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05 - Der Schatz im Silbersee

05 - Der Schatz im Silbersee

Titel: 05 - Der Schatz im Silbersee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gefressene, vielfach gewundene Rinne von wenigstens zehn und höchstens zwanzig Fuß Breite, welche den Weg nach aufwärts bildete. Auch sie war vollständig pflanzenleer. Der frühere Wasserlauf war vollständig vertrocknet und führte vielleicht nur zur Frühjahrszeit ein wenig Feuchtigkeit, welche nicht imstande war, vegetabilisches Leben hervorzurufen.
    Die zwei Stunden waren fast vergangen, als das einstige Flußbett plötzlich breiter wurde, um einen von Felsen eingefaßten Plan zu bilden, welcher ein stehendes Gewässer enthielt. Hier gab es Gras, zum erstenmal nach einem langen Ritt. Die Pferde hatten infolge der Hitze, des Wassermangels und des schlechten Weges sehr gelitten. Sie wollten dem Zügel nicht mehr gehorchen, sondern fressen. Darum stiegen die Reiter ab, um ihnen den Willen zu tun. Sie setzten sich in einzelne Gruppen zusammen und unterhielten sich über die Reichtümer, welche sie in der Zukunft zu besitzen hofften. Feindliche Indianer waren hier nicht zu befürchten; man wollte nur eine ganz kurze Zeit rasten, und darum dachte man nicht daran, Wachen aufzustellen.
    Der Ingenieur hatte dem zurückgelegten Weg seine ganze Aufmerksamkeit zugewendet; jetzt äußerte er sich über das Ergebnis: „Bis hierher bin ich außerordentlich befriedigt. Der Hohlweg gibt Raum nicht nur zur Wasserleitung, sondern auch zum Transport jedes Gegenstandes, dessen wir bedürfen. Wenn unsre Ansprüche noch weiter so befriedigt werden, so muß ich sagen, daß die Natur uns in höchst freundlicher Weise entgegenkommt.“
    „Du“, meinte der Hobble-Frank, indem er dem Altenburger einen Rippenstoß versetzte, „ hörscht du's? Es wird mehrschtenteels etwas aus meiner Villa.“
    „Und ebenso aus meinem Bauerngut! Na, freu' dich, Altenburg, wenn der berühmteste deiner Söhne angefahre kommt mit eenem Geldsack, zwanzig Elle lang! Vetter, komm her, ich muß dich küsse!“
    „ Itzt noch nich !“ wehrte Frank ab. „Noch liegt der Reichtum im Zeitenschoß der konfernalen Zukunftsform verborgen, und wir müssen als vorsichtige Leute gewärtig sein, daß meine Villa und dein Bauerngut in een substantielles Nichts verfliegen. Als geborener Sachse und gelernter Pfiffikus zweifle ich zwar gar nich , daß meine Hoffnungen sich in die schönste Erfüllung absolvieren, aber zum Küssen is es denn doch noch nich . Ich bin – – –“
    Er wurde unterbrochen, denn der Ingenieur rief in besorgtem Ton: „Ellen! Wo ist Ellen? Ich sehe sie nicht!“
    Das Mädchen hatte hier seit zwei Tagen nicht nur das erste Gras, sondern auch einige Blumen gesehen und sich beeilt, dieselben zu pflücken, um sie dem Vater zu bringen. Die Feuchtigkeit des nahen Sees durchdrang die Erde bis hierher; darum begann hier eine Vegetation, welche aufwärts immer kräftiger wurde und sogar den nach dem See führenden Hohlweg bekleidete. Ellen war sorglos in denselben eingedrungen. Sie ging pflückend weiter und weiter, bis sie an eine Biegung kam. Da fiel ihr ein, daß sie sich nicht so weit entfernen dürfe. Eben wollte sie umkehren, als drei Männer um die Krümmung des Weges traten, drei bewaffnete Indianer. Das Mädchen war starr vor Schreck, wollte um Hilfe rufen, brachte aber keinen Laut hervor. Der Indianer ist durch Erziehung geistesgegenwärtig; er handelt in jeder Lage schnell und mit Entschlossenheit. Kaum erblickten die drei das Mädchen, so warfen sich zwei von ihnen auf sie, um sie zu ergreifen. Der eine preßte ihr die Hand auf den Mund; der andre hielt ihr das Messer entgegen und drohte in gebrochenem Englisch: „Still, sonst tot!“
    Der dritte huschte vorwärts, um nachzusehen, zu wem die Weiße gehöre, denn es verstand sich von selbst, daß sie nicht allein sei. Er kehrte nach kaum zwei Minuten zurück und raunte seinen Gefährten einige Worte zu, welche Ellen nicht verstand; dann wurde sie fortgerissen, ohne daß sie es wagte, einen Ton hören zu lassen.
    Nach kurzer Zeit war der Hohlweg zu Ende; er mündete auf eine nicht hohe Berglehne, deren unterer Saum mit Büschen besetzt war, welche nach oben in Wald übergingen. Ellen wurde zwischen die Büsche hinein- und dann nach den Bäumen gezerrt, wo eine Anzahl Indianer saßen. Sie hatten ihre Waffen neben sich liegen, ergriffen sie aber sofort und sprangen auf, als sie ihre Kameraden mit dem Mädchen kommen sahen.
    Ellen verstand kein Wort von dem, was gesprochen wurde; aber sie sah die Blicke aller drohend auf sich gerichtet und glaubte sich infolgedessen in der größten Gefahr.

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