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05 - Der Schatz im Silbersee

05 - Der Schatz im Silbersee

Titel: 05 - Der Schatz im Silbersee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Da fiel ihr das Totem ein, welches der ‚Kleine Bär‘ ihr auf dem Schiff gegeben hatte. Er hatte ihr gesagt, daß diese Schrift sie vor jeder Feindschaft schützen werde. „Sein Schatten ist mein Schatten, und sein Blut ist mein Blut; er ist mein älterer Bruder“, so lautete der Inhalt. Sie zog die Schnur hervor, an welcher sie das Totem hängen hatte, machte es los und gab es demjenigen Indianer, den sie seines grimmigen Aussehens wegen für den gefährlichsten hielt.
    „Nintropan-homosch“, sagte sie dabei, denn sie hatte wiederholt gehört, daß der ‚Kleine Bär‘ in seiner Sprache so heiße.
    Der Rote faltete das Leder auseinander, betrachtete die Figuren, stieß einen Ruf der Überraschung aus und gab das Totem dem nächsten. Es ging von Hand zu Hand. Die Gesichter wurden freundlicher, und derjenige, welcher schon vorhin Ellen angesprochen hatte, fragte sie: „Wer – geben – dir?“
    „Nintropan-homosch“, antwortete sie.
    „Jung Häuptling?“
    „Ja“, nickte sie.
    „Wo?“
    „Auf dem Schiff.“
    „Groß Feuerkanot ?“
    „Ja.“
    „Auf Arkansas?“
    „Ja.“
    „Richtig sein. Nintropan-homosch auf Arkansas gewesen. Wer – Männer dort?“
    Er zeigte nach dem Hohlweg zurück.
    „Winnetou , Old Firehand, Old Shatterhand.“
    „Uff!“ rief er aus, und „Uff!“ riefen auch die andern. Er wollte weiter fragen; aber da rauschte es in den Büschen, und, die drei Genannten an der Spitze, brachen die Weißen hervor, um augenblicklich einen Kreis um die Roten zu bilden. Winnetou hatte ihre Spuren entdeckt, und man war ihnen augenblicklich gefolgt. Sie machten keinen Versuch, sich zu wehren, denn sie wußten, daß man ihnen nichts tun werde. Der Späher hatte vorhin Winnetou nicht bemerkt; früher hatte er ihn gesehen, und jetzt erkannte er ihn wieder.
    „Der große Häuptling der Apachen!“ rief er aus. „Dieses weiße Mädchen besitzt das Totem des ‚Kleinen Bären‘ und ist also unsre Freundin. Wir nahmen sie mit, weil wir nicht wußten, ob die Männer, zu denen sie gehört, unsre Freunde oder Feinde seien.“
    Die Roten trugen blaue und gelbe Farben im Gesicht; das veranlaßte Winnetou zu der Frage: „Ihr seid Krieger der Timbabatschen?“
    „Ja.“
    „Welcher Häuptling führt euch an?“
    „Tschia-nitsas.“
    Dieser Name heißt zu deutsch ‚Langes Ohr‘. Jedenfalls war dieser Mann wegen seines scharfen Gehöres berühmt.
    „Wo ist er?“ fragte Winnetou weiter.
    „Am See.“
    „Wieviel Krieger seid ihr hier?“
    „Hundert.“
    „Sind auch andre Stämme da versammelt?“
    „Nein. Es kommen aber noch zweihundert Krieger der Navajos, um gegen die Utahs zu kämpfen. Mit diesen wollen wir nach Norden ziehen, um uns auch die Skalpe der Utahs zu holen.“
    „Nehmt euch in acht, daß sie euch nicht die eurigen nehmen. Habt ihr Wachen aufgestellt?“
    „Wozu? Wir haben keine Feinde zu erwarten.“
    „Es kommen ihrer mehr, als euch lieb sein wird. Ist der ‚Große Bär‘ am See?“
    „Ja, und ebenso der ‚Kleine Bär‘.“
    „Führt uns zu ihnen!“
    Eben kamen einige Rafters mit den Pferden und Gefangenen aus dem Hohlweg, denn die andern Weißen waren natürlich zu Fuß Ellen gefolgt. Man stieg auf, und die Timbabatschen stellten sich als Führer an die Spitze. Kein Mensch war froher über diesen Verlauf des Abenteuers als der Ingenieur, welcher die größte Angst um seine Tochter ausgestanden hatte.
    Es ging die Berglehne vollends hinan und dann unter Bäumen eine Strecke auf derselben hin. Dann senkte sich jenseits der Boden abwärts und bald sah man Wasser schimmern.
    „Der Silbersee“, sagte Old Shatterhand, indem er sich zu den Gefährten zurückwendete. „Da sind wir nun endlich am Ziel.“
    „Aber Ruhe werden wir wohl nicht finden“, bemerkte Firehand. „Wahrscheinlich bekommen wir noch viel Pulver zu riechen.“
    Nur noch kurze Zeit, so war die ganze Szenerie zu überblicken, und sie war wirklich großartig zu nennen.
    Turmhohe Felsenbastionen, in allen Farben schillernd wie diejenigen im Cañon, schlossen ein Tal ein, welches vielleicht zwei Stunden lang und halb so breit sein mochte. Hinter diesen Bastionen stiegen neue und immer wieder neue Bergesriesen auf, der eine immer das Haupt über den andern erhebend. Aber diese Berge und Felsen waren nicht kahl. In den zahlreichen Klüften, welche sie durchrissen, wuchsen Bäume und Sträucher; je tiefer herab, desto dichter wurde der Wald, welcher rundum bis nahe an den See trat und zwischen sich und dem

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