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051 - Duell mit den Ratten

051 - Duell mit den Ratten

Titel: 051 - Duell mit den Ratten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Wolf
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sagen brauchte.
    Theophil Crump, der Mann mit dem Pferdegesicht, der für die Leibeserziehung der Zöglinge verantwortlich war, lehnte sich mit einem Seufzer in seinem Stuhl zurück, tupfte sich den Mund mit der Serviette ab und meinte: »Ich glaube fast, daß wir einen Schlafwandler unter uns haben. Ich möchte ja niemanden in seiner Bewegungsfreiheit beschränken, aber wer es auch war, der nächtlich durch die Korridore geisterte, ich möchte ihn bitten, daß er sich das nächste Mal ruhiger verhält.«
    Coco spürte seine Blicke und senkte den Kopf. »Tut mir leid, wenn ich Sie geweckt habe. Aber ich konnte nicht schlafen, weil ich seltsame Geräusche vernahm und da …«
    »Daran werden Sie sich schon noch gewöhnen«, beruhigte sie Benjamin Flindt, der Chemieprofessor. »Uns allen ist es am Anfang nicht anders ergangen. Aber Sie werden sehen, Miß Swanson, in einigen Tagen werden Sie von dem Spuk nichts mehr merken. Ich muß allerdings zugeben, daß sich Miß Skeates, Ihre Vorgängerin, nie daran gewöhnen konnte.«
    »Hat sie deshalb gekündigt?« erkundigte sich Coco.
    Es entstand ein betretenes Schweigen, in das Mrs. Reuchlin sagte: »Miß Skeates war eine durch und durch hysterische Person.« Sie erhob sich und machte Anstalten, das Speisezimmer zu verlassen. »Ich schlage vor, daß wir uns nicht mehr über sie unterhalten. Sie hat mir genug Kopfzerbrechen verursacht. Denken Sie bitte daran, daß in einer Viertelstunde der Unterricht beginnt! Sie, Miß Swanson, erwarte ich in einer halben Stunde in meinem Büro zum Diktat.«
    Die vier Männer erhoben sich, als die Direktorin den Raum verließ. Danach setzten sie sich wieder. Nur Michael Lundsdale blieb stehen. Er hatte seine Serviette zwischen den Händen zerknüllt und starrte auf die Tür, durch die Mrs. Reuchlin verschwunden war. Um seine Mundwinkel zuckte es. »Was haben Sie, Mike?« erkundigte sich Theophil Crump. »Ist Ihnen nicht wohl? Soll vielleicht ich die erste Unterrichtsstunde für Sie übernehmen?«
    »Ja, das wäre mir sehr recht«, sagte Michael Lundsdale mit krächzender Stimme.
    Er war noch ziemlich jung, höchstens dreißig, hatte dunkles Haar und sah recht gut aus, aber er wirkte ständig zerstreut und nervös und machte manchmal einen geradezu verstörten Eindruck.
    Er räusperte sich. »Danke, Theo. Ich übernehme dann also die vierte Stunde für Sie. Ich muß mich etwas entspannen.« Er verneigte sich in Richtung der drei Frauen und rannte aus dem Zimmer.
    »Was ist denn plötzlich in ihn gefahren?« wunderte sich Coco.
    »Haben Sie nicht bemerkt, daß er zu zittern begann, als Sie den Namen Ihrer Vorgängerin nannten, Miß Swanson?« fragte Mr. Wisdom lachend.
    »Hören Sie doch auf damit!« wies Benjamin Flindt ihn zurecht.
    Er war klein und untersetzt, besaß jedoch einen auffallend dürren Gänsehals, der wahrscheinlich altersbedingt war. Mit seinen nahezu siebzig Jahren war er die älteste Lehrperson am Internat. Er wirkte aber noch unglaublich rüstig. Ansonsten stocherte er ständig in seinen Zähnen herum und bohrte in seiner überhängenden Nase, wenn er sich unbeobachtet fühlte.
    Mortimer Wisdom sah ihn belustigt an. »Es ist doch kein Geheimnis, daß Mike etwas mit der Skeates hatte. Die beiden …«
    »Mr. Wisdom!« rief Cäcilia Whitley empört und sprang auf.
    Sie raffte ihre Tasche an sich und stolzierte mit hocherhobenem Haupte aus dem Raum.
    Kurz darauf verabschiedeten sich auch Theophil Crump und Benjamin Flindt. Als Coco mit Miß Doyle und Mortimer Wisdom allein war, hatte sie irgendwie das Gefühl, überflüssig zu sein. Sie entfernte sich mit der Begründung, daß Mrs. Reuchlin sie zum Diktat erwarten würde.
    Als sie in ihr Büro kam, hörte sie Stimmen. Die weibliche Stimme sagte: »Nicht hier, Mortimer!
    Laß das! Wenn uns jemand überrascht!«
    Daraufhin folgte ein kehliges Männerlachen, und die Stimme von Mortimer Wisdom sagte: »Weißt du daß du einen herrlichen Busen hast Amalia? Wer hätte das vermutet?«
    »Finger weg!« sagte Amalia Doyle »Und dein Temperament kannst du auch vorzüglich verbergen. Was ist – treffen wir uns nach dem Dinner im Geräteschuppen?«
    Coco verließ schnell ihr Büro, um das hochnotpeinliche Gespräch, das die beiden im Speisesaal führten, nicht länger belauschen zu müssen. Als sie fünf Minuten später zurückkam, waren die Stimmen verstummt.
     

Michael Lundsdale war am Ende seiner Kräfte. Am liebsten hätte er seine Koffer gepackt und wäre von hier fortgelaufen.

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