daran gewöhnt und seine Blindheit mit Fassung getragen. Außerdem gab es Menschen, denen es als Blinde schlimmer erging als ihm. Er hatte noch eine wichtige Aufgabe zu erfüllen, die anderen nicht. Am Fuß des Weges wartete der Wagen, ein dunkler Citroën 504. Der Bartträger öffnete die Türen. Ein Schwall heißer Luft drang nach draußen und den Männern entgegen.
Sie warteten mit dem Einsteigen, machten Durchzug und nahmen erst dann Platz.
»Direkt zu uns?« erkundigte sich der Fahrer. »Oder möchtest du einen Schluck Wein trinken.«
»Nein, bitte nicht.«
Wenig später schon rollte der dunkle Wagen durch den kleinen Ort Alet-les-Bains. Man kannte die Templer, hatte sich an sie gewöhnt, man respektierte sie auch und war stolz darauf, Menschen mit einem so großen Wissen zu beherbergen.
Staub wallte unter den Reifen auf und verfolgte den Citroën als Wolke. Der Abbé hatte im Fond seinen Platz gefunden. Auch jetzt trug er die dunkle Brille und sah die oft scheuen Blicke der Bewohner nicht, mit denen sie den durch den Ort fahrenden Wagen betrachteten.
Sie alle wußten, wer der Abbé war, aber nur wenige sprachen mit ihm. Sie fürchteten sich instinktiv.
Sie waren einfache Menschen, fromm und gläubig, und sie waren der Ansicht, daß man über gewisse Dinge am besten den Mantel des Schweigens deckte. Ihn abzuheben, war nicht ihre Aufgabe, das sollten andere übernehmen.
Die Templer lebten zusammen in einem großen Haus. Sie führten zwar nicht direkt ein mönchsartiges Dasein, trieben aber in ihren Zimmern Forschungen und versuchten, eine Gegenkraft aufzubauen, damit Baphometh in Schach gehalten wurde.
Der Wagen stoppte hinter dem Haus auf dem Hof. Man half dem Abbé ins Freie und führte ihn in die Kühle des Hauses, wo ihm ein Glas frisches Wasser angeboten wurde, das Bloch mit drei langen Zügen leertrank.
Sprechen wollte er mit niemandem. Das bat er sich aus, bevor er auf sein Zimmer ging.
Es war spartanisch eingerichtet. Der Abbé brauchte nicht viel. Zwar standen an den Wänden mit Büchern gefüllte Regale, damit konnte der Blinde jetzt nichts mehr anfangen.
Etwas erschöpft legte er sich auf das Bett. Die Jacke hatte er zuvor abgelegt, den Würfel aber nicht.
Er stand auf dem unteren Teil seiner Brust, und der Abbé hielt ihn fest wie einen kostbaren Schatz.
Mit Hilfe des Würfels hatte er gelernt, sein Leben auch als Blinder zu meistern. Er dachte an den Mann, der ihm diesen so ungemein wertvollen Gegenstand überlassen hatte.
John Sinclair!
Ausgerechnet ihn hatte er in die Falle gelockt, quasi zum Ziel getrieben durch das Schreiben des Briefes.
Konnte er ihm jetzt noch helfen?
Der Würfel hatte einmal dem Geisterjäger gehört, und Bloch dachte daran, daß er durch ihn möglicherweise mit John Sinclair Kontakt aufnehmen und ihm aus der Ferne helfen konnte.
Es war ein Wagnis, bei dem es sich nicht einmal lohnte, die Chancen auszurechnen.
Dennoch wollte er den Versuch wagen…
***
London!
Eine Millionenstadt im Sommer, in den Ferien, aber der Verkehr und die Betriebsamkeit hatten um keinen Deut nachgelassen. Sie war sogar noch schlimmer geworden.
Um so mehr Londoner ihre Stadt verließen, um so stärker wurde der Strom der Besucher, die einfielen. Die meisten kamen aus den Staaten und auch aus Germany. Die D-Mark war stark, das Pfund hatte nachgegeben, die Flüge wurden billiger.
Auf den Londoner Flughäfen herrschte Hochbetrieb.
Auch die beiden im Alter unterschiedlichen Personen, die an diesem frühen Nachmittag in London landeten, kamen aus Germany. Sie wohnten bei Köln und hatten sich zu diesem Flug spontan entschlossen. Vielmehr war es
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