0505 - Der japanische Geist
weiß es nicht. Zudem kenne ich auch nicht die Verstrickungen zwischen Igeno, dem Ringer Naginata und dem Geist Yomo-Zan. Wir müßten möglicherweise davon ausgehen, daß Igeno diesem Dämon bisher eine Art von Heimat geschaffen hat, wo er sich wohl fühlen konnte.«
»Und wo findest du diese Heimat?«
»Wenn ich das wüßte.«
Shao schaute auf den bewußtlosen Naginata. »Er war nicht der einzige Ringer aus der Gilde.«
»Wie meinst du das?«
»Es ist nur ein Versuch, John, aber durchaus lohnenswert, sich damit näher zu beschäftigen. Die Ringer sind in einer Sporthalle aufgetreten. Soviel ich erfahren habe, leben sie auch dort in der Nähe oder sogar in den zu der Halle gehörenden Räumen.«
»Hotelartig?«
»Nein, bestimmt nicht so exklusiv. Es gibt dort ja genügend Räume, wo man übernachten kann. Ich weiß zudem nicht, ob Hotelbetten geeignet sind, die schweren Menschen aufzunehmen. Ich kann mir schon vorstellen, daß die Ringer in der Nähe ihrer Arbeitsstätte bleiben. Außerdem sind die Kämpfe nicht abgesagt worden. Man hat nur eine Pause nach Tishos Tod eingelegt.«
»Du bist gut informiert, Shao.«
»Das muß auch so sein.« Sie lächelte knapp. »Schließlich habe ich den Auftrag bekommen, den Geist zu stoppen.«
»Und jetzt gehst du davon aus, daß Suko so ähnlich gedacht hat wie du?«
»So ist es.«
Ich überlegte. Das konnte hinkommen. Jedenfalls war ein Besuch in der Halle immer noch besser als hier in der Wohnung herumzusitzen und auf Sukos Nachricht zu warten.
»Einverstanden«, sagte ich. »Wir werden uns die Sache mal ansehen.«
»Bist du denn fit?«
Ich grinste schief. »Wenn es darum geht, immer. Keine Sorge, ich brauche nur eine Dusche.«
»Und Naginata?«
»Den müssen wir abholen lassen.«
»Wie?«
»Einen Kran kriegen wir hier nicht hoch.« Ich griff zum Telefon.
»Wir haben da eine Spezial-Abteilung. Die Jungs sind kräftig. Die können sich um den Ringer kümmern. Außerdem braucht er einen Arzt. Ich konnte mich nicht anders wehren, als ihn mit heißem Wasser aus der Handbrause anzuspritzen.«
Shao nickte. »Und dann ist da noch der Tote.«
»Ihn kann die Mordkommission mitnahmen.«
»Wer räumt deine Wohnung auf?«
»Das bleibt wahrscheinlich an mir hängen…«
***
Der japanische Geist war verschwunden! Daran änderte auch der verärgerte Suko nichts. Wahrscheinlich hatte er sich wieder in einen grünlichen Nebelstreif verwandelt und war in die Dunkelheit des Abends hineingestoßen, ohne bemerkt worden zu sein.
Fragte sich nur, wohin ihn sein weiterer Weg führte? Suko ging davon aus, daß er, um überhaupt existieren zu können, Atem brauchte. Den raubte er den Menschen. Mit dem Sumo-Ringer Tisho hatte er den Anfang gemacht, und deshalb ging Suko davon aus, daß er in der Nähe der anderen Ringer bleiben würde, denn die Männer aus Japan waren in einer Gruppe eingetroffen.
Wo sie auftraten, wußte der Inspektor. Zwar waren nach dem Ableben des Ringers einige Vorstellungen ausgefallen, aber die würden nachgeholt werden, das war bekannt. Man hatte es auch in den Zeitungsannoncen propagiert, so daß die im Vorverkauf abgesetzten Karten nicht verfielen.
Seit acht Jahren stand das Bauwerk bereits, in dem nicht nur Sportveranstaltungen stattfanden, auch Popkonzerte oder Treffen irgendwelcher Gruppen.
Man war darauf eingerichtet, daß Menschen auch übernachten wollten. So gab es unter dem Hallenkomplex eine Reihe von kleinen Zimmern. Nicht sehr komfortabel, aber ein Bett und ein Schrank reichten aus. Zudem waren sanitäre Anlagen vorhanden.
Die Gruppe der Sumo-Ringer wäre in der Masse nur aufgefallen.
Deshalb hatte ihr Manager Igeno auch darauf verzichtet, seine Leute in einem Hotel unterzubringen. Einem Prospekt hatte Suko entnehmen können, daß vierzehn Ringer nebst Betreuer angereist waren.
Jetzt allerdings waren es nur noch dreizehn, denn Tisho lebte nicht mehr. Ob man Naginata noch zu ihnen zählen konnte, stellte Suko ebenfalls in Frage.
Als er seinen Wagen auf dem Parkplatz ausrollen ließ, brannte dort nicht eine Lampe. Er konnte sich die Parklücke aussuchen und fuhr den Dienstrover so nahe wie möglich an die Halle heran.
Er stieg aus, hämmerte die Tür zu und schaute an dem Betonbauwerk hoch. Es war schon gewaltig. Mächtige Pfeiler stützten das Mauerwerk ab, das einen Schwung nach innen zeigte, so daß zwischen den Wänden und Pfeilern so etwas wie Arkadengänge entstanden waren, die auch bei Regen benutzt werden konnten.
Suko suchte
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