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051 - Duell mit den Ratten

051 - Duell mit den Ratten

Titel: 051 - Duell mit den Ratten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Wolf
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eingespannt, das Klassenzimmer verdunkelt. Als der Film anlief, herrschte unter den Zöglingen, die nur selten solche Begünstigungen genossen, gespanntes Schweigen.
    Zuerst waren Tiger in einem Freigehege zu sehen, dann verschiedene andere Arten von Raubkatzen. Der Hauptteil des Films widmete sich jedoch den Löwen.
    Nach zehn Minuten wurden die ersten Unmutsäußerungen laut.
    »Das ist ja zum Einschlafen langweilig!«
    »Bekommt man nicht wenigstens eine Löwenfütterung zu sehen?« maulte Prosper.
    »Doch, doch!« versicherte Mike, der den Film schon einige Male gesehen hatte. »Ihr werdet gleich der Fütterung einer Löwenfamilie beiwohnen.«
    »Hoffentlich sieht man, wie sie ein lebendes Tier reißen«, sagte Tony Peal, Prospers bester Freund. »Wer wird denn so blutrünstig sein«, meinte Mike scherzend.
    Er wollte noch etwas sagen, doch plötzlich stutzte er. Irgend etwas schien mit dem Film nicht zu stimmen. Auf der Leinwand war jetzt zu sehen, wie das Löwenmännchen plötzlich wild wurde und durch das Gehege hetzte. Diese Szene hatte Mike nicht in Erinnerung. Der Löwe jagte einen Mann, der verzweifelt um sein Leben rannte.
    Mike spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach. Wie war das möglich? Er hatte geglaubt, den Film auswendig zu kennen.
    Er wischte sich die schweißnassen Handflächen an der Jacke ab und starrte gebannt auf die Geschehnisse, die auf der Leinwand abrollten.
    Der Mann schien keinen anderen Ausweg mehr zu sehen, als auf einen Baum zu flüchten. Doch er rutschte immer wieder ab, und das Löwenmännchen stützte sich mit den Vorderbeinen gegen den Baumstamm und holte den Mann mit einem Prankenhieb herunter.
    Als für einen kurzen Augenblick das vom Entsetzen gezeichnete Gesicht des Mannes in Großaufnahme zu sehen war, glaubte Michael Lundsdale, sich selbst zu erkennen. Er wartete nicht mehr ab, bis die Löwen ihre grausige Mahlzeit abhielten, sondern rannte fluchtartig aus dem Klassenzimmer. Ihm war schlecht. Er mußte unbedingt an die frische Luft. Blindlings rannte er in den Garten hinaus und übergab sich hinter dem ersten Baum.
    Nachdem er sich erleichtert hatte, taumelte er einige Schritte weiter und sank hinter einem Gebüsch ins Gras.
    So fand ihn Coco.
    Sie sah, daß Lundsdale totenbleich war. In seinen Augen lag ein fiebriger Glanz. Als sie neben ihm niederkniete, schluchzte er plötzlich auf und barg seinen Kopf in ihrem Schoß.
    Sie legte ihm die Hände auf den Kopf, streichelte ihn wie einen kleinen Jungen. Es wunderte sie überhaupt nicht, daß plötzlich eine solche Vertrautheit zwischen ihnen war. Sie hatte Lundsdale von Anfang an gemocht und ihn als ersten aus dem Kreis der Verdächtigen ausgeschlossen. »Was ist passiert, Mike?« fragte sie.
    Er hob den Kopf und sah ihr in die Augen.
    »Ich kann nicht mehr«, sagte er mit erstickter Stimme. »Ich werde noch wahnsinnig. Es geht einfach über meine Kräfte.« Er erzählte ihr den Vorfall bei der Filmvorführung und setzte hinzu: »Solche seltsamen und unheimlichen Dinge passieren dauernd. Wenn ich etwas auf die Tafel schreibe, verschwindet die Schrift von selbst wieder, oder es stehen plötzlich obszöne, gemeine, ganz schreckliche Wörter auf der Tafel. Die Kinder verspotten mich. Einmal sah ich, wie sich eine in Spiritus eingelegte Kröte plötzlich bewegte, aus dem Glas sprang und verschwand. Die Kinder behaupteten später, daß überhaupt keine Kröte in dem Glas gewesen sei, aber ich kann mich nicht, geirrt haben. In der folgenden Nacht träumte mir, daß Prosper meinen Lieblingsschüler Jimmy zwang, dieselbe Kröte lebendig zu verspeisen. Ich rannte in Jimmys Zimmer und fand ihn dem Ersticken nahe. Er würgte an einer Kröte. Aber nicht Prosper wurde zur Rechenschaft gezogen, sondern Jimmy, wegen angeblich abartiger Neigungen.« Mike machte eine Pause, lächelte gequält und murmelte: »Jetzt werden Sie mich wahrscheinlich für verrückt halten, Claudia. Vielleicht bin ich es auch. Ich weiß es nicht. Und wenn ich es noch nicht bin, dann werde ich es bestimmt bald. Die Kinder sind mir einfach unheimlich. Vor allem Prosper, dieses Ungeheuer.«
    »Armer, armer Mike!« murmelte Coco.
    Er schlug ihre Hände plötzlich zurück und sprang auf.
    »Ich brauche kein Mitleid«, sagte er erregt. »Ich möchte nicht wie ein armer Narr behandelt werden.«
    »Aber Mike!«
    Er entspannte sich etwas. »Schon gut. Verzeihen Sie! Ich bin mit den Nerven völlig fertig.« Er warf ihr einen prüfenden Blick zu. »Hat man Ihnen schon von

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