0517 - Zitadelle des Todes
zurückzukommen.
Sie war heilfroh, daß der Gnom noch lebte.
Nicht nur seiner Zauberkunst wegen…
***
»Zum Teufel«, sagte Sid Amos kopfschüttelnd. »Wie überaus sinnig. Bekomme ich auch einen Schwefelcocktail?«
»So etwas ähnliches, Monsieur Diable«, sagte Mostache. Sein derzeitiger Gast war ihm nicht so ganz geheuer. Immerhin war es kein geringerer als Asmodis, einstiger Fürst der Finsternis, der Ex-Teufel mit den vielen Namen und Tarnexistenzen. Seit er der Hölle den Rücken gekehrt hatte, nannte er sich bevorzugt Sid Amos oder derzeit auch Sam Dios in seiner Eigenschaft als ZbV-Mann der Sicherheitsabteilung Tendyke Industries in El Paso. Dort kümmerte Sam Dios sich darum, möglichst geschickt und unauffällig Angehörige der gefährlichen Parascience-Sekte aus dem Betrieb zu entfernen.
Robert Tendykes rechte Hand, der Manager Rhet Riker, hatte Sam Dios engagiert. Vermutlich war er der einzige in der ganzen Firma, der über Dios’ wahre Identität Bescheid wußte. Vermutlich war nicht einmal Rob Tendyke selbst eingeweiht. Der Begründer und Alleinbesitzer der Firma wäre nicht sonderlich erbaut davon gewesen, daß ausgerechnet ein Asmodis bei ihm in Brot und Lohn stand…
»Beelzebub mit dem Teufel austreiben«, hatte Riker es spöttisch genannt, dem alle Mittel recht waren, Parascience auszuschalten. Den Sektenbossen in Florida ging es weniger darum, ihren Anhängern Heilslehren zu verkünden, als den einfachen Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen und die Wirtschafts-Mächtigen »umzudrehen«, und über sie wirtschaftliche und finanzielle Macht zu erhalten. Aber Riker wollte einen international tätigen Großkonzern wie die T.I. nicht in die Hände obskurer Machtsüchtiger fallen lassen. Da erschien ihm der Ex-Teufel als das kleinere Übel. Wenn der plötzlich Ambitionen zeigen sollte, die Firma zu übernehmen, wußte man, wie man ihm entgegentreten konnte. Bei der Parascience-Society war das eine ganz andere Sache…
Jetzt aber wartete ein anderes Problem auf Sid Amos. Raffael Bois, Zamorras alter Diener, hatte ihn im Büro in El Paso erreicht und hergebeten. Im Augenblick befanden sie sich unten im Dorf in Mostaches Gaststätte, die der Wirt vor kurzem in einem Anfall von selbsterklärter Genialität von »Zum Faß« umgetauft hatte in »Zum Teufel«. Immerhin war der Dämonenjäger Zamorra Stammgast hier - es gab ja schließlich kein anderes Lokal in der Nähe.
Daß nun ausgerechnet der Ex-Teufel bei ihm einkehrte, löste nun allerdings doch recht zwiespältige Gefühle in Mostache aus. Dabei sah Sid Amos gar nicht so aus, wie man sich den Teufel für gewöhnlich vorstellt. Er machte den Eindruck eines dynamischen Mittfünfzigers auf dem Höhepunkt seiner Karriere, attraktiv, gepflegt und sündhaft teuer gekleidet.
»Dann servieren Sie mal«, verlangte er. »Ich verlasse mich ganz aus Ihre Inspiration.« Wie selbstverständlich nahm er an dem Tisch Platz, den Mostache seit der Umdekoration und Neueröffnung für Professor Zamorra und seine Freunde dauerreservierte. Raffael Bois und Lady Patricia Saris nahmen neben ihm Platz. Butler William war im Château zurückgeblieben - um sich, falls erforderlich, um Patricias Baby kümmern zu können.
Raffael reichte Amos eine Diskette. Sid Amos öffnete den Handkoffer und nahm den Laptop heraus, schaltete ihn ein. Er schob die Diskette in das Laufwerk und rief ab, was sich darauf befand. Der LCD-Schirm zeigte ihm ein Foto, das Raffael per Scanner aus einem Buch aufgenommen hatte. Eine Szene aus dem 1. Weltkrieg, das auf dem Bildschirm natürlich nicht so feinkörnig sichtbar war wie im Druck, aber das alte Buch hatte Raffael nicht hierher schleppen wollen. Es war zu schwer und unhandlich - und zu wertvoll.
Patricia deutete auf eine Figur im Bild, einen Soldaten in belgischer Uniform.
»Das ist Professor Zamorra«, sagte sie. »Es gibt keinen Zweifel. Das Foto wurde 1916 auf dem Schlachtfeld von Verdun aufgenommen. Der Fotograf verließ die Stätte anschließend, und wenig später wurde diese Stellung mit einem Giftgas-Angriff ausgeschaltet. Es gab keine Überlebenden. Ted Ewigk hat die Ereignisse dokumentiert. Er hat jede Menge Daten zusammengetragen, die sich im weiteren auf der Diskette befinden.«
»Schön«, sagte Sid Amos. »Und was habe nun ich damit zu tun?«
»Wir brauchen Ihre Hilfe, Mister… Amos«, sagte Patricia. Sie berichtete abwechselnd mit Raffael von dem Zeitexperiment des Gnoms und dem ungewollten Verschwinden Zamorras
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