050 - Die Blutsauger
sein Geist beschäftigte sich mit konfusen, haarsträubenden Dingen, so unglaublich und irreal wie böse Träume.
Weit vorn bog ein Milchwagen aus einer Seitenstraße ein und fuhr in derselben Richtung wie Leroy. Als er nur mehr etwa fünfzig Meter vor Leroy war, kehrten Leroys Gedanken plötzlich wieder in die Gegenwart zurück, und er trat heftig auf das Bremspedal. Aber es war schon zu spät, denn Leroy war mit zu großer Geschwindigkeit unterwegs. Es gab ein häßliches Geräusch, als sich die große Limousine in das rechte Hinterrad des Milchwagens bohrte.
Der Fahrer des Milchwagens stieg fluchend aus und ging um den Wagen herum, um festzustellen, was passiert war.
»Was glauben Sie eigentlich?« schrie er Leroy an, der in sich zusammengesunken über dem Lenkrad saß. »Das ist nicht Le Mans hier, und Sie sind nicht Jackie Stewart, Mann!«
Thompson stöhnte vor sich hin, als er in die Wirklichkeit zurückfand. Der Fahrer des Milchwagens entdeckte eine mitleidige Ader in sich und half Leroy aus dem Wagen.
»Besoffen?« fragte er mißtrauisch, als er Leroys umherirrenden Blick sah.
Thompson sah ihn verwirrt an. »Sie sind hinter mir her«, sagte er heiser.
»Wer ist hinter Ihnen her?« Der Fahrer riß die Augen auf, und sein erster Gedanke war, daß es wohl nur die Polizei sein konnte, die hinter diesem Mann her war. So hatte er es immer im Kino gesehen.
»Vampire«, flüsterte Leroy Thompson. »Drüben auf der alten Straße. Sie leben in der alten Burg … Sie sind zu zweit … Vater und Tochter …«
»Kommen Sie mal mit zum Telefon«, sagte der Fahrer nach kurzem Zögern.
»Lassen Sie mich nicht allein, bitte!« stammelte Thompson. »Nicht allein lassen …«
»Ich lasse Sie nicht allein«, sagte der Fahrer beruhigend. »Nee, ich lasse Sie sicher nicht allein.« Er war ein großer, vierschrötiger, breitschultriger Mann und sah aus, als hätte er seine fünf Sinne beisammen.
Entschlossen machte er sich auf den Weg zum Telefonkiosk, das etwa dreihundert Meter weiter am Rand der Straße stand. Leroy trottete willenlos hinter ihm her.
Der Fahrer verständigte die Polizei, seine Molkerei und die Ambulanz.
»Wo … wofür die Ambulanz?« fragte Leroy verständnislos. Weder er noch der Fahrer waren verletzt.
»Ich glaube, Sie gehören in die Hände eines Arztes«, sagte der Fahrer in einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete. »Vielleicht haben Sie einen Schock erlitten, und damit spaßt man nicht.«
»Mir fehlt gar nichts! Ich bin nur ein wenig aus der Fassung gebracht!« protestierte Leroy schwach.
»Sie sehen aus, als könnten Sie einen Doktor gut gebrauchen«, sagte der Fahrer taktvoll.
Leroy nahm den Mann an den Rockaufschlägen und schüttelte ihn, das heißt, er versuchte es. »Ich will keinen Doktor, auch keine Ambulanz! Ich bin völlig gesund! Ich will … ach, was weiß ich …«
Der Fahrer blickte verständnislos auf Leroys Hände, die sich in seinen Aufschlägen verkrampft hatten, und vermutlich war ihm nicht ganz klar, was Leroy da vorhatte. Jedenfalls löste er Finger um Finger vorsichtig von dem Stoff und strich nachher seine Jacke glatt.
Die Polizei kam zuerst.
»Ich glaube, diesem Herrn hier ist schlecht«, sagte der Milchwagenfahrer.
»Mir geht’s ausgezeichnet!« schrie Thompson mit sich überschlagender Stimme. »Ausgezeichnet! Hören Sie? Aber ich mußte von den Vampiren weg!«
Dann kam die Ambulanz. Während der Fahrer sich mit den Polizisten unterhielt und ihnen den Hergang des Unfalles schilderte, brachten zwei kräftige Krankenpfleger, die mit der Ambulanz gekommen waren, Leroy Thompson in den Krankenwagen.
»Wohin fahren wir?« fragte Leroy schwach. Aber es war ihm eigentlich ziemlich egal.
»In die Klinik«, sagte einer der Krankenpfleger. »Sie haben einen bösen Schock erlitten, wissen Sie? Es ist besser, wenn Sie gründlich untersucht werden.«
»Mir geht’s wunderbar. Ich will nicht in die Klinik«, sagte Leroy eigensinnig und stand auf.
Da legten ihn die beiden Männer vorsichtig wie ein Baby auf das Bett und banden ihn fest. Das gleichmäßige Schaukeln des Wagens tat Leroy Thompsons angespannten Nerven so wohl, daß er ruhig wurde und sich entspannte. Er schlief ein wenig, wachte wieder auf, versuchte verbissen, sich von den Fesseln zu befreien und schlief wieder ein.
Der eine der beiden Pfleger legte beruhigend eine Hand auf seine Schulter. »Nur ruhig, altes Haus«, sagte er leise. »Man wird Sie schon wieder hinkriegen.«
Zuerst wurde Leroy
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