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051 - Die gelbe Schlange

051 - Die gelbe Schlange

Titel: 051 - Die gelbe Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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hundert wert ist!«
    Joan konnte nur schauen und staunen. Während der Nacht war das Dach abgedeckt worden, und es stand nur noch das Skelett des Hauses.
    »Die Fußböden sind bereits herausgenommen und die Rohrleitung ist heute früh um vier Uhr fertig geworden«, sagte der Baumeister stolz. »Im Umkreis von zwanzig Meilen habe ich jeden verfügbaren Arbeiter eingestellt.«
    »Aber warum in aller Welt macht Mr. Lynne das?« verwunderte sie sich.
    »Ach, Sie kennen ihn?« fragte der Mann erstaunt, und sie errötete. Sie konnte ihm doch unmöglich erklären, daß Slaters Cottage später einmal ihr Heim werden sollte (wie sie annahm), und daß dieser ungewöhliche Bauherr ihr späterer Gatte sei.
    »Ja, ich kenne ihn«, meinte sie verlegen, »er ist ein - ein Freund von mir.«
    »Oh!«
    Sichtlich hemmte diese Entdeckung die Freimütigkeit des Baumeisters erheblich, aber Joan konnte sich schon denken, was er hatte sagen wollen.
    Sie mußte lächeln, als sie auf die Straße zurückkam. Dieser entschlossene Wiederaufbau von Slaters Cottage in einer solchen Geschwindigkeit war gerade das, was sie von Clifford Lynne erwartet hatte. Warum, wußte sie freilich selbst nicht. Aber es schien, als ob er gerade ihr sein innerstes Wesen gezeigt hätte und sie die einzige in der Familie war, die ihn verstand.
    Plötzlich hörte Joan das Trappeln von Pferdehufen hinter sich und bog seitlich aus.
    »Bonjour - soviel ich weiß, ist das Französisch!«
    Sie drehte sich verdutzt um. Der Mann, der soeben ihre Gedanken beschäftigt hatte, saß auf einem alten, zottigen Pony vor ihr. Das Pferd sah genauso zerzaust aus wie er selber.
    »Wieviel Mühe müssen Sie gehabt haben, ein Pferd zu finden, das so gut zu Ihnen paßt.« Joan sah ihn herausfordernd an. »Ich habe auch Ihr Auto gesehen - eine perfekte Übereinstimmung!«
    Clifford Lynnes Augen wurden schmal, als ob er lachen wollte, doch man hörte keinen Laut. Joan hätte allerdings darauf geschworen, daß er sich innerlich vor Lachen schüttelte.
    »Sie sind nicht sehr liebenswürdig«, sagte er, als er. vom Pferd sprang, »und obendrein noch aggressiv! Aber wir wollen keinen Streit anfangen, bevor wir verheiratet sind. Wo haben Sie eigentlich mein Auto gesehen?«
    Statt einer Antwort fragte sie: »Warum bauen Sie eigentlich dieses schreckliche alte Haus wieder auf? Mr. Carter, der Baumeister, hat gesagt, es kostet Sie Tausende.«
    Eine Weile sah er das Mädchen an, ohne zu sprechen. Schließlich begann er:
    »Ich habe mir das eben in den Kopf gesetzt, ich bin eben ein bißchen exzentrisch. Ich habe so lange in einem heißen Klima gelebt, daß mein Verstand möglicherweise etwas gelitten hat. Es gibt eine Menge Burschen, denen es so gegangen ist. Übrigens finde ich das Häuschen ganz romantisch«, erklärte er. »Man müßte Kletterrosen und Geißblatt anpflanzen, vielleicht auch einen kleinen Gemüsegarten anlegen und Hühner züchten. Mögen Sie Hühner?« fragte er unschuldig. »Schwarze Dorkings oder weiße Wyandotten oder umgekehrt. Oder vielleicht Enten?«
    Sie hatten das Ende der Straße erreicht, das zottige Pony war ihnen gehorsam gefolgt.
    »War der alte Bray wirklich so darauf versessen, daß Sie ein Mädchen aus unserer Familie heiraten sollten?«, fragte Joan so plötzlich und unerwartet, daß Clifford für einen Augenblick ganz verdutzt war.
    »Wieso? Ja, gewiß.«
    »Und Sie hatten Mr, Bray sehr gern?«
    Er nickte.
    »Ja. Sehen Sie, wir haben lange zusammen gelebt, und er war ein liebenswerter alter Teufel. Er hat mich gepflegt, als ich die Cholera hatte, und wenn er nicht gewesen wäre, hätte es mich erwischt. Ich habe ihn wirklich sehr gern gehabt.«
    »Und das ging so weit, daß Sie sich verpflichteten, nach England zu gehen und eine seiner Verwandten zu heiraten -?«
    »Um die Wahrheit zu sagen, ich habe gedacht, er ist verrückt!«
    »Aber Sie haben es ihm doch versprochen«, beharrte sie. »Sie haben ihm sogar noch mehr versprochen!«
    Er schwieg.
    »Sie haben sich doch dem armen Joe Bray gegenüber verpflichtet, daß Sie nichts äußern würden, was die junge Dame vor der Heirat zurückschrecken ließe!«
    Für einen Augenblick war der Mann mit dem langen Bart vollständig verwirrt.
    »Hellseherei habe ich nie ausstehen können, das hier aber ist beinahe schon Hexerei. Ich kenne eine alte Frau in der Nähe von Kung-Changfu, die -«
    »Weichen Sie mir nicht aus, Mr. Lynne!«
    Er fingerte an seinem Bart herum.
    »Schon gut, es ist ja möglich, daß Sie recht

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