0510 - Der Leichenzug
gab ihm den nötigen Antrieb.
Marek glich da einem hochgezüchteten Motor.
Sie befanden sich jetzt auf gleicher Höhe mit dem Wagen. Beide schauten nach links. Vor allen Dingen die Fensteröffnungen interessierten sie.
Bleiche Gesichter zeichneten sich in den Rechtecken ab. Nicht sehr deutlich zu erkennen, weil geisterhafte Nebelbahnen an ihnen vorbeiwischten. Das Tempo war noch immer hoch, und Suko drängte Marek, endlich den Zug zu überholen.
»Das wird nicht einfach ein.«
»Und wenn du die Kiste zu Schrott fährst. Ich muß raus und in den Wagen rein.«
Das war nicht mehr nötig. Plötzlich, keiner hatte damit gerechnet, waren sie vorbei.
»Das ist doch nicht wahr!« rief Marek und nagelte seinen rechten Fuß auf das Bremspedal.
Suko hatte sich auf seinem Sitz gedreht. Er schaute durch die Rückscheibe, ohne viel sehen zu können, weil der Nebel dicht wie eine Wolkenbank über dem Gelände lag.
Der Zug stand tatsächlich. Sie sahen ihn als einen massigen Schatten auf dem Gleis.
Auch Marek hatte angehalten. Er blickte Suko an. »Was machen wir jetzt, mein Freund?«
»Aussteigen.«
Marek folgte dem Inspektor. Er hatte kaum die Wagentür zugeworfen, als er unter seine Jacke griff und den Eichenpflock hervorholte. »Einen habe ich damit erwischt. Die anderen werden auch noch an die Reihe kommen.«
Die beiden Männer trafen sich hinter dem Wagen. Marek warf Suko einen fragenden Blick zu. »Wie willst du sie auslöschen?«
»Silberkugeln.«
»Ist am einfachsten, wie?«
»Sicher.«
Nebel umwallte sie wie lange, feuchte Tücher. Sie selbst kamen sich vor wie zwei Phantome, als sie auf den Zug zuschritten, der sich nicht rührte. Er kam ihnen vor, als wäre er auf dem Gleis festgefroren.
Mit einer wilden Handbewegung wollte Marek den Nebel vor seinen Augen wegscheuchen. »Diese Suppe ist nicht gut«, erklärte er.
»Nein, das ist sie auf keinen Fall. Bei diesem Wetter kannst du Freund und Feind kam unterscheiden.«
»Du wirst mich doch nicht für einen Vampir halten.«
»Das bestimmt nicht. So habe ich das auch nicht gemeint. Der Nebel schützt sie. Es gibt den Vampiren Deckung. Die können an der anderen Zugseite aussteigen, ohne von uns gesehen zu werden.«
»Das befürchte ich auch.«
Sie hatten jetzt die Lok erreicht und blieben neben ihr stehen. Suko wunderte sich laut darüber, daß der Zug nicht mehr weitergefahren war. »Ich kann das nicht verstehen. Er hat sein Ziel noch nicht erreicht. Was ist der Grund für den Stopp?«
»Frage mich nicht so etwas Schweres.« Marek hielt es nicht mehr aus. Er enterte das Führerhaus und rammte seinen rechten Arm vor.
Der Pflock fand kein Ziel.
»Habe ich mir gedacht.«
Marek sprang zurück. »Dann holen wir sie uns aus dem Wagen.«
Er wollte die Tür öffnen, doch Suko hielt ihn zurück.
»Nicht so eilig. Einmal wärst du fast in dein Verderben gelaufen.«
Er hob die Beretta an. »Eine Kugel ist immer schneller.«
»Wie du meinst.«
Suko war einmal reingefallen, als er versucht hatte, eine verschlossene Tür zu öffnen. Jetzt nahm er sich die andere vor, durch die Marek fast in den Wagen geklettert wäre.
Sie war offen.
Suko riß sie auf, zielte in den Wagen – und sah die aufgerichtete Gestalt.
Schon einmal hatte der Vampir ihn mit einer Schlagwaffe erwischt.
Auch diesmal wollte er zuschlagen.
Kurz zuvor drückte Suko ab!
Nur für einen winzigen Augenblick stand die blasse Feuerblume vor der Mündung. Dann hieb das geweihte Silbergeschoß in den Körper des Untoten und schleuderte ihn zurück.
Der Vampir riß noch die Arme hoch, die Stange polterte zu Boden.
Aus seiner Brust drang ein Rauchstreifen, der sich mit dem Nebel vermischte. Für die beiden Männer war der Weg frei.
Frantisek Marek hielt es nicht mehr aus. Er drängte sich an Suko vorbei, er wollte eine Entscheidung und heulte Sekunden später vor Enttäuschung auf.
Der Wagen war leer!
»Suko!« keuchte er. »Sag, daß es nicht wahr ist. Sag mir, daß es nicht stimmt. Ich… ich bin doch nicht verrückt. Ich kann doch noch sehen. Das glaube ich einfach nicht.«
»Es stimmt«, erklärte der Inspektor leise. »Es stimmt tatsächlich. Der Wagen ist leer.«
»Und jetzt?«
Suko enthielt sich einer Antwort. Diesmal drängte er den Pfähler aus dem Weg, schritt durch den Mittelgang zwischen den Sitzen und hob die Schultern. »Nichts zu machen.«
Marek schaute sich die offenen, scheibenlosen Fenster an. »Sie hatten auch genügend Zeit, zu verschwinden. Dabei weiß ich nicht
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