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051 - Die gelbe Schlange

051 - Die gelbe Schlange

Titel: 051 - Die gelbe Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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die Vaseys besuchen, und ich weiß, daß du sie nicht leiden kannst.«
    Jetzt erst bemerkte sie den gutaussehenden fremden Herrn; sie senkte verwirrt den Blick und begann zu stottern - Lettys Bescheidenheit und Bestürzung in Gegenwart von Männern waren bekanntermaßen ein Teil ihres Charmes.
    Joan machte keine Anstalten, ihren Begleiter vorzustellen. Sie verabschiedete sich nur und sah dem Wagen nach, der sogleich davongefahren war.
    »Wirklich, Joan«, fuhr Letty sie ärgerlich an, »du hast unmögliche Manieren! Warum um alles in der Welt hast du ihn mir nicht vorgestellt!«
    »Ich dachte, du legst keinen Wert darauf; als er das letzte Mal bei uns gewesen ist, warst du doch ziemlich unhöflich zu ihm«, antwortete Joan, nicht ohne Bosheit.
    »Aber er ist doch niemals bei uns gewesen«, protestierte das Mädchen. »Und es ist wirklich ungezogen von dir, zu behaupten, daß ich je gegen irgend jemand unhöflich gewesen sei. Wer ist es denn?«
    »Clifford Lynne«, antwortete Joan und fügte hinzu: »Mein Verlobter.«
    Sie ließ Letty stehen, die wie vom Blitz getroffen schien, und ging in ihr Zimmer. Den Rest des Nachmittags machte Joan sich aber doch Sorgen, was Mr. Narth bei seiner Rückkehr sagen würde. Überraschenderweise zeigte er sich ganz liebenswürdig, ja beinahe väterlich. Dennoch nahm sie an ihm eine Nervosität wahr, die ganz ungewöhnlich schien, und Joan zerbrach sich den Kopf, ob die Ursache hierfür Clifford Lynne oder jener unheimliche Chinese war, von dem sie in dieser Nacht noch so scheußlich träumen sollte.

11
    Mr. Clifford Lynne hatte ein kleines möbliertes Haus in Mayfair gemietet, das den, von seinem Standpunkt aus gesehen, unschätzbaren Vorteil hatte, auch an der Rückseite einen Eingang zu besitzen. Hinter dem Haus war eine kleine Garage mit einem Ausgang zu einer langen, sehr engen Gasse, an der andere Garagen standen, jede von ihnen mit einer kleinen Dachwohnung für den Chauffeur ausgebaut.
    Etwas machte Clifford Lynne Kopfzerbrechen - und das war nicht Fing Su oder Joan oder Mr. Narth. Ein Zweifel in seinen Überlegungen hatte sich zu einem Verdacht entwickelt und war auf dem besten Wege, eine Überzeugung zu werden.
    Clifford hatte den ganzen Nachmittag damit verbracht, die gerade mit der Post gekommenen chinesischen Zeitungen zu lesen. Es ging schon auf den Abend zu, als er einen Absatz im North China Herald entdeckte, der ihn mit einem Fluch aufspringen ließ. Um nähere Untersuchungen anzustellen, blieb keine Zeit mehr, da soeben ein Besucher angemeldet wurde.
    Mr. Ferdinand Leggat, dieser joviale, rougesichtige Mann, war in einem geschlossenen Wagen durch die Garage auf den Hof gefahren und vom Chauffeur Mr. Lynnes durch die Hintertür eingelassen worden. Diese Vorsicht hatte gute Gründe.
    Als der Besucher das kleine Speisezimmer betrat, drehte er sich halb um, als ob er die Tür hinter sich fest zumachen wollte, aber der Diener hatte das schon besorgt. Auf Mr. Leggats rundem Gesicht lag ein Ausdruck, der nicht gerade Furcht, aber auch keineswegs Sorglosigkeit erkennen ließ. Er war bedrückt.
    »Es wäre mir lieber gewesen, wenn ich hätte später kommen können«, brummte er, als Clifford ihm einen Platz anbot.
    »Was bei Tage vor sich geht, sieht immer harmlos aus«, erwiderte Clifford. »Außerdem verdächtigt niemand ein Taxi.«
    »Aber diese Chauffeure schwatzen«, befürchtete Leggat und spielte mit seinem Eßbesteck.
    »Dieser Mann nicht, denn seit langem steht er in meinem Dienst. Bedienen Sie sich bitte selbst, alles, was Sie brauchen, steht auf der Anrichte.«
    »Wird Ihr Diener auch nicht hereinkommen?« fragte der andere nervös.
    »Wenn das der Fall wäre, würde ich Sie nicht bitten, sich selbst zu bedienen«, entgegnete Clifford. »Was hat sich heute ereignet?«
    Lynne holte sich von der Anrichte ein Stück Huhn und Salat und kehrte mit seinem Teller zum Tisch zurück.
    »Also was ist passiert?« fragte er noch einmal.
    Mr. Leggat schien keinen Appetit zu haben, denn er versorgte sich nur mit Whisky und Soda.
    »St. Clay rast vor Wut«, berichtete er. »Sie müssen sich vor diesem Burschen in acht nehmen, Lynne, das ist ein ganz gefährlicher Mensch.«
    Clifford Lynne lächelte.
    »Um das zu erfahren, brauchte ich Sie nicht den ganzen langen Weg von Ihrem Heim in Süd-Kensington hierherkommen zu lassen. Natürlich ist er gefährlich! Aber nun reden Sie endlich, was ist geschehen?«
    »Genau weiß ich es auch nicht. Ich habe Spedwell nur ein paar Minuten

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