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05 - Der Schatz im Silbersee

05 - Der Schatz im Silbersee

Titel: 05 - Der Schatz im Silbersee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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an ‚Feuerherz‘: „Was wir fordern, ist folgendes: Es fehlen uns noch viele Sachen, welche ihr uns abgenommen habt; die gebt ihr uns zurück. Beim Anbruch des Tages reiten wir fort und nehmen die Häuptlinge samt diesen fünf Männern als Geiseln mit. Sobald wir dann überzeugt sein können, daß uns von euch keine Gefahr mehr droht, geben wir diese Leute frei und erlauben ihnen, nach hier zurückzukehren.“
    „Uff! Das ist zuviel verlangt“, antwortete ‚Feuerherz‘. „Das können wir nicht zugeben. Kein tapferer roter Krieger wird geneigt sein, als Geisel mit den weißen Männern zu gehen.“
    „Warum? Was ist schlimmer, ein Geisel zu sein, welcher wieder freigelassen wird, oder ein Gefangener, der so unvorsichtig gewesen ist, sich ergreifen zu lassen? Doch das letztere. Wir sind bei euch gefangen gewesen, und doch hat dies weder unsern Ruhm noch unsre Ehre geschädigt; es haben vielmehr beide gewonnen, indem wir euch bewiesen haben, daß wir selbst dann nicht verzagen, wenn wir von so einer Übermacht ergriffen und in Banden gelegt worden sind. Es ist keine Schande für euch, einen Tag lang mit uns zu reiten, um dann unbeschädigt zurückkehren zu dürfen.“
    „Es ist eine Schande, eine große Schande. Ihr befandet euch in unsern Händen; die Marterpfähle sollten mit Tagesanbruch errichtet werden, und nun sind wir die Gefesselten, und ihr schreibt uns Gesetze vor!“
    „Wird dies besser dadurch, daß ihr euch weigert, auf mein Verlangen einzugehen? Wird die Schande dadurch eine geringere, daß ihr es zu einem Kampf kommen laßt, in welchem ihr, die ihr hier sitzet, ganz sicher und außerdem noch viele andre von euch getötet werden. Die Häuptlinge und diese fünf hervorragenden Krieger sterben von unsern ersten Schüssen, und unsre Flinten werden dann schnell weiterfressen. Denkt an meine Zauberbüchse!“
    Diese letztere Mahnung schien ganz besonders zu wirken, denn ‚Feuerherz‘ fragte: „Wohin sollen wir euch begleiten? Nach welcher Gegend werdet Ihr reiten?“
    „Ich könnte dir aus Vorsicht eine Lüge sagen“, antwortete Old Shatterhand, „aber ich verschmähe das. Wir gehen in die Book -Mountains, hinauf nach dem Silbersee. Wenn wir sehen, daß ihr ehrlich seid, werden wir euch nur einen Tag bei uns behalten. Ich gebe euch jetzt eine Viertelstunde Zeit zum Überlegen. Fügt ihr euch in unsern Willen, so wird euch nichts geschehen; weigert ihr euch aber, so werden unsre Gewehre zu sprechen beginnen, sobald die angegebene Zeit verflossen ist. Ich habe gesprochen!“
    Er sagte die drei letzten Worte mit einem Nachdruck, welcher keinen Zweifel darüber zuließ, daß er sich durch keinerlei Vorstellung von seinem Verlangen abbringen lassen werde. ‚Feuerherz‘ senkte den Kopf. Es war geradezu unerhört, daß diese wenigen Weißen, denen vor einigen Minuten der grausamste Tod gedroht hatte, sich jetzt in der Lage befanden, solche Forderungen zu stellen. Da wurde seine Aufmerksamkeit nach den Bäumen gelenkt, denn dort ließ sich eine halblaute Stimme hören: „Mai ive !“
    Diese beiden Worte bedeuten ‚schau hierher!‘ Sie waren nicht gerufen, sondern ziemlich leise gesprochen worden; sie konnten jedem andern als dem Häuptling gelten, ihren Ursprung nur dem Zufall verdanken und für die Weißen ohne alle Bedeutung sein; dennoch richteten Shatterhand, Firehand und Winnetou ihre Augen sofort nach der betreffenden Stelle. Was sie sahen, mußte sie sehr interessieren. Dort standen zwei Rote, welche eine Decke an deren oberen zwei Zipfeln wie einen vertikalen Vorhang zwischen sich hielten; diesen Vorhang bewegten sie in schnellen, aber gewissen Zwischenräumen auf und nieder. Hinter ihnen sah man den Schein eines der Feuerleuchten. Diese beiden Indianer sprachen mit ‚Feuerherz‘.
    Die Indianer haben nämlich eine Zeichensprache, welche bei den verschiedenen Stämmen eine verschiedene ist. Des Nachts bedienen sie sich dazu glühender Pfeile, mit denen sie in die Luft geschossene Grasbüschel entzünden. Am Tag brennen sie ein Feuer an und halten, um den Rauch zu sammeln, Felle oder Decken darüber. So oft diese Felle und Decken weggenommen oder gelüpft werden, steigt eine Rauchwolke empor, welche das Zeichen bildet. Es ist das eine Art Telegraphie, ganz der unsern ähnlich, denn die Intervalle zwischen den einzelnen Rauchwolken haben eine ganz so bestimmte Bedeutung wie unsre Striche und Punkte. Man darf aber nicht denken, daß ein Stamm stets bei denselben Zeichen bleibt; dieselben

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