0512 - Der lachende Tod
diesmal zu überraschend gekommen. Bei ihrer Auseinandersetzung hatte er wohl damit gerechnet, vielleicht sogar darauf gelauert, daß sie durch die Parawelt floh. Diesmal aber war er nicht vorgewarnt gewesen.
Sie atmete auf.
Wahrscheinlich würde sie nie erfahren, wie er ihren vorherigen Sprung manipuliert hatte. Aber auf dieses Wissen konnte sie durchaus verzichten. Wichtig war nur, daß der Lachende Tod keine Gefahr mehr darstellte.
Er hatte geglaubt, endlich wieder wirklich frei zu sein, frei von Schranken, die ihm die Grenzen eines Landes auferlegten.
Jetzt war er gefangen in den Schranken, die durch die Abmessungen jener Gasblase im gewachsenen Gestein gebildet wurden.
Denn die Höhle besaß keinen Ausgang.
Er war jetzt auf engstem Raum gefangen - für alle Zeiten.
Aber es gab ihn noch. Man durfte ihn nicht vergessen.
***
Zamorra erwachte, als etwas an ihm zupfte. Undeutlich erkannte er ein schemenhaftes Etwas, das über ihm aufragte und Ähnlichkeit mit einer Spinne besaß.
»Nicht schon wieder«, murmelte er zutiefst verdrossen. Diesmal blieb die Schreckreaktion aus; irgendwie war ihm, als befinde er sich in einem Alptraum und wisse das auch so genau, daß er jederzeit daraus erwachen könne. Er aktivierte das Amulett. An dem sich blitzartig aufbauenden grünen Lichtfeld verbrannte sich die Spinne die Greifklauen und zog sich hastig zurück.
Zamorra vernichtete sie mit einem Blitzstrahl silbrig flirrender Amulett-Energie, dann richtete er sich langsam wieder auf.
Allmählich wurde es Zeit, daß er die Sache in den Griff bekam. Was war das für ein unheimlicher Koloß gewesen, der ihn mit einem vermutlich sogar unbeabsichtigten Fußtritt quer durch den Raum geschleudert hatte?
Baba Yaga bestimmt nicht; es hatte sich offensichtlich um ein männliches Wesen gehandelt.
Aber wer konnte es geschafft haben, hier hereinzukommen und dabei seine normale Größe zu behalten?
Plötzlich entdeckte er jemanden, der auf ihn zukam. Ein Mann, breitschultrig, massig und hochgewachsen, zumindest von den Proportionen her. Ansonsten war er nicht viel größer als Zamorra.
Boris Saranow.
Der Russe ließ sich einfach fallen und setzte sich mit untergeschlagenen Beinen in den körnigen Staub. »Schön, daß es dich noch gibt, towarischtsch«, stellte er fest. »Daß der Genosse Spion tot ist, weißt du?«
»Maximin? Ja. Warum hast du dich auch verkleinern lassen, Brüderchen Boris?«
Saranow räusperte sich. »Weil Großmütterchen Yaga meinte, nur so würde ich dich nicht übersehen, und was die Babuschka sagt, soll man tun, nicht wahr? Kann es sein, daß ich dich getreten habe, towarischtsch ? Das alte Teufelsweib behauptet es.«
Also war Saranow die Riesengestalt gewesen, die wie der Elefant durch den Porzellanladen galoppiert war. Zamorra schüttelte den Kopf. »Du hast mich verfehlt«, schwindelte er. »Wie bist du überhaupt hierhergekommen?«
»Das ist eine lange Geschichte«, seufzte Saranow.
Zamorra winkte ab. »Lange Geschichten sind russische Erfindung, wie man weiß. Mach’s kurz, Brüderchen.«
»Na schön. Ich stieg aus, das Auto explodierte, ich ging die Straße entlang, das Yaga-Haus kam des Weges, und ich trat ein. Anschließend hat die Baba mich verhext.«
Zamorra preßte die Lippen zusammen. »Du selbst bist okay?«
»Bis auf die Schrumpfung. Sag mal, Zamorra, hast du eine Idee, wie wir das wieder in Ordnung bringen können? Ich habe nämlich keine Lust, den Rest meines Lebens in einem Briefkasten wohnen zu können.«
Zamorra zuckte mit den Schultern. »Ich arbeite noch an einem Plan«, gestand er. »Aber mir kommt immer etwas dazwischen. Baba Yaga, erste Spinne, Käfer, du, zweite Spinne und jetzt schon wieder du. Wie soll man da einen klaren Gedanken fassen, wenn man ständig gestört wird? Ich weiß nur, daß ohnç Baba Yaga vermutlich nichts geht. Wir werden sie zwingen müssen, ihren Zauber rückgängig zu machen.«
»Ach ja, wunderschön«, stellte Saranow fest. »Und wie möchtest du das anstellen? Wir haben gegen dieses alte Monstrum keine Chance. Weder du noch ich. Sonst hättest du ja immerhin deine eigene Schrumpfung verhindern können, oder?«
Zamorra schloß sekundenlang die Augen. »Na und?« fragte er dann. »Sollen wir deshalb einfach aufgeben? Es muß eine Möglichkeit geben. Wir müssen sie nur finden. Und wir werden sie finden!«
»Hoffentlich weiß die Hexe auch davon, damit sie daran mitarbeiten kann«, erwiderte Saranow spöttisch. »Oder kennst du etwa die
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