Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
05 - Denn bitter ist der Tod

05 - Denn bitter ist der Tod

Titel: 05 - Denn bitter ist der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
Vom Netzwerk:
Skandals. Wieso jetzt auf einmal? Und wieso ausgerechnet in Zusammenhang mit Elena Weaver, die vorher schon aufgefallen war, weil sie Schwierigkeiten hatte, sich in den Lehrbetrieb einzuordnen, und deshalb besondere Führung brauchte?«
    »Sie ist ermordet worden, Dr. Cuff.«
    »Nicht von Thorsson.«
    »Sie scheinen sehr sicher zu sein.«
    »Das bin ich, ja.«
    »Sie war schwanger. In der achten Woche. Und sie hat es gewußt. Und einen Tag nachdem sie es erfahren hatte, hat Thorsson sie in ihrem Zimmer aufgesucht. Wie erklären Sie das?«
    Cuff schien ein wenig in sich zusammenzusinken. Er rieb sich mit beiden Händen die Schläfen. »Von der Schwangerschaft habe ich nichts gewußt, Inspector.«
    »Hätten Sie mir von Elenas Vorwürfen gegen Thorsson berichtet, wenn Sie davon gewußt hätten? Oder hätten Sie ihn auch dann noch geschützt?«
    »Ich schütze sie alle drei. Elena, ihren Vater, Thorsson.«
    »Aber das wäre doch ein noch zwingenderes Motiv gewesen, nicht wahr?«
    »Vorausgesetzt, er ist der Vater des Kindes.«
    »Sie glauben das nicht?«
    Cuff senkte die Hände. »Vielleicht möchte ich es einfach nicht glauben. Vielleicht möchte ich Ethos und Moral sehen, wo sie längst nicht mehr existieren. Ich weiß es nicht.«
    »Eine Nachricht für Sie«, sagte Cuff, der zum Regal mit den Fächern für die einzelnen Dozenten getreten war, um zu sehen, ob für ihn selbst etwas da sei. Er reichte Lynley einen gefalteten Zettel, den dieser auseinanderfaltete und las.
    »Von meiner Mitarbeiterin.« Er sah auf. »Lennart Thorssons Nachbar hat ihn gestern morgen kurz vor sieben draußen vor seinem Haus gesehen.«
    »Das ist ja wohl kein Verbrechen. Er war vermutlich auf dem Weg zur Universität.«
    »Nein, Dr. Cuff. Er fuhr im Wagen vor seinem Haus vor, als der Nachbar die Schlafzimmervorhänge aufzog. Er kam gerade nach Hause. Von irgendwoher.«

12
    Rosalyn Simpson stieg die letzte Treppe zu ihrem Zimmer im Queen's College hinauf und verwünschte nicht zum ersten Mal die Wahl, die sie getroffen hatte, als ihr Name bei der Zimmerverlosung im letzten Sommer gleich als zweiter aufgerufen worden war. Die vielen Treppen hatten nichts mit ihrer Unzufriedenheit zu tun, obwohl ihr klar war, daß jeder vernünftige Mensch ein Zimmer im Erdgeschoß und möglichst in der Nähe einer Toilette gewählt hätte. Statt dessen hatte sie sich für die L-förmige Mansarde mit den schrägen Wänden entschieden, an denen ihre indischen Behänge besonders gut zur Geltung kamen; mit den knarrenden Eichendielen und der kleinen Kammer, in der das Waschbecken war und in die sie mit ihrem Vater zusammen unter Ächzen und Stöhnen ihr Bett bugsiert hatte. Die Mansarde hatte unzählige Winkel und Nischen, die sie mit Pflanzen und Büchern gefüllt hatte, außerdem einen großen Stauraum unter dem Dach, in den sie selbst sich zu verkriechen pflegte, wenn sie mit der Welt nichts zu tun haben wollte - was im allgemeinen einmal pro Tag der Fall war -, und schließlich eine Falltür in der Zimmerdecke zu einem Gang, der die Mansarde mit Melinda Powells Zimmer verband. Dieser Geheimgang viktorianischen Vorbilds vor allem hatte sie gelockt, da er die Möglichkeit bot, ihre Busenfreundin Melinda jederzeit und unbeobachtet besuchen zu können. Sie hatten sich ewige Treue geschworen. Sie fühlte sich niedergedrückt. Wieder hatte es Streit zu Hause gegeben. Trotzdem hatte sie in ihrem Rucksack das »kleine Päckchen mit Leckereien von zu Hause«, das ihre Mutter ihr mit Tränen in den Augen und bebenden Lippen in den Arm gedrückt hatte, als sie gegangen war.
    Im obersten Stockwerk blieb sie vor ihrer Tür stehen und zog den Schlüssel aus der Tasche ihrer Jeans. Es war Essenszeit. Sie hätte zum gemeinschaftlichen Abendessen hinuntergehen können, doch sie wollte jetzt niemanden sehen. Als sie ihre Zimmertür öffnete, kam Melinda ihr entgegen.
    »Da bist du ja wieder!« rief sie und küßte Rosalyn auf die Wange. »Na, wie war's? Komm, komm, erzähl!«
    Rosalyn nahm ihren Rucksack ab und ließ ihn zu Boden fallen. Sie merkte plötzlich, daß sie Kopfschmerzen hatte. »Geht schon«, sagte sie kurz.
    »Ja, und?«
    »Ich möchte jetzt wirklich nicht darüber reden, Melinda«, unterbrach Rosalyn. Sie kniete sich auf den Boden, öffnete den Rucksack und begann auszupacken.
    Melinda ging zu Rosalyns Schreibtisch. Dort nahm sie ein orangerotes Blatt Papier und wedelte es in der Luft. »Die lagen heute überall in der Uni rum. Ich hab dir eines aufgehoben. Da

Weitere Kostenlose Bücher