05 - Denn bitter ist der Tod
in einer eleganten Villa unweit der Trumpington Road, die sie zusammengeführt hatte. Der neue Abgeordnete des Bezirks hatte zur Feier seines Sieges etwa dreißig Doktoranden eingeladen, die als Wahlhelfer für ihn gearbeitet hatten. Anthony war mit einem Freund auf die Party gegangen, weil er an dem Abend nichts Besseres vorgehabt hatte. Glyn Westhompson war aus dem gleichen Grund da. Das gemeinsame Desinteresse an den Ränken und Intrigen der Lokalpolitik erzeugte die Illusion von Geistesverwandtschaft. Zuviel Champagner sorgte für den körperlichen Reiz. Als er vorgeschlagen hatte, mit der Flasche auf die Terrasse hinauszugehen in den Mondschein, hatte er eine kleine Knutscherei im Sinn gehabt, eine Chance, den üppigen Busen zu streicheln, den er durch den dünnen Stoff ihrer Bluse sehen konnte.
Aber auf der Terrasse war es dunkel, der Abend war warm, und Glyn reagierte völlig unerwartet. Beinahe fühlte er sich überrumpelt. Während sie mit gierigem Mund an seiner Zunge sog, öffnete sie mit einer Hand ihre Bluse, hakte ihren Büstenhalter auf, und schob ihm die andere in die Hose.
Stöhnend ließ sie ihn wissen, wie erregt sie war. Sie setzte sich rittlings auf seinen Oberschenkel und ließ die Hüften kreisen.
Sie sprachen nichts. Ohne nachzudenken, hob er sie auf die Steinbalustrade der Terrasse, und sie spreizte die Beine. Er drang in sie ein, keuchend vor Anstrengung, um zum Höhepunkt zu kommen, ehe jemand auf die Terrasse heraustrat und sie mitten im Akt ertappte. Und als es vorbei war, wußte er nicht mehr, wie sie hieß.
Fünf oder auch mehr Studenten kamen aus dem Haus, ehe Glyn und er sich getrennt hatten. Jemand sagte: »Hoppla!«, und jemand anders: »Das könnte mir jetzt auch gefallen«, und sie lachten alle und gingen weiter. Mehr als alles andere war es der Gedanke an ihre spöttische Erheiterung, der ihn veranlaßte, Glyn in den Arm zu nehmen, sie zu küssen und heiser zu murmeln: »Komm, verschwinden wir hier, ja?« Denn dieses Mit-ihr-Weggehen erhöhte aus irgendeinem Grund den Akt, machte sie beide zu Edleren als zwei schwitzenden Körpern ohne Geist und Verstand, die nur zur Kopulation drängten.
Sie kam mit ihm in das beengte kleine Haus in der Hope Street, das er mit drei Freunden teilte. Sie verbrachte die Nacht bei ihm und dann noch eine. Langsam, über einen Zeitraum von zwei Wochen, zog sie bei ihm ein - zuerst ließ sie irgendein Kleidungsstück zurück, dann ein Buch, dann kam sie mit einer Lampe daher. Von Liebe war nie die Rede zwischen ihnen. Sie liebten sich nicht. Aber sie heirateten. Die Eheschließung war die höchste Form öffentlicher Anerkennung, die er dem hirn- und herzlosen Geschlechtsakt mit einer Frau, die er nicht kannte, geben konnte.
Die Bürotür wurde geöffnet. Ein Mann - vermutlich P. L. Beck - trat ein. Wie in der Büroeinrichtung drückte sich in seiner Kleidung sorgfältige Vermeidung all dessen aus, was an den Tod gemahnt hätte. Er trug einen adretten marine-blauen Blazer zu einer weichen grauen Hose.
»Dr. Weaver?« sagte er, drehte sich flott auf dem Absatz und sah Glyn an. »Und Mrs. Weaver?« Er schien seine Hausaufgaben gemacht zu haben. Auf geschickte Weise hielt er ihre Namen voneinander getrennt. Anstatt falsche Teilnahme über den Tod einer jungen Frau zu äußern, die er nicht gekannt hatte, sagte er: »Die Polizei hat mich von Ihrem Kommen unterrichtet. Ich werde mich bemühen, dies alles so schnell wie möglich mit Ihnen zu erledigen. Darf ich Ihnen vielleicht etwas anbieten? Kaffee oder Tee?«
»Für mich nicht, danke«, sagte Anthony. Glyn sagte gar nichts.
Beck wartete nicht auf eine Reaktion von ihr. Er setzte sich und sagte: »Wie ich höre, ist der Leichnam noch nicht freigegeben. Das wird voraussichtlich noch einige Tage dauern. Das hat man Ihnen gesagt, nicht wahr?«
»Nein. Man hat uns nur gesagt, daß eine Obduktion durchgeführt wird.«
»Ah ja.« Nachdenklich stützte er die Ellbogen auf den Schreibtisch und legte die Fingerspitzen aneinander. »Im allgemeinen nehmen die Untersuchungen einige Tage in Anspruch. Bei einem plötzlichen Todesfall geht das alles ziemlich schnell, besonders wenn der -« mit einem schnellen, besorgten Blick zu Glyn - »wenn der Verstorbene in ärztlicher Behandlung war. Aber in einem solchen Fall...«
»Wir verstehen«, sagte Anthony.
»Bei einem Mord«, sagte Glyn. Sie wandte den Blick von der Wand und richtete ihn auf Beck, ohne ihren Körper auch nur einen Zentimeter zu drehen. »Sie
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