051 - Die Hexe und ihr Henker
stach eiskalt zu, und wenn Mike sie nicht im Spiegel gesehen hätte, wäre er verloren gewesen. Er drehte sich blitzschnell um, ließ den Koffer dabei aber nicht los.
Joanna, die mit keiner Reaktion ihres Opfers rechnete, verfehlte den jungen Mann. Gleichzeitig traf die Kofferkante sie und warf sie gegen den Schrank.
Ihr Wutschrei gellte durchs Zimmer, und ihr Gesicht wurde zu einer gemeinen, abstoßenden Fratze. Das Mädchen wurde zur Furie, stieß sich vom Schrank ab und stach erneut auf Mike Baker ein.
Dieser hob den Koffer schützend vor seinen Körper. Die lange Klinge des Fleischmessers bohrte sich hinein, und als Mike Baker den Koffer fallenließ, blieb das Messer darin stecken.
Joanna Snyder war jedoch auch ohne das Messer gefährlich. Sie stürzte sich auf Mike und wollte ihm ihre langen Fingernägel ins Gesicht schlagen.
Er hatte große Mühe mit ihr, fing ihre Arme ab, doch sie riß sich los, gab ihm einen Tritt gegen das Schienbein und gebärdete sich wie eine Wahnsinnige.
Als sie ihn in die Hand biß, brüllte er auf, und der Schmerz ließ ihn rot sehen. Bis zu diesem Augenblick hatte er noch Rücksicht auf sie genommen, doch nun ging er voll aus sich heraus. Er mußte dieses rabiate Mädchen zur Räson bringen. Wenn ihm das nicht gelang, holte sie sich ihr Messer womöglich wieder und erreichte mit dem zweiten Versuch, was sie sich vorgenommen hatte.
Sie schlug blindwütig auf ihn ein, und er schlug zurück. Als er keuchend von ihr abließ, lag sie schluchzend auf dem Boden.
Er packte sie an den Schultern, riß sie hoch und rammte sie gegen die Wand. »Warum haben Sie das getan?« schrie er ihr ins Gesicht. »Verdammt, Joanna, warum versuchten Sie mich umzubringen?«
»Er will es! Ich muß es tun!«
»Wer will es? Dieser Kerl etwa, der Petula ständig verfolgt?«
»Ja, er machte mich zu seiner Verbündeten.«
Mike schauderte. »War er hier in dieser Wohnung?«
»Ich muß ihm gehorchen, er ist mein Meister«, preßte das Mädchen heiser hervor. Sie starrte an Mike vorbei. »Er und ich sind eins. Er hat mein Blut in sich.«
»Mein Gott, wieso hat er Ihr Blut in sich? Was soll das bedeuten?« fragte Mike Baker betroffen.
Joanna gab ihm darauf keine Antwort. »Er wird mich bestrafen, weil ich versagt habe«, sagte sie tonlos.
»Nichts wird er Ihnen tun, Joanna. Sie brauchen vor ihm keine Angst zu haben.«
»Er ist mächtig, versteht sich auf die Kunst der schwarzen Magie!«
»Man wird ihm das Handwerk legen, das schwöre ich Ihnen. Wann hat er sich mit Ihnen befaßt?«
»Gestern, nachdem Petula gegangen war. Sie warf die Teufelsrosen in den Müllschlucker, aber die Blumen kehrten zurück… Und dann kam er…«
»Wie ist sein Name? Wissen Sie, wie er heißt?«
»Ja. Jack Sarno.«
»Wo wohnt er?«
Joanna Snyder nannte die Adresse.
Dem jungen Mann brach plötzlich der kalte Schweiß aus. »Sarno machte Sie zu seiner Komplizin, nachdem Petula die Wohnung verlassen hatte. Das heißt, Sie standen bereits auf seiner Seite, als Petula Sie später anrief.«
»So ist es.«
»Dann weiß Jack Sarno mit Sicherheit, daß sich Petula bei mir versteckt hat. Ich bin sicher, Sie haben es ihm verraten.«
Joanna nickte. »Und er trug mir auf, Sie zu töten. Er weiß, daß Sie hier sind.«
»Und wo ist er?«
Da lachte das Mädchen schaurig. »Bei Petula. Was dachten Sie denn?«
***
Petula machte sich in Mikes Haus nützlich. Sie wischte Staub, reinigte die Teppichböden mit dem Staubsauger und begab sich anschließend in die Küche, um nachzusehen, was sich alles im Kühlschrank befand.
Bestimmt würde sich Mike freuen, wenn sie ihn mit ihren Kochkünsten verwöhnte. Zwar konnte sie sich noch nicht als perfekte Köchin bezeichnen, aber eine Reihe von Speisen gelangen ihr schon sehr gut.
Nachdem sie sich einen Überblick verschafft hatte, was alles da war, überlegte sie sich ein Menü, doch sie wurde beim Nachdenken gestört, denn jemand läutete an der Tür.
Vielleicht war es Mike, der die Schlüssel vergessen hatte. Zeitmäßig hätte er wieder zurück sein können. Petula verließ die Küche und öffnete bedenkenlos die Tür.
Als sie sah, wer draußen stand, prallte sie entsetzt zurück. Dann stieß sie die Tür zu, doch Jack Sarnos Fuß zuckte vor, und die Tür flog dagegen.
Verstört schüttelte Petula den Kopf. Sarno trat ein. »Was… was wollen sie von mir?« fragte das Mädchen heiser und wich ängstlich zurück. »Wer sind Sie? Wie haben Sie mich gefunden?«
Sarno grinste.
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