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0517 - Zitadelle des Todes

0517 - Zitadelle des Todes

Titel: 0517 - Zitadelle des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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sicher, daß der Gnom sich nichts hatte zuschulden kommen lassen. Und es blieb auch keine Zeit, die Sache mit seinen Bewachern auszudiskutieren. Nicole konnte sich ohnehin denken, worum es ging, da ein Mann in einer Mönchskutte neben dem Karren einherschritt. Vermutlich hielt man den Gnom ob seines Äußeren für den leibhaftigen Gottseibeiuns.
    Blitzschnell faßte Nicole einen verwegenen, verrückten Plan. Sie trieb das Pferd weiter an. Mittlerweile waren die Menschen auf den Hufschlag aufmerksam geworden. Sie starrten Nicole an, wußten nicht so recht, was sie von der Situation halten sollten: Da ritt eine junge, blonde Frau im gestreckten Galopp auf sie zu, in ein paar dünne, weiße Fetzen gekleidet, die kaum noch das Nötigste bedeckten, und mit einem weit hinter ihr her wehenden roten Mantel. Und ein paar Steinwurfweiten hinter ihr jagten buntgekleidete Landsknechte heran…
    Nicole hielt direkt auf die Menschengruppe zu. Unmittelbar neben dem Wagen parierte sie ihr Pferd. Es tänzelte nervös. Die Landleute und der Mönch sahen Nicole äußerst verwirrt an, der Kuttenträger streckte ihr vorsichtshalber das Kruzifix entgegen. So eine Erscheinung wie Nicole hatte er vermutlich noch nie gesehen.
    Sie wandte sich halb im Sattel um und deutete auf ihre beiden Verfolger.
    »Hütet euch vor ihnen!« schrie sie. »Sie haben die Pest! Den Schwarzen Tod! Bringt euch in Sicherheit!«
    »Die Pest? Aber…«, ächzte jemand.
    »Nun macht schon, oder wollt ihr alle sterben?« Sie zwang das Pferd auf die Hinterläufe. Es schlug wild mit den Vorderhufen aus, so daß die Männer zurückwichen. Als es wieder herunterkam, bückte sie sich halb über den Wagen, bekam den Gnom am Kragen seines bunten Wamses zu fassen und zog ihn quer vor sich auf den Sattel.
    »Sie ist eine Hexe!« schrie der Mönch gellend. »Sie will den Teufel befreien! Auf sie!«
    Aber Nicole trieb das Pferd bereits wieder an. Ehe die Männer zupacken konnten, war sie schon an ihnen vorbei. Einer warf seine Heugabel, aber das nicht sonderlich aerodynamische Gerät verfehlte Pferd und Reiterin ein ganzes Stück.
    Nicole stieß ein lautes Gelächter aus. »Rettet euch!« schrie sie. »Hinter mir kommen die apokalyptischen Reiter! Sie tragen die Pest in euer Dorf!«
    Das Pferd jagte wieder voran. Mitten durchs Dorf. Ein paar spielende Kinder sahen der Reiterin verdutzt nach. Eine Schar Hühner flatterte auf und suchte unter panischem Gackern das Heil in der Flucht. Hunde kläfften, rannten hinter dem Pferd her, gaben die Verfolgung aber schnell wieder auf. Da hatte Nicole bereits die letzten Häuser hinter sich gelassen.
    Sie sah sich um.
    Ihre Verwirrungstaktik trug Früchte. Die Landleute und der Mönch versuchten, da sie schon Hexe und Teufel nicht mehr einfangen konnten und vielleicht sogar froh über deren Entschwinden waren, die »apokalyptischen Reiter« an der Durchquerung des Dorfes zu hindern. Schließlich wollten sie nicht, daß der Schwarze Tod ihre Familien auslöschte. Die kreatürliche Angst vor der Pest, die in den letzten Jahrhunderten und gerade begünstigt durch den Dreißigjährigen Krieg die Länder Europas gegeißelt hatte und immer noch eine große Gefahr darstellte, steckte zu tief in ihnen.
    Nicole atmete auf. Sie konnte jetzt auch bei gemächlicherer Gangart einen größeren Vorsprung herausholen. Etwas mehr Ruhe war auch bitter nötig; an den Flanken des Pferdes hatten sich bereits weiße Schweißflocken gebildet.
    Nicole hielt das Tier an und löste die Fesseln des Gnoms, damit er sich vernünftig vor ihr auf den Sattel setzen konnte.
    »Ich danke Euch, Mademoiselle, zutiefst und aus ganzem Herzen«, keuchte der Namenlose. »Diese Unholde hielten mich für den Teufel und wollten mich auf dem Dorfplatz verbrennen! Ich schulde Euch mein Leben, Herrin.«
    Nicole lächelte. »Mein kleiner Freund, du kannst diese Schuld ganz einfach begleichen«, sagte sie.
    Er drehte den Kopf und sah sie aus seinen großen Augen überrascht an. »Und wie?«
    »Indem du mir verrätst, wie du dem Lachenden Tod entgangen bist«, sagte sie und trieb das Pferd wieder an, ließ es in einen lockeren Trab verfallen. Ein Blick zurück verriet ihr, daß ihre Verfolger immer noch andere Dinge zu tun hatten, als ihr auf der Spur zu bleiben.
    Vor ihnen tauchte ein Waldstück auf. Der Bach, der das Dorf durchströmte, floß auch dort hindurch. Nicole war sicher, ihre Spur dort verwischen zu können. Danach mußte sie zusehen, baldmöglichst zu Zamorra und Cristofero

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