0510 - Der Leichenzug
Kleidung nichts entgegensetzen konnte, weil sie plötzlich eingeschnitten wurde. Von einem Messer oder einer sehr scharfen Rasierklinge.
Jedenfalls wurde nicht nur die Kleidung in Mitleidenschaft gezogen. Meinem Gegner kam es auf etwas ganz anders an. Er wollte mir die Wunde zufügen.
Scharf und beißend war der Schmerz unterhalb des linken Ellbogens, als die Klinge in meine Haut schnitt und dort eine Wunde hinterließ. Wie groß der Schnitt war, wußte ich nicht. Ich spürte jedoch, daß etwas aus der Wunde tropfte.
Mein Blut…
Nahrung für Vampire!
***
Es glich schon einer kleinen Sensation, als der Hubschrauber am späten Nachmittag über Petrila erschien und sich der Pilot nach einem geeigneten Ort für die Landung umschaute. Der Lärm der Rotorblätter und der Motoren trieb zahlreiche Menschen aus den Häusern, und da machte auch Frantisek Marek keine Ausnahme. Er wußte ja, wem der Besuch galt und freute sich, daß Suko sein Versprechen eingelöst hatte.
Marek hatte es tatsächlich geschafft und einige Stunden geschlafen. Jetzt fühlte er sich frisch und auch fit.
Der Hubschrauber flog sehr tief. Er war graugrün gestrichen, die Tarnfarbe der Armee. Demnach hatte es Suko oder sein Vorgesetzter Sir James tatsächlich geschafft, die Behörden zu überzeugen. Man kannte sie ja in Rumänien.
Aus zahlreichen Schornsteinen stiegen Rauchfahnen, die durch den Rotorwind zerflatterten und sich in der klaren Luft auflösten.
Langsam senkte sich die Maschine dem Boden entgegen. Sie würde ungefähr in der Ortsmitte landen.
Dorthin lief auch Marek. Begleitet und überholt von den Kindern, für die diese Landung eine willkommene Abwechslung war.
Als Marek den Ort erreichte, berührten die Kufen bereits den Boden. Suko war schon ausgestiegen. Er sprach noch mit dem Piloten. Zum Abschied reichte er ihm die Hand.
Geduckt lief er dann weg, um aus dem Rotorwind zu gelangen, der entstand, als die Maschine wieder startete und gegen den grauen Himmel flog. Suko sah Mareks Winken und hob selbst die Hand zum Gruß.
Die Männer liefen aufeinander zu. Zur Begrüßung umarmten sie sich. »Alles in Ordnung?« fragte Suko.
»Nicht direkt.«
»Aber dir geht es gut.« Suko stemmte Marek weg und schaute ihn lächelnd an.
»Einigermaßen.«
»Und John?«
»Ist unser Problem, das wir aber nicht hier erörtern sollten. Komm zu mir, bitte.«
»Okay.«
Sie gingen zu Mareks Haus. Kinder begleiteten sie und schauten die Männer scheu an. Aber auch Erwachsene warfen ihnen fragende und neugierige Blicke zu, um die sich beide nicht kümmerten. Zudem sprachen sie nicht über den Fall.
Der Gast aus London schaute sich des öfteren um, was Marek auffiel. »Ist was?«
»Nein, eigentlich nicht. Ich wollte nur sehen, ob sich in Petrila etwas verändert hat.«
»Nichts hat sich verändert. Die Kirche steht noch immer, und auch unsere Freunde sind nicht erledigt.«
»Wer einen Vampirjäger bei sich wohnen hat, darf sich eben nicht wundern, wenn er hin und wieder von diesen Geschöpfen angegriffen wird.«
»Da sagst du etwas. Ich habe es auch aufgegeben, alle vernichten zu wollen. Es sind einfach zu viele, verstehst du? Ich habe manchmal das Gefühl, als würden sie immer wieder nachwachsen oder aus dem Boden kriechen, um dann zuzuschlagen.«
»Wie bei John?«
»Das kann ich dir nicht sagen, Suko. Er ist verschwunden, er wurde entführt. Wohin, müssen wir herausfinden.« Sie hatten mittlerweile Mareks Haus erreicht. Frantisek schloß die Tür auf. »Komm rein, da können wir alles weitere besprechen.«
»Sind wir motorisiert?« fragte Suko.
»Ja, John hat einen Leihwagen. Und ich habe zum Glück den Ersatzschlüssel.« Marek lachte leise.
»Das ist gut.«
Sie setzten sich in die Küche. Marek holte etwas zu essen, denn Suko hatte auch Hunger. »Soll ich ein Essen aufwärmen?«
»Nein, ich nehme den guten Speck.«
»Ich auch.«
Marek holte ihn, Suko blieb allein am Tisch. Er schaute aus dem Fenster. Das Wetter hatte sich seiner Stimmung angepaßt oder umgekehrt. Es war sehr trübe geworden. Die Spitzen der Berge waren nicht zu sehen. Sie besaßen weißgraue Wolkenkränze, die aussahen wie dicke Würste. Suko hoffte, daß sie nicht ins Tal kriechen würden, so ein Wetter mochte er überhaupt nicht.
Marek kam mit Brot und Speck.
»Davon ernähre ich mich meist. Ist alles drin, was der Mensch braucht.«
Suko zeigte auf die Flasche mit dem Selbstgebrannten. »Auch darin?«
»Ja, der ist gut für die Seele und den Magen.« Er
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