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05 - Der Kardinal im Kreml

05 - Der Kardinal im Kreml

Titel: 05 - Der Kardinal im Kreml Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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angehalten. Ich bin Oberst Bondarenko und
mache meinen Morgenlauf.»
«In westlicher Kleidung?»
«Was geht es Sie eigentlich an, was ich trage und wann ich meinen
Sport treibe?»
«Genosse Oberst, ich bin der wachhabende Sicherheitsoffizier. Ich
kenne Sie nicht vom Sehen und bin auch von meinen Vorgesetzten nicht
über Ihre Anwesenheit informiert worden.»
Gennadi griff in die Tasche und reichte dem Mann seinen Sonderausweis. «Ich bin ein Vertreter des Verteidigungsministeriums mit Sonderstatus. Der Zweck meines Besuches geht Sie nichts an. Ich bin mit
persönlicher Ermächtigung des Marschalls der Sowjetunion Jasow hier.
Wenn Sie weitere Fragen haben sollten, setzen Sie sich über diese Nummer mit ihm in Verbindung!»
Der KGB-Leutnant las die Papiere aufmerksam durch. «Entschuldigen Sie, Genosse Oberst, aber wir haben Anweisung, die Sicherheitsvorschriften genau einzuhalten. Es ist auch ungewöhnlich, daß ein Mann in
westlicher Kleidung im Morgengrauen hier herumrennt.»
«Ich habe den Eindruck, daß es auch für Ihre Männer ungewöhnlich
ist, überhaupt zu rennen», bemerkte Bondarenko trocken.
«Auf diesem Gipfel ist nicht genug Platz für ein richtiges Ertüchtigungsprogramm, Genosse Oberst.»
«Wirklich?» Bondarenko holte lächelnd Notizbuch und Bleistift hervor. «Sie behaupten, die Sicherheitsvorkehrungen ernst zu nehmen,
lassen aber Ihre Männer die Trainingsnorm nicht erfüllen. Besten Dank
für den Hinweis. Ich werde das Thema bei Ihrem Vorgesetzten zur
Sprache bringen. So, kann ich jetzt gehen?»
«Eigentlich habe ich Anweisung, jedem offiziellen Besucher einen
Begleiter beizugeben.»
«Vorzüglich. Ich jogge sehr gern in Begleitung. Wären Sie so freund
lich, mir Gesellschaft zu leisten, Genosse Leutnant?»
Nun saß der KGB-Offizier in der Falle. Fünf Minuten später japste er
wie ein Fisch auf dem Trockenen.
«Worin sehen Sie die größte Bedrohung?» fragte Bondarenko - boshafterweise, denn er verlangsamte seine Schritte nicht.
«Wir sind hundertelf Kilometer von der afghanischen Grenze entfernt», stieß der Leutnant keuchend hervor. «Gelegentlich greifen
Banditen sowjetisches Territorium an, wie Sie wohl gehört haben.» «Nehmen sie Verbindung zu den hiesigen Bürgern auf?»
«Festgestellt haben wir das bisher noch nicht, aber die Möglichkeit
macht uns Sorgen. Die Einheimischen sind vorwiegend Moslems.» Der
Leutnant begann zu husten. Gennadi blieb stehen.
«In dieser kalten Luft finde ich eine Gesichtsmaske nützlich», sagte er.
«Sie wärmt die Luft etwas an. Stehen Sie gerade und atmen Sie tief durch,
Leutnant. Wenn Sie Ihre Sicherheitsmaßnahmen wirklich so ernst nehmen, sollten Sie und Ihre Männer in ordentlicher körperlicher Verfassung sein. Die Afghanen sind fit, das kann ich Ihnen versprechen. Vor
zwei Wintern war ich bei einem Speznas-Team, das sie über ein halbes
Dutzend Berge scheuchte. Aber erwischt haben wir sie nicht.» Daß die
Soldaten der sowjetischen Elitekommandotruppe von den Afghanen in
einen Hinterhalt gelockt worden waren, verschwieg er.
«Na ja, wir senden natürlich jeden Tag Streifen aus.»
Die lässige Gleichgültigkeit, mit der das herauskam, fand Bondarenko
beunruhigend, und er nahm sich vor, sich um die Sache zu kümmern.
«Wie weit sind wir schon gerannt?»
«Zwei Kilometer.»
«In der großen Höhe keine Kleinigkeit. Kommen Sie, wir laufen
zurück.»
    Der Sonnenaufgang war spektakulär. Die flammende Scheibe schob sich hinter einem namenlosen Berg im Osten hoch, und ihr Licht kroch an den Hängen hinab, scheuchte die Schatten in die tiefen Gletschertäler. Diese Anlage war keine leichte Beute, selbst nicht für die mudschaheddin. Die Wachtürme waren alle geschickt plaziert und hatten mehrere Kilometer freies Schußfeld. Aus Rücksicht auf die Zivilisten, die hier lebten, setzte man keine Suchscheinwerfer ein, doch Nachtsichtgeräte waren ohnehin die bessere Lösung, und Bondarenko war sicher, daß die KGB-Truppen diese benutzten.
    Er verließ den Leutnant bei der Wache und ging zurück zu seinem Wohnblock. Die Morgenbrise drohte den Schweiß in seinem Genick gefrieren zu lassen. Er ging hinein und fuhr mit dem Aufzug nach oben. Daß es so früh am Morgen noch kein heißes Wasser gab, wunderte ihn nicht. Der Oberst ertrug eine kalte Dusche, ließ sie die letzten Reste des Schlafes vertreiben, rasierte sich, legte seine Uniform an und ging dann in die Kantine zum Frühstück.
Der Dienst im Ministerium begann erst um neun; auf seinem Weg lag ein Dampfbad. Im

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