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0515 - Der mordende Wald

0515 - Der mordende Wald

Titel: 0515 - Der mordende Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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unglaublich grellen Blitz zu sehen, den Jupiter selbst geschleudert haben mußte. Einen Blitz, der fauchte und keinen Donner kannte.
    Remus taumelte aus dem Wald hinaus auf das freie Gelände und ließ sich ins hohe Gras fallen.
    Er lebte noch.
    Aber Gaius war sicher tot.
    Und er hatte Jupiters Blitz gesehen.
    Was konnten Menschen tun, wenn Götter kämpften.
    ***
    Jemand kämpfte. Zamorra sah, wie ein Mann in bunter Kleidung von etwas Eigenartigem gepackt und davongerissen wurde. Es war ein verwaschenes Bild, verdichtete sich aber rasend schnell. Jemand schrie. Zamorra sah einen weißhaarigen, bärtigen Mann in einem weißen Gewand; er erinnerte ihn an Merlin. Cristofero samt Sessel stieß gegen ihn. Zamorra, der eine Ausweichbewegung gemacht hatte, konnte nicht mehr stoppen und stürzte. Er sah einen grellen Energiefinger aufzucken und hörte das schrille Fauchen des Blasters. Das Amulett in seiner Hand fühlte sich merkwürdig weich an. Zamorra stürzte auf welkes Laub. Abermals hörte er jemanden schreien.
    Und dann traf ihn etwas und raubte ihm mit elementarer Wucht die Besinnung.
    ***
    Raffael Bois merkte erst eine halbe Stunde später, daß etwas nicht stimmte. Er hatte die Aufräumarbeiten beendet, nachdem er eher zufällig auf das zersplitterte Glas und die Cognacflasche in der Fensterbank getroffen war, und riß alle in Frage kommenden Korridorfenster auf, um den Alkoholgestank schneller verschwinden zu lassen. Anschließend entdeckte er die offene Zimmertür und sah, daß der Raum mit den magischen Kreidezeichen auf dem Fußboden leer war.
    Völlig leer.
    Es gab nur noch die nackten Wände, den Fußboden, die Decke und das Fenster. Alles andere war verschwunden. Die Deckenlampe, die Möbel, die Bilder an den Wänden - samt Nägeln! -, der Teppich und sogar die Tapeten. Anstelle des Lichtschalters und der Sprechanlage ragten nur ein paar Drähte aus der Wand.
    Raffael fand das gar nicht in Ordnung. Offenbar war dem Gnom einmal mehr der Zauber aus der Hand geglitten, und er hatte ein bißchen mehr in die Vergangenheit mitgenommen als nur sich und seinen wohlgenährten Herrn. Raffael versuchte sich das Durcheinander vorzustellen, in dem die beiden etwa 300 Jahre in der Zeit zurück wieder aufgetaucht sein mußten - in einem heillosen Chaos von sich ineinander verkantendem Mobiliar, herabfallender Lampe und zu Boden rauschenden Tapeten. Aber derlei war für die beiden Zeitgereisten sicher annähernd Normalzustand.
    Raffael suchte das Nebenzimmer auf und benutzte die dortige Sprechanlage, um den Professor von dem neuerlich entstandenen Flurschaden in Kenntnis zu setzen. Aber Zamorra antwortete nicht.
    Nicole auch nicht.
    Raffael wußte definitiv, daß die beiden das Château nicht verlassen hatten - und daß sie sich ausgerechnet jetzt zu einem »Schäferstündchen« in die Schlafgemächer zurückgezogen hatten, konnte er sich beim besten Willen auch nicht vorstellen.
    William informierte ihn dann, daß die beiden wohl beim zauberischen Verschwinden der zweibeinigen Plagegeister zugegen gewesen sein müßten; immerhin habe er Nicole gesehen, wie sie mit einer Waffe und der Ankündigung, sie wolle Cristofero entweder verschwinden sehen oder ihn erschießen, an ihm vorbeigeeilt war.
    Da ahnte Raffael, daß die Katastrophe viel größer war, als es anfangs ausgesehen hatte.
    Professor Zamorra und seine Gefährtin waren in den Zeitsturz miteinbezogen worden…
    ***
    Der alte Druide betrachtete das Chaos, das sich vor ihm ausbreitete. Über ihm schwebte der Mann, den violette Tentakel emporgerissen hatten, nachdem er aus dem Unterholz hervorgestürmt war. Er hing zwischen den Ästen eines hohen Baumes und strampelte nicht mehr. Tentakelspitzen hatten sich durch seine Kleidung und in seinen Körper gebohrt. Er lebte noch, aber er verspürte wenigstens keine Schmerzen - denn sonst hätte er geschrien. Der Wald trank seine Seele. Esus, der Waldgott, hatte wieder ein Opfer bekommen. Unwillkürlich sprach der Druide die rituellen Worte aus, die den Mann durchs Totenreich in die Wiedergeburt leiten sollten. Der Mann, aus dessen sterbenden Augen tödlicher Haß funkelte, erschlaffte endgültig. Der Dolch, den er bis jetzt in seiner Hand gehalten hatte, entfiel ihm. Da erst erinnerte sich der Druide, daß er einen römischen Fluch gehört hatte.
    Ein Römer in keltischer Kleidung. Ein Spion.
    »Du hättest ihn mir lassen sollen«, sagte Caxatos vorwurfsvoll.
    Da war noch ein anderer. Du kannst ihn ja verfolgen lassen. Oder

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