0501 - Die Mord-Clique
spendete viel für soziale Zwecke, blieb aber stets im Hintergrund, weil ihr Name nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollte.
Die kleine Porzellankanne verschwand fast zwischen den großen Händen des Mannes, als er die dünnen Tassen füllte. Der Tee hatte ein außergewöhnliches Aroma, das Lady Sarah als verlockender Duft in die Nase stieg.
»Er ist ausgezeichnet«, lobte sie den Teekocher James.
»Das ist auch eine Spezialität von mir. Frische Milch habe ich auch mitgebracht.«
»Danke.«
Lady Sarah rührte den Tee um. Sie schaute dabei kurz in die Tasse und hob dann ihren Blick. Da bemerkte sie, daß sich die Godfreys zunickten, als hätten sie etwas vor ihrer Besucherin zu verbergen. Ihre Gesichter hatten dabei einen verschwörerischen Ausdruck angenommen.
Die Horror-Oma zeigte sich etwas irritiert, fragte aber nicht weiter, auch deshalb, weil die Gesichter der beiden Godfreys sehr rasch wieder normal aussahen.
Auch James hatte wieder seinen Platz eingenommen. Die Drei bildeten ein Dreieck. Gemeinsam hoben sie ihre Tassen an. »Ja, dann bedanke ich mich noch für euren freundlichen Empfang. Es war wirklich ein netter Nachmittag.«
»Auch uns hat es gefreut, dich wieder einmal zu sehen«, erklärte Ellie Godfrey. »Ich hoffe, daß du auf den Geschmack gekommen bist und uns jetzt öfter besuchst.«
»Mal sehen, wie es meine Zeit zuläßt.«
Ellie lachte. »Das mußt du gerade sagen, Sarah.«
»Ich bin viel beschäftigt. Heute abend werde ich mir noch einen neuen Film anschauen.«
»Einen Gruselstreifen?«
»Ja und nein. Es ist mehr eine Dokumentation über rätselhafte Dinge in dieser Welt.«
»Was gehört dazu?« fragte James.
»Stonehenge, die alten Pyramiden in Ägypten und Mittelamerika, dann die neuen Entdeckungen auf dem Mars, alte Schriftrollen…«
»Auch der Teufel?«
Lady Sarah lächelte. »Ich verstehe nicht. Wie kommst du denn darauf?«
»Nur so.«
Die Horror-Oma nahm einen Schluck Tee. »Wirklich nur so?« hakte sie nach.
»Ja. Schließlich gehört der Teufel doch auch zu den rätselhaften Dingen dieser Welt – oder nicht?«
»Das ist in der Tat wahr. Ich glaube, daß man ihn nie richtig begreifen wird.«
James Godfrey schabte seine Tasse auf dem Untersetzer hin und her. »Ich will das nicht so unterschreiben. Vielleicht beginnt mal eine Zeit, wo die Menschen tatsächlich lernen, den Teufel zu begreifen. Ich jedenfalls hätte nichts dagegen.«
Unter dem Tisch stieß Ellie ihren Mann heimlich an. Lady Sarah hatte es trotzdem gesehen, gab aber keinen Kommentar und machte sich ihre Gedanken. Wenn sie nicht alles täuschte, schienen sich die Godfreys schon öfter über dieses Thema unterhalten zu haben.
Irgendwie hatte sie das Gefühl, als Störenfried zu wirken. Sie war schon zu lange geblieben, deshalb trank sie die Tasse auch ziemlich hastig leer, zudem versickerte ihre Unterhaltung allmählich. »So«, sagte die Horror-Oma, »jetzt habe ich euch aber genug aufgehalten. Ich werde mich mal wieder auf den Heimweg machen.«
Die Godfreys hatten nichts dagegen. »Soll ich dir noch ein Taxi herbeitelefonieren?« fragte James.
»Nein, ich gehe ein paar Schritte zu Fuß, das tut gut. Unterwegs winke ich mir dann einen Wagen herbei.«
»Wie du möchtest.«
Lady Sarah griff nach ihrem Stock, den sie immer mitnahm, wenn sie unterwegs war.
James war in der Diele verschwunden. Mit der grünen Kostümjacke aus Leinen kehrte er zurück und half Lady Sarah galant in das Kleidungsstück hinein.
»Ich danke dir.«
»Keine Ursache. Manchmal bin ich noch ein Kavalier der alten Schule. Wie früher, weißt du noch, wenn dein Mann die Gesellschaften gegeben hat und der Adel eingeladen war. Herrje, waren die vornehmen Leute oftmals betrunken.«
»James – bitte«, sagte seine Frau. »Darüber spricht man nicht. Das behält man für sich.«
»Ja, entschuldige. Ich dachte eben nur an die alten Zeiten. Ist ja nicht tragisch.«
Lady Sarah reichte Ellie die Hand. »Vielen Dank für den netten Nachmittag und auch den angebrochenen Abend. Ich habe mich bei euch sehr wohl gefühlt.«
Ellie lächelte warmherzig zurück. Sie umfaßte Sarahs Finger mit beiden Händen. »Wir freuen uns, daß es dir bei uns ein wenig gefallen hat. Endlich kam der Besuch zustande.«
»Ja, wo wir beide in London wohnen. Beim nächstenmal seid ihr an der Reihe. Ich rufe euch an.«
»Gern.«
Die Horror-Oma wollte sich auch von James verabschieden, doch der schüttelte den Kopf. »Nein, Sarah, ich begleite dich noch
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