051 - In den Katakomben des Wahnsinns
dunkelgraue
Eisentür, die sie an den Verschluss eines Tresors erinnerte.
Ein weiterer Raum, ein weiteres Gewölbe, schloss sich hier an. Morna wusste
nicht, wie sie darauf kam. Mit einem Mal war es ihr, als würde sie von dort aus
genau beobachtet, als wäre außer den beiden schrecklichen Frauen und dem
verrückten Doktor noch jemand in der Nähe. Jemand, der sich dort verbarg, der
registrierte, beobachtete und kontrollierte.
Dann wurde es schwarz vor ihren Augen. Sie merkte schon nicht mehr, wie
Fond nach dem Rasiermesser griff und anfing, ihren Kopf kahlzuscheren. Es wurde
ihr auch nicht bewusst, dass sie – immer noch die Umrisse der dunkelgrauen
Eisentür in der tiefen Finsternis vor ihrem geistigen Auge – plötzlich ihre
Lippen bewegte und leise aber deutlich drei Worte aussprach: »Ja, Dr. Sanders.«
●
Er hatte schon vieles gesehen, aber das, was sich in diesen Sekunden seinen
Augen bot, war erschreckend.
Der Gehirnchirurg lag am Boden. Verzweifelt wehrte er sich gegen seinen
Widersacher, der über ihm kniete, einen schweren, bronzenen Kerzenständer in
der Hand hielt und versuchte, den Schädel des unter ihm Liegenden zu
zertrümmern.
Der Fremde sah aus wie eine Gestalt aus einem Alptraum.
Der Kopf auf seinen Schultern war doppelt so groß wie der Larry Brents.
X-RAY-3 sah, dass auf dem Boden neben Clay Morron eine fleischfarbene
Plastikschale lag, die genau über den halbgeöffneten Schädel gestülpt gewesen
war, und die der Fremde während seines Kampfes mit Morron offensichtlich
verloren hatte. Das Gehirn lag unter einer dünnen, gallertartigen Schicht.
Deutlich sah man das pulsierende Blut in den zahllosen Äderchen, die graue,
pulsierende Masse wie unter einer durchsichtigen Plastikfolie.
Larry Brent würgte es fast, als er dieses unmenschliche Scheusal erblickte.
Als würde eine unsichtbare Hand ihn nach vorn stoßen, so stürzte er auf den
Unheimlichen zu. Er fiel dem Fremden in den Arm und riss ihn herum, ehe der
schwere Gegenstand den Schädel des Gehirnchirurgen zerschmettern konnte.
Morrons Gesicht war vor Angst und Entsetzen verzerrt. Über seinen rechten
Mundwinkel lief ein langer, blutiger Schnitt und auch sein Handrücken war
aufgekratzt.
Der Schweiß stand auf seiner Stirn.
Der Unheimliche war kein einfacher Gegner. Er verfügte über ungewöhnliche
Kräfte.
Larry Brent fühlte den Druck der mächtigen Arme, die ihn zurückdrängten. Er
versuchte einen Drehgriff anzuwenden, kam aber nicht dazu. Der Unheimliche mit
dem offenliegenden Hirn versetzte ihm einen Stoß, dass Larry das Gleichgewicht
verlor und durch eine unglückliche Bewegung des aufstehenden Morron zu Boden
stürzte. Der Unheimliche kippte den langen Tisch um und warf einen der
Polsterstühle nach Larry, dass der Agent schwer getroffen gegen die Wand sank.
Für Sekunden war er ausgeschaltet und unfähig, einen klaren Gedanken zu
fassen. Wie durch einen Nebelschleier sah er den Geheimnisvollen zur Tür rennen
und auf dem Gang draußen verschwinden.
Morron taumelte benommen zur Couch. Er schien die letzten Minuten gar nicht
registriert zu haben.
Larry Brent hörte draußen auf dem Gang einen markerschütternden, gellenden Aufschrei.
Eine Frau!
X-RAY-3 trat den Polsterstuhl auf die Seite, schob den schweren Tisch
zurück, der quer über seiner Brust lag, und kam taumelnd auf die Beine. Er
hetzte zur Tür und stürzte auf den Gang hinaus. Er sah gerade noch, wie eine
junge Frau am Treppenaufgang den Halt verlor und ohnmächtig zu Boden zu fallen
drohte. Unten sah Larry den davoneilenden Schatten des Unheimlichen.
Larry erreichte die Frau, die ungewollt Zeuge geworden war und die
Begegnung mit dem Unheimlichen nicht verkraftet hatte. Der Agent fing sie auf
und ließ sie dann langsam zu Boden gleiten. Als ein Zimmerkellner, der
ebenfalls den Schrei gehört hatte, sich näherte, machte Larry Brent ihn darauf
aufmerksam, sich um die Ohnmächtige zu kümmern.
»Ich hoffe, sie hat keinen Schock erlitten«, fügte er hastig hinzu, während
er schon davonstürzte. »Es wird vielleicht nicht zu umgehen sein, einen Arzt zu
benachrichtigen«, rief er von der untersten Stufe nach oben und rannte weiter.
Er wollte den Unheimlichen einholen. Aber er schaffte es nicht mehr. Alles wies
darauf hin, dass der rätselhafte Fremde den Lieferanteneingang benutzt hatte.
Die Tür zum Hof stand noch offen. Larry stürmte hinaus ins Freie. Ein
kühler Wind schlug ihm entgegen.
Er huschte an den aufgestapelten Kisten und
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