0505 - Der japanische Geist
nach einem offenen Eingang. Er war der einzige Mensch, der zu dieser Zeit an der Außenfront der Halle entlangging, auch an den großen Haupteingang gelangte und feststellen mußte, daß dieser abgeschlossen war.
Es brannte nur die Notbeleuchtung. Ihr Schein reichte nicht einmal bis zu den Plakaten, die an der Wand klebten.
Suko mußte ungefähr zehn Minuten suchen, bis er einen Nebeneingang fand, in dessen Nähe auch einige Fahrzeuge parkten. Kleine Lieferwagen und ein Truck.
Er wußte nicht, ob dies der richtige Eingang war, um zu den Ringern zu gelangen, doch Suko entdeckte eine Klingel, die er drückte. Schon bald wurde ihm geöffnet.
Man zog die Tür von innen auf. Lichtschein flutete Suko entgegen.
Ein Japaner stand vor ihm.
»Sie wünschen?« fragte dieser.
»Ich möchte mich gern mit Ihren Ringern unterhalten.«
Der Japaner, er trug eine Hose und einen leichten Pullover, zeigte sich irritiert, blieb aber gleichzeitig höflich. »Sie werden entschuldigen, aber ich finde, daß es nicht die richtige Zeit für ein Gespräch mit den Athleten ist. Wenn Sie von der Presse sind und…«
»Das bin ich nicht«, sagte Suko.
»Ich kann außerdem keine Entscheidungen treffen, da unser Manager, Mr. Igeno, für diese Dinge zuständig ist. Tut mir wirklich leid.« Er wollte die Tür wieder schließen.
Suko war schneller, kantete einen Fuß hoch und stoppte die Tür.
Bevor der Japaner sich aufregen konnte, hielt ihm Suko bereits seinen Ausweis unter die Nase.
Die Haltung des Japaners entspannte sich. Er schaute genau hin.
»Polizei?«
»Wie Sie sehen.«
Der Mann lächelte. »Ich wundere mich darüber«, sagte er. »Sie sind Chinese und…«
»Gleichzeitig Inspektor bei Scotland Yard«, fiel Suko ihm ins Wort.
»Gut, akzeptiert. Sie kommen wegen des Unglücks?«
»Nicht nur.«
»Weshalb…?«
»Ich möchte mit den Ringern reden. Verstehen Sie das?«
Der Japaner schluckte. Er schaute noch auf die Uhr, dann hob er die Schultern. »Sie können es versuchen. Ich sage Ihnen gleich, daß kaum jemand englisch spricht.«
»Sie können ja übersetzen.«
»Wie Sie wollen.« Der Japaner trat zur Seite. Als er die Tür schloß, erfuhr Suko auch seinen Namen. Der Mann hieß Makoi.
»Welche Funktion haben Sie hier inne?« erkundigte sich Suko.
»Ich bin gewissermaßen Mädchen für alles«, erklärte Makoi. »Ich betreue die Ringer und bin auch der Vertreter unseres Managers Igeno. Ich wundere mich nur, daß er noch nicht zurück ist.«
»Wo wollte er denn hin?«
»Er hatte in der Stadt zu tun.« Der Mann deutete nach vorn. »Bitte folgen Sie mir. Ich habe frischen Tee gekocht. Es wäre schade, wenn er kalt wird.«
Suko folgte dem Mann durch einen kahlen, aber breiten Betongang. Verlaufen konnte man sich nicht. Es waren genügend Hinweisschilder vorhanden, die anzeigten, wo die einzelnen Räume, Umkleidekabinen und sanitären Anlagen lagen.
Von den Deckenlampen strahlte schattenloses Leuchtstoffröhrenlicht auf den grauen Betonboden und floß an den Wänden entlang, die ebenfalls eine graue Farbe zeigten, nur einen Ton heller.
Das Büro des Mannes lag ungefähr in der Mitte des Ganges und auf dem Weg zur Arena.
Es war zweckmäßig eingerichtet. Ein Schreibtisch, zwei Stühle, ein Schrank aus Metall. »Man least es nur«, sagte Makoi, als er Suko einen Platz anbot. »Persönliches werden Sie hier kaum finden, Inspektor. Eine Tasse Tee?«
»Sehr gern.«
Makoi holte die Tasse aus dem Schrank. Dann setzte er sich eine schmale Brille auf, schenkte ein und nahm wieder Platz. Die beiden Männer tranken.
Suko äußerte sich lobend über den Tee.
»Ja«, sagte Makoi lächelnd. »Ich liebe es, den Tee noch so zuzubereiten, wie es meine Vorfahren getan haben, aber Sie sind bestimmt nicht gekommen, um darüber mit mir zu sprechen. Ich habe erlebt, daß Zeit Geld ist und man die alten Riten zur Seite stellen muß. Wobei kann ich Ihnen helfen, Inspektor?«
Suko schaute sein Gegenüber scharf an. »Es geht um einen verzwickten Fall, der wahrscheinlich rational nicht zu erfassen ist.«
»Meinen Sie den Tod des Ringers?«
»Er spielt auch eine wichtige Rolle. Wir glauben nicht, daß er an Herzschlag gestorben ist.«
»So hat es der Arzt gesagt.«
»Der Arzt erzählte mir etwas anderes.« Suko schüttelte den Kopf.
»Man hat den Herzschlag nur offiziell bekanntgegeben. Tatsächlich aber ist Tisho erstickt.«
Die Augen des Japaners hinter der Brille weiteten sich. »Erstickt? Das kann ich mir nicht vorstellen. Dann
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