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051 - Die gelbe Schlange

051 - Die gelbe Schlange

Titel: 051 - Die gelbe Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Sie in Ihr Büro kommen.‹
    Der Eilbrief war am Abend zuvor in London aufgegeben worden, und der überhebliche Ton, den St. Clay ihm gegenüber anschlug, war einem Mann von der Empfindlichkeit Stephen Narths überaus zuwider. Um Narths Charakter voll gerecht zu werden, muß man zugeben, daß es ihm keinerlei Gewissensbisse verursachte, Joan mit diesem Manne zusammenzubringen. In diesem Punkt war er großzügig. Hätte es sich um Letty oder Mabel gehandelt, wäre das anders. Aber es war ja nur Joan.
    Obwohl Narth sich durchaus nicht scheute, in der Öffentlichkeit mit einem Chinesen zu speisen, hatte er sich doch dafür entschieden, den Lunch im Sitzungszimmer seiner Firma zu geben; hier hatte er schon manchmal seine Bekannten bewirtet.
    Als er an diesem Morgen ins Büro kam, wartete Major Spedwell schon auf ihn, und zu seinem Erstaunen war dieser militärische Gentleman weniger mürrisch als sonst.
    »Ich habe gerade St. Clay getroffen«, sagte er. »Haben Sie den Lunch für ihn arrangiert? Er scheint großen Wert darauf zu legen.«
    »Warum eigentlich?«
    Spedwell zuckte die Achseln. »Der Himmel weiß es. St. Clay ist ein sonderbarer Vogel. Er ist freigebig wie ein Prinz - vergessen Sie das nicht, Narth. Er kann Ihnen sehr nützlich sein.«
    »Was treibt er eigentlich?« fragte Narth.
    »Sie meinen, was er geschäftlich macht? Alles mögliche. Er hat eine Fabrik in Peckham und noch viele andere Geschäftshäuser und Firmen, aus denen er sein Einkommen bezieht. Sie haben wirklich Glück, Narth, daß Sie ihm sympathisch sind.«
    »Oh!« grunzte der andere; er war gar nicht begeistert darüber.
    Spedwell sah ihn mit einem seltsamen, trockenen Lächeln an.
    »Bisher haben Sie wohl ein ziemlich ruhiges Leben geführt, Narth - ich meine, das Leben eines durchschnittlichen Geschäftsmannes aus der City. Sie haben sich doch noch nie mit abenteuerlichen Unternehmungen befaßt, bei denen Blut floß odei Grausamkeiten verübt wurden?«
    »Beim Himmel, nein«, wehrte Narth ab und starrte ihn an. »Warum?«
    »Ich frage nur so«, meinte Spedwell gleichgültig. »Aber - Sie können nicht erwarten, Ihr ganzes Leben lang ein vornehmer Gauner zu bleiben.«
    »›Gauner‹ ist ein Wort, das ich durchaus nicht liebe«, wies Stephen ihn scharf zurück.
    »Das habe ich auch nicht angenommen«, versetzte der andere kühl. »Ich möchte nur feststellen, daß man seine Schwierigkeiten nicht dadurch überwinden kann, daß man sich in einen Polsterstuhl setzt und neue Gaunereien ausheckt. Kein Grund, gleich in die Luft zu gehen, Narth. Wir sind doch Männer von Welt, und wir wissen, daß die Firma Narth in den letzten zehn Jahren nur von Schwindel und Betrug gelebt hat. Entweder kommt so ein vornehmer Gauner wie Sie dabei zu Vermögen - oder ins Kittchen. Und Sie werden niemals zu Vermögen kommen!«
    Stephen Narth sah ihm direkt ins Gesicht.
    »Was steckt hinter diesem ganzen Gerede?«
    Der Major zwirbelte nachdenklich seinen kleinen Schnurrbart.
    »Ich will Sie nur warnen, das ist alles«, erwiderte er. »Für jeden Schieber kommt einmal ein Zeitpunkt, wo er etwas anderes versucht, aber er versucht es nur ein einziges Mal. Verstehen Sie, was ich damit sagen will?«
    »Ihre Worte zeichnen sich nicht gerade durch Klarheit aus«, meinte Narth sarkastisch. »Sie haben mich einen Schieber und Gauner genannt. Vielleicht können Sie sich etwas deutlicher ausdrücken.«
    Der Major zog einen Stuhl heran und setzte sich an die andere Seite des Schreibtisches..
    »St. Clay stellt Sie auf die Probe«, erklärte er. »Und wenn er sieht, daß Sie sein Spiel mitspielen, bedeutet das eine Million Pfund.«
    Narth sah ihn groß an.
    »Eine Million Pfund ist leicht gesagt, aber eine schwere Menge Geld!«
    »Es ist sogar noch mehr als eine Million drin«, behauptete Spedwell entschieden. »Das ist das größte Geschäft, in das Sie jemals eingestiegen sind, mein Freund.«
    Narth war ganz durcheinander. Eine Million - wenn auch noch eine nebelhafte Million - war eine erschreckende Summe. Aber war er nicht schließlich der Erbe von Joe Brays Vermögen?
    »Ich habe gar keinen Grund, mir Sorgen zu machen«, wies er Spedwell zurück, »Joe Bray war auch kein armer Mann!«
    Ein Lächeln flog über das melancholische Gesicht des anderen.
    »Was glauben Sie denn, wieviel Ihnen aus diesem Vermögen zufallen wird?« fragte er zynisch, fügte dann aber schnell hinzu: »Es ist schon möglich, daß Sie einen dicken Packen bekommen werden - aber wenn Sie mit St. Clay das

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