0503 - Der Stierdämon

Titel: 0503 - Der Stierdämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa

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konnte.
    Da war erstens das Glas des Lämpchens. Gold, das so dick war, war nicht mehr durchsichtig.
    Und eine Autobatterie, die nicht aus Bleiplatten und Säure bestand, sondern aus purem Gold, konnte natürlich auch keinen Strom liefern!
    Zamorra schüttelte den Kopf. »Ich halluziniere«, murmelte er. »Ich sehe Licht, wo es keines geben darf.«
    Er zwang sich zum Denken und Handeln. Es half nichts, wenn er über seine Trauer um Nicole alles andere vergaß und verdrängte. Dadurch änderte er nichts. Aber er konnte immerhin irgendwie versuchen, den Dingen auf den Grund zu gehen. Dem Stiermenschen zu folgen, hielt er allerdings nicht mehr für sonderlich sinnvoll. Er erinnerte sich an die orakelhafte Äußerung seines Amuletts. Vielleicht war diese Illusion etwas ganz anderes, als er eigentlich vermutete. Und wer wollte es ihm verdenken, wenn er jetzt einmal in seinem Leben nicht nur an andere dachte, sondern einmal ein eigenes Problem in den Vordergrund stellte? Auch wenn die Quelle ihm klargemacht hatte, daß ein schier unendlich langes Leben nicht gleichzeitig mehr Privatleben bedeutete, sondern eher das Gegenteil… daß es mit einer Berufung, einer Aufgabe, einer ständigen Hingabe an dieselbe, verknüpft war…
    Aber die endgültigen Entscheidungen traf immer noch er, Zamorra.
    Er untersuchte Nicole eingehender. Aber entgegen seiner kurz aufgeflammten Hoffnung, konnte er keine Lebenszeichen an ihr erkennen. Kein noch so schwacher Puls, kein Atemhauch auf der spiegelblank polierten Fläche des unter Nicoles Nase gehaltenen Amuletts. Seine Hoffnung, daß sie nur in einer Goldschicht eingeschlossen war, schwand.
    Dennoch sah er sich jetzt den Wagen selbst genauer an. Der erste Schock war überwunden; Zamorra konnte wieder denken, auch wenn es ihm schwerfiel, weil er sich ohne Nicole plötzlich nur noch als halber Mensch fühlte. Er ging um den Wagen herum, tastete ihn ab. Alles war Gold in Gold. Er öffnete die Fahrertür, betätigte den Zündschlüssel und schaltete dann das Fahrlicht ein.
    Es flammte auf, so wie am kärglich ausgestatteten Instrumentenbrett auch die Lämpchen zu glühen begannen. Zamorra sah sich die Scheinwerfer jetzt noch einmal an. Nichts an ihnen hatte sich geändert; sie waren offenbar immer noch massives Gold, und doch sandten sie normales Licht aus!
    »Das gibt’s doch nicht«, murmelte Zamorra, dem jetzt ein weiteres Phänomen auffiel: Die Fensterscheiben des Wagens waren golden, und trotzdem konnte er zumindest von innen nach außen hindurchsehen wie durch normales Glas!
    Er bestieg den recht unbequemen Fahrersitz. Der Phantom war mit allem erdenklichen Luxus seines Baujahres ausgestattet - aber nur im geräumigen, sechssitzigen Fond, in dem die Insassen es sich bequem machen und die Beine ausstrecken konnten. Für den Fahrer gab es vorn eine relativ harte Sitzbank. Immerhin war die Technik überzeugend. Ein leichter Druck auf den Startknopf ließ den Motor sofort anspringen. Sekundenlang wartete Zamorra auf metallisches Knallen und den heftigen Ruck, mit dem alles wieder stehenblieb, weil die acht Kolben sich in den Zylindern festfraßen. Aber der handgearbeitete 6.8-Liter-Motor lief nahezu geräuschlos und so vibrationsarm, daß man eine Münze senkrecht auf den Ventildeckel hätte stellen und damit fahren können, ohne daß sie herunterfiel.
    Zamorra tippte den Lenkradhebel der Getriebeautomatik leicht an; der Servomotor reagierte auf die Berührung und zog ihn von selbst in den Vorwärtsgang. Mochte der Chauffeur zwar hart und unkomfortabel sitzen -seine Arbeit wurde ihm ebenso leicht gemacht wie dem Selbstfahrer im Corniche-Coupé oder Cabrio.
    Der Wagen rollte lautlos an. Benzin und Schmieröl waren also zumindest in ihrer Funktion und Konsistenz nicht beeinträchtigt, wenngleich Zamorra den Verdacht hatte, daß diese Flüssigkeiten ebenfalls ein goldenes Aussehen angenommen hatten. Auch die goldenen Scheibenwischer funktionierten. Zamorra hatte keine Probleme, den Wagen nach Llewellyn-Castle zu bringen.
    Zumindest ersparte er sich damit einen langen Fußweg bergauf durch eine verregnete Nacht.
    Aber was konnte er jetzt unternehmen? Daß das Auto funktionierte, besagte nicht, daß die beiden Menschen es auf ihre Weise ebenfalls taten. Sie waren kein technisches Gerät, sondern lebende Wesen gewesen. Und immerhin reagierten sie beide auf nichts. Sie gaben partout kein Lebenszeichen mehr von sich.
    Zamorra dachte an den Gnom. »Die Suppe wirst du auslöffeln müssen«, murmelte