0501 - Die Mord-Clique
breiter als die anderen zwei, stoppte die blonde Frau. Ihr Kunstherz schlug normal wie immer, trotz der Furcht, die sie empfand.
Der Knopf der Klingel befand sich an der rechten Seite. Er war eingefaßt in einen erleuchteten Metallkreis.
Bevor Jane den Finger auf die Schelle legte, holte sie noch einmal tief Luft. Dann drückte sie den Knopf nach unten, sogar ziemlich lange, und wartete ab.
Sie ließen sie warten. Jane hörte nichts, nur das Rauschen der Blätter hinter sich.
Dann wurde die Tür geöffnet. So ruckartig und schnell, daß Jane erschrak. Und als sich die beiden Mündungen einer Schrotflinte in ihren Leib preßten, da wußte sie endgültig, daß sie ihr richtiges Ziel gefunden hatte. Sofort hob Jane die Arme.
Über die Läufe der Waffen hinweg schaute sie den Mann an. Er war älter, hatte ein hartes Gesicht mit einer straffen Haut, dünne Lippen und einen kalten Blick.
»Jane Collins?« fragte er.
»Ja.«
»Ich bin James Godfrey.«
»Ach so.«
»Sie können hereinkommen, aber machen Sie keine Dummheiten!«
»Natürlich.« Jane nickte und trat vor, als Godfrey zurückgegangen war. Eine große Diele oder Halle empfing sie, aber nicht nur das. Die sechs Bewohner hatten sich dort versammelt und starrten die Frau aus gierigen Augen an.
Alte Menschen, die längst hätten Frieden mit sich und der Welt schließen können. Statt dessen hatten sie sich bewaffnet und schienen nur auf einen kleinen Fehler der Frau zu warten.
Jane erkannte ein breites Messer, eine Schere, einen langen Schraubenzieher und bei einem Blinden eine Klinge aus der Stockspitze ragen.
Als einziger hielt James Godfrey eine Schußwaffe. Er stieß auch die Tür zu. Sie fiel mit einem lauten Knall ins Schloß. Für Jane hörte es sich an, als würde ein Sargdeckel zuschlagen.
Ein Haus wie ein Sarg. So und nicht anders mußte sie es einfach sehen.
Godfrey umschritt sie. Jane lauschte dem Klang seiner Tritte. Er betrat nicht den Teppich, sondern blieb auf den Holzbohlen. Schräg vor Jane baute er sich auf und richtete wieder die Läufe der Waffe auf sie, ohne zu sprechen.
Das Schweigen war bedrückend. Jane hörte nur das Atmen der alten Leute. Ihr kamen sie vor, als wären sie allesamt miteinander verwandt. Möglicherweise lag es an der dunklen Kleidung, die sie trugen. Braune, violette und rote Farben herrschten vor, aber alles sehr düster gehalten.
Die Frau mit dem Schraubenzieher zupfte an ihrem weißen Saum, der sich am runden Kleidausschnitt befand. Dabei bewegte sie die Lippen und flüsterte: »Sie sieht gut aus, die Kleine. Kaum zu glauben, daß sie eine Hexe ist.«
»Sie will ja keine sein«, meinte Ezra Wouk.
»Ach wirklich?«
»Ja, so habe auch ich es gehört«, erklärte Ellie Godfrey.
»Dann fragen wir sie doch mal. Bist du eine Hexe, oder bist du keine?« Mable Wouk begleitete die Frage mit einer unwilligen Kopfbewegung und stieß das Kinn in Janes Richtung.
»Ich bin keine Hexe!«
»Sie lügt!« kreischte die Wouk. »Sie lügt, dieses verdammte Aas.«
»Reiß dich zusammen, Mable«, sagte Diana, die Frau mit dem Messer, »wir werden alles noch genau herausfinden. Aber ich glaube, daß wir keinen Fehlgriff getan haben.«
»Was wollen Sie von mir?« fragte Jane. »Ich bin hier – okay. Jetzt können Sie Mrs. Goldwyn freilassen. Sie war doch nur Mittel zum Zweck. Sie wollten mich, hier bin ich.« Jane wußte selbst, daß sich die Alten nicht an ihr Versprechen halten würden, und sie erhielt auch die Bestätigung.
»Freilassen?« tönte der blinde Caspar Richberger. »Ich glaube, ich habe mich verhört. Nein, sie bleibt bei uns. Nur tote Zeugen sind gute Zeugen.« Er lachte kichernd. Einige andere Personen fielen in sein Gelächter mit ein.
Janes Gesicht blieb ernst. Sie spürte das Ziehen auf ihrer Haut, so verkrampft war sie. »Kann ich Mrs. Goldwyn sehen?«
»Und was hättest du davon?« fragte Ellie.
»Ich will mich überzeugen, daß sie noch lebt.«
»Das ist unwichtig«, erklärte James. »Für dich spielt es keine Rolle, ob sie tot ist oder nicht. Uns ging es nur in zweiter Linie um sie. Wir wollten dich.«
»Ich bin hier. Und was soll ich tun?«
»Du bist wichtig.«
Janes Lippen verzogen sich zu einem mageren Grinsen. »Für wen bin ich wichtig? Für euch oder den Teufel?«
»Vielleicht für beide. Aber noch wichtiger bist du indirekt für uns. Wir brauchen dich als Medium.«
Damit hatte Jane Collins nicht gerechnet. Das war etwas ganz Neues. »Ach ja?«
James Godfrey nickte. Sein Gesicht
Weitere Kostenlose Bücher