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05 - Der Kardinal im Kreml

05 - Der Kardinal im Kreml

Titel: 05 - Der Kardinal im Kreml Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Stehen gebracht worden waren. Deutsche Kriegsgefangene - jene, die den Typhus und die kärgliche Ernährung überlebten - hatten die Datschen erbaut - in deutscher Wertarbeit, die die nomenklatura, die herrschende Klasse dieser klassenlosen Gesellschaft, noch immer zu schätzen wußte.
    Die Dienstdatscha des Akademikers Michail Petrowitsch Alexandrow war ein zweistöckiges Holzhaus mit steilem Satteldach. In der gekiesten Einfahrt, die sich zwischen Bäumen hindurchwand, parkte nur ein Wagen. Alexandrow war Witwer und über das Alter, in dem man Verlangen nach weiblicher Gesellschaft verspürt, hinaus. Gerasimow öffnete die Wagentür, überzeugte sich kurz davon, daß seine Leibwächter sich wie üblich im Wald verteilten. Die Männer waren schon dabei, dicke weiße Anoraks und schwere Stiefel aus dem Kofferraum ihres Wagens zu holen.
«Nikolai Borissowitsch!»
     
Alexandrow war selbst an die Tür gekommen. Der Akademiker nahm
    Gerasimow den Mantel ab und hängte ihn an einen Haken bei der Tür. «Danke, Michail Petrowitsch.»
«Tee?» Alexandrow wies auf einen Tisch im Wohnzimmer.
«Es ist kalt draußen», gestand Gerasimow zu.
    Die beiden nahmen auf alten Polstersesseln am Tisch Platz.
«Nun, was gibt es Neues?»
Alexandrow schenkte Tee ein. Gerasimow machte eine ärgerliche Geste.
    «Der Spion Filitow ist ein zäher alter Vogel. Es wird noch ein, zwei Wochen dauern, bis man ein Geständnis aus ihm herausgeholt hat.»
«Ihren Obersten sollten Sie erschießen -»
Der KGB-Vorsitzende schüttelte den Kopf. «Nein, nein. Man muß
    objektiv bleiben. Oberst Watutin hat vorzügliche Arbeit geleistet. Die eigentliche Verhaftung hätte er zwar einem jüngeren Mann überlassen sollen, aber ich hatte ihm gesagt, es sei sein Fall, und er nahm das wohl etwas zu wörtlich. Der Rest seiner Arbeit an diesem Fall ist so gut wie perfekt.»
    «Sie sind zu großzügig, Kolja», merkte Alexandrow an. «Ist es denn wirklich so schwer, einen Zweiundsiebzigjährigen zu entlarven?»
«In diesem Fall schon. Der amerikanische Agent war geschickt und hatte einen scharfen Instinkt.»
Der ältere Mann grunzte. «Nun, zwei Wochen werden wir wohl noch abwarten können. Es ist mir zwar unangenehm, das tun zu müssen, während die amerikanische Delegation hier ist -»
«Es wird erst nach ihrer Abreise soweit sein. Sollte es zu einer Übereinkunft kommen, haben wir nichts verloren.»
«Es ist Wahnsinn, unsere Waffen zu reduzieren!» beharrte Alexandrow. Für Michail Petrowitsch hatten Kernwaffen noch immer den gleichen Stellenwert wie Panzer und Geschütze: je mehr, desto besser. Wie die meisten politischen Theoretiker gab er sich nur ungern mit Fakten ab.
«Die neuesten und besten Raketen werden wir behalten», erklärte Gerasimow geduldig. «Wichtiger noch, unser Projekt Heller Stern macht gute Fortschritte. Mit Hilfe der Errungenschaften unserer Wissenschaftler und der Erkenntnisse über das amerikanische Programm werden wir in weniger als zehn Jahren in der Lage sein, die Rodina gegen jeden Angriff zu schützen.»
Alexandrow tat das Thema mit einer Geste ab. «Ich habe gestern abend mit Wanejew gesprochen.»
«Und?»
«Er ist unser, weil er die Vorstellung nicht ertragen kann, daß sein süßes Töchterchen, diese Schlampe, ins Lager kommt. Ich habe ihm erklärt, was wir von ihm erwarten. Das war ganz einfach. Sowie Sie das Geständnis aus diesem Filitow herausgeholt haben, holen wir zum Rundumschlag aus. Besser, alles in einem Aufwasch zu erledigen.»
«Die möglichen Reaktionen des Westens bereiten mir noch Kummer», merkte Gerasimow vorsichtig an.
Der alte Fuchs lächelte in seine Teetasse. «Narmonow wird einen Herzanfall erleiden. Er ist ja im entsprechenden Alter. Natürlich keinen tödlichen, aber er wird abtreten müssen. Wir versichern dann dem Westen, daß wir seine Politik weiterführen werden -, ich kann auch mit dem Abrüstungsvertrag leben, falls er bis dahin geschlossen sein sollte.» Alexandrow machte eine Pause. «Es hat keinen Sinn, den Gegner unnötig in Aufregung zu versetzen. Ich bin nur am Primat der Partei interessiert.»
«Selbstverständlich.»
Gerasimow wußte, was jetzt kam, und lehnte sich zurück, um es noch einmal über sich ergehen zu lassen.
«Narmonow muß Einhalt geboten werden, sonst ist die Partei erledigt! Dieser Narr verschleudert, was wir erarbeitet haben! Wäre die Führung der Partei nicht gewesen, lebte nun ein Deutscher in diesem Haus! Wo wären wir ohne Stalin, der dem Volk das Rückgrat stählte?

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