0512 - Hard-Rock-Zombie
lautlos zu bewegen. Zudem verschluckte der Nebel die Geräusche. Endlich erreichte auch ich die Einfahrt.
Keine Spur von Rudy!
Ich gab auf und ging wieder zurück. Vor der Tür lag Sloane auf dem Boden und blockierte sie. Das Messer hatte ihn so erwischt, daß mir die schlimmsten Befürchtungen kamen.
Ich konnte seine Haltung nicht verändern, drehte nur den Kopf zur Seite.
Er lebte noch.
Über seine Lippen strömte röchelnd der Atem, vermischt mit dunklen Schaumbläschen – Blut. Wahrscheinlich war auch die Lunge erwischt worden.
Ob Sloane überlebte, war mehr als fraglich.
Er hatte mich erkannt. »Sinclair«, ächzte er. »Ich… ich habe verloren. Ich habe tatsächlich verloren. Hätte ich nie gedacht. Diese Zeit ist die der langen Messer, das hat mir ein Wahrsager prophezeit. Es ist eingetroffen, verdammt! Ich sterbe.«
»Ich werde einen Arzt holen.«
»Keinen Sinn mehr, keinen Sinn. Rudy ist doch nicht der große Meisterschütze.«
»Er hätte mich erwischen sollen.«
»Genau.«
»Was ist mit den Skinheads? Wo halten die sich versteckt? Weißt du das?«
»Klar.«
»Sag’s mir, bitte.«
Er schaffte sogar noch ein Lachen. »Jeden Tag eine gute Tat, wie?«
»Wenn du es so siehst, meinetwegen.«
»Okay.« Er stöhnte auf. »Sie… sie sind in Soho. Die … die Scheune.«
»Eine was?«
»So heißt das Lokal. Sieht aus wie eine Scheune. Da halten sie sich auf. Geh hin und…« Er bekam plötzlich sehr große Augen. Noch im selben Moment verschwand aus ihnen der Glanz.
Sunshine Sloane war tot.
Ich mußte den Körper zur Seite schieben, um die Tür öffnen zu können. In gedrückter Stimmung ging ich den Weg zurück und machte Licht. Kitty mußte meine Schritte gehört haben. Sie stand schon vor der Wohnungstür und erwartete mich.
»Es ist etwas passiert, nicht?« Wahrscheinlich sah sie es meinem Gesicht an.
»Ja.«
»Und was?«
»Sloane lebt nicht mehr.«
Sie erschrak und ging zurück in ihre Wohnung. »Hast du ihn… ich meine, hast du ihn?«
»Nicht ich, Mädchen. Es war Rudy. Er wollte mich mit dem Messer töten. Es lag wahrscheinlich an der schlechten Sicht. Jedenfalls konnte ich der Klinge entgehen. Es erwischte Sloane.« Ich ließ mich auf einem Stuhl nieder. Auch meine Nerven mußten sich beruhigen. »Hast du ein Telefon?« fragte ich.
»Ja.« Sie brachte mir den Apparat.
Ich stellte ihn auf meine Oberschenkel und wählte eine bestimmte Nummer, die mich direkt mit der Mordkommission des Yard verband. Dort gab ich meine Meldung ab.
Begeistert waren die Kollegen nicht. Sie schimpften über den Nebel und versprachen trotzdem, so rasch wie möglich zu kommen.
Danach wählte ich Sukos Nummer. Diesmal traf ich meinen Freund und Kollegen an. »Hast du schon im Bett gelegen?«
»Nein.«
»Dann zieh deine Lederjacke an und komm.«
»Wohin, und was ist los?«
Ich erklärte es ihm in Stichworten. Auch Suko war perplex, als er etwas von einem Hard-Rock-Zombie hörte.
»Und der Kerl soll sich in Soho herumtreiben?«
»Ja, ich habe ihn gesehen und will ihn auch stellen.«
»Warst du bei dieser… wie hieß sie noch gleich?«
»Bei Kitty. Du mußt durch die Einfahrt und dich dann zur Hintertür orientieren.«
»Das werde ich schon finden.«
Ich stellte den Apparat auf den Fußboden. Kitty hatte sich wieder gesetzt. »Was ist mit Rudy, dem Killer?«
Ich hob die Schultern. »Sorry, aber ich habe alles versucht. Er ist mir im Nebel entwischt.«
Sie nickte mir zu. »Ob er wiederkommt?«
»Zu dir?« Ich schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht, Kitty. Der hat jetzt andere Sorgen. Es gibt einen Mordzeugen – mich. Entweder versucht er, mich umzubringen, oder er zieht sich zurück und bleibt so lange in einem Versteck, bis er glaubt, daß Gras über die Tat gewachsen ist.«
»Er kann auch zu den Skinheads gehen.«
»Was sollte er dort?«
»Ihnen zum Beispiel erzählen, daß du Sloane umgebracht hast. Wäre doch auch eine Möglichkeit. Oder nicht?«
»Klar, Kitty. Daran habe ich nicht gedacht. Danke für den Tip. Das kann auch hinkommen. Ich weiß jetzt, wo sich die Bande versammelt und werde sie mir einmal ansehen.«
»Aber nicht allein?«
»Nein, diesmal geht jemand mit, auf den ich mich hundertprozentig verlassen kann. Er wird für die entsprechende Rückendeckung sorgen. Ich kann mir auch vorstellen, daß ich bei den Skinheads Tiger Diabolo finde.«
»Was wirst du mit ihm anstellen, wenn du ihn hast?«
Ich hob die Schultern. »Es kommt darauf an, wie er reagieren
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