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05 - Der Kardinal im Kreml

05 - Der Kardinal im Kreml

Titel: 05 - Der Kardinal im Kreml Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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muß ich eine Uniform zum Wechseln einpacken. In zwei
Stunden kann ich unterwegs sein.»
«Bestens. Dann nichts wie los.» Mischa schlug eine neue Akte auf.
Wie üblich blieb Mischa einige Minuten länger im Büro als sein Chef.
Seine persönlichen Dokumente verschloß er in Aktenschränken, den
Rest ließ er von einem Boten abholen und ins Zentralarchiv bringen. Der
Bote lieferte eine Aktennotiz ab, derzufolge Oberst Bondarenko um
17.30 Uhr mit Aeroflot nach Duschanbe abgeflogen war; für den Transfer vom Flughafen zu «Heller Stern» sei gesorgt. Filitow nahm sich vor,
Bondarenko zu seiner Geschicklichkeit zu gratulieren. Als Mitglied des Generalinspektorats des Ministeriums hätte Bondarenko sich nämlich auch mit einer Sondermaschine zum Militärflughafen der Stadt bringen lassen können - wo Angehörige der Sicherheitskräfte sein Eintreffen bemerkt und an «Heller Stern» weitergemeldet hätten. So aber bekam Bondarenko die Chance, die Leute unten in Tadschikistan ohne Vorwar
nung anzugehen.
Filitow erhob sich und griff nach Mantel und Aktentasche. Einen
Augenblick später verließ er sein Büro. Sein Sekretär, ein Unteroffizier,
bestellte automatisch seinen Wagen. Das Fahrzeug stand bereit, als Mischa aus dem Gebäude trat.
Vierzig Minuten später war Filitow in bequemen Kleidern. Der Fernseher lief und verbreitete einen Schwachsinn, der nur aus dem Westen
importiert sein konnte. Mischa saß allein am Küchentisch und hatte eine
Halbliterflasche Wodka neben seinem Teller stehen. Die Abendmahlzeit
bestand aus Schwarzbrot, Wurst und Mixed Pickles und unterschied sich
kaum von dem, was er vor zwei Generationen mit seinen Männern im
Feld gegessen hatte. Er fand, daß er einfache Speisen besser vertrug als
feine, eine Tatsache, die das Krankenhauspersonal bei seiner letzten
Lungenentzündung gründlich verwirrt hatte. Nach jedem zweiten Bissen trank er einen Schluck Wodka und starrte aus dem Fenster, dessen
Vorhänge auf eine bestimmte Art arrangiert waren. Die Straßenlaternen
von Moskau brannten hell, an den Wohnsilos leuchteten zahllose gelbe
Rechtecke.
An die Gerüche konnte er sich jederzeit erinnern, den Duft der guten
russischen Erde, den Gestank nach Diesel und den Treibladungen für ein
Panzergeschütz. Für einen Panzersoldaten waren dies die Gerüche des
Kampfes, zusammen mit dem häßlichen Gestank brennender Fahrzeuge
und verbrennender Besatzungen. Er starrte aufs Fenster, als wär's ein
Fernsehschirm, und wie immer in den Nächten, in denen er Verrat
beging, kehrten die Gespenster zurück.
Denen haben wir's gezeigt, was, Genosse Hauptmann? fragte eine
erschöpfte Stimme.
Zurückziehen mußten wir uns trotzdem, hörte er sich dem Unteroffizier antworten. Doch ja, wir haben den Kerlen gezeigt, daß mit unseren
T-34 nicht zu spaßen ist. Gutes Brot, das Sie da gestohlen haben. Gestohlen? Genosse Hauptmann, ist es nicht eine schwere Arbeit,
diese Bauern zu verteidigen?
Und eine durstige auch? war die nächste Frage des Hauptmanns. Allerdings, Genosse. Der Unteroffizier lachte in sich hinein. Von
hinten wurde eine Flasche gereicht, kein Wodka vom Staatsmonopol,
sondern Samogan, der russische Schwarzgebrannte.
Morgen früh kommen sie wieder, sagte der Panzerfahrer nüchtern. Und dann schießen wir mehr graue Panzer ab, meinte der Lade
schütze.
Und danach, dies sprach Mischa nicht aus, ziehen wir uns weitere zehn
Kilometer zurück. Nur zehn - wenn wir Glück haben und das Regimentshauptquartier nicht wieder solche Scheiße baut wie heute nachmittag. Auf jeden Fall werden Guderians Panzerspitzen diesen Bauernhof
überrollt haben, wenn morgen die Sonne untergeht. Mehr Boden verloren.
Kein Gedanke, dem man sich gerne ergab. Mischa wischte sich sorgfältig die Hände ab, ehe er die Tasche seiner Uniformjacke aufknöpfte.
Zeit, etwas für seine Seele zu tun.
Zierlich ist sie, bemerkte der Unteroffizier, der zum hundertsten Mal
seinem Hauptmann neidisch über die Schulter sah. Zerbrechlich wie
Kristallglas. Und was Sie für einen prächtigen Sohn haben. Zum Glück
sieht er Ihrer Frau ähnlich, Genosse Hauptmann.
Ich komme zurück zu dir, versprach er dem Foto. Ganz bestimmt,
Elena.
Und dann war Post gekommen, an der Front ein seltenes Ereignis.
Nur ein Brief für Hauptmann Filitow, aber an Briefpapier und der
zierlichen Handschrift erkannte er seine Wichtigkeit. Er schlitzte den
Umschlag mit dem Dolch auf und zog den Brief so sorgfältig heraus, wie
seine Hast es zuließ, denn er wollte ihn nicht mit Öl von

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