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0518 - Der Vampir von Versailles

0518 - Der Vampir von Versailles

Titel: 0518 - Der Vampir von Versailles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Vieh? Sänftenträger? Aber doch nicht im Innern des Schlosses! Hören Sie auf mit diesen Schauermärchen, Fuego.«
    Anklagend breitete Cristofero die Arme aus. »Schon wieder glaubt dies Weibchen mir nicht! Ihr werdet’s erleben, Mademoiselle. Das Schloß von Versailles… gute Güte, sehenswert ist doch nur der wunderbare Garten. Ansonsten lebt sich’s in Castillo Montego wesentlich ruhiger und komfortabler als in den engen Zimmerchen des Schlosses.« Er wandte sich dem Knecht zu. »Sei Er bedankt für Seine Mühe. Nun werden wir die Equipage besteigen und…«
    »Was, Herr, bitte, wollt Ihr besteigen?« staunte der Knecht. »Verzeiht, doch wir besitzen keine Kutsche. Nur einen zweirädrigen Eselskarren.«
    Drei sehr große, sehr runde Öffnungen bildeten sich in dem verfilzten rotborstigen Gebilde, das Cristoferos Gesicht darstellte: zwei staunende Augen und ein staunend geöffneter Mund. Fast hätte Nicole aufgelacht; sie konnte gerade noch an sich halten, um nicht laut loszuprusten.
    Es brauchte drei Anläufe, bis Cristofero endlich wieder verständliche Laute hervorbrachte. »Hab ich ein Leiden an den Ohren, Kerlchen? Sagte Er wirklich Eselskarren?«
    »Gewiß, Seigneur. Mein Herr Wirt ist kein reicher Mann. Die Steuern drücken arg. Bald werden wir auch den Esel schlachten müssen, weil er zuviel frißt, und dann werde wohl ich den Karren ziehen müssen.«
    »Steuern, ach was!« Cristofero wedelte abwehrend mit den Händen. »Er muß nur recht wirtschaften, dann kann er auch ein gutes Leben führen -trotz der geringen Steuerlast. Aber ein Eselskarren steht ja eh nicht zur Debatte. Er sollte doch eine Equipage vom Königshofe her geleiten, auf daß ich standesgemäß reisen kann. Mich dünkt, Er hat diesen Auftrag schimpflich vergessen und eher einem Weibe beigelegen, als sich um die Belange eines Edelherrn anständig zu bemühen!«
    »Verzeiht, Seigneur. Ausgerichtet hab ich’s wohl, doch hat man mich darob ausgelacht. Wer zum König wolle, solle gefälligst auf eigene Kosten anreisen. Man gab mir sogar eine Rechnung mit, für das, was ich verzehrte. Wenn Ihr dies bitte nicht meinem Herrn Wirt auferlegen möchtet und noch weniger mir selbst, habe ich doch gerade genug, zu leben. Schließlich war’s doch Euer Auftrag, der mich nach Fontainebleau führte.«
    »Ich verabscheue Bettler«, murrte Cristofero. »Habe ich nicht schon Geld genug ausgegeben?« Immerhin hatte Nicole der Wirtsfrau ein schlichtes Kleid abgekauft, um nicht weiter in den sich immer mehr auflösenden Kleiderfetzen herumlaufen zu müssen. Das Geld hatte Cristofero erst hingezählt, nachdem Zamorra ihm vorgerechnet hatte, welche Kosten er selbst durch Cristoferos Aufenthalt in der Zukunft hatte hinnehmen müssen. Zudem war Cristofero der einzige, der gültige Münzen besaß. Ein wenig überrascht war Zamorra schon, daß der Grande sie hatte retten können; immerhin war er zwischenzeitlich in der Bastille inhaftiert und ausgeplündert worden. Man hat ihm zwar seine seltsamen Zukunftsgerätchen zurückgegeben, mit denen niemand so recht etwas anzufangen wußte, aber Goldmünzen verloren in hundertzwanzig Jahren kaum ihren Wert, selbst wenn ihre Prägung kein gültiges Zahlungsmittel mehr sein sollte. Man konnte sie ja umschmelzen…
    »Geben Sie ihm das Geld, verdammt«, verlangte Zamorra leise. »Sie verdammter Geizkragen.«
    Der Knecht staunte Bauklötze. Immerhin hatte Cristofero Zamorra gestern abend als seinen Diener vorgestellt. Und der redete jetzt so keck mit seinem Herrn?
    »Ihr seid recht unhöflich, deMontagne«, sagte Cristofero. »Ich überleg’s mir doch noch, ob ich Euch nicht vor die Klinge fordere.«
    »Denken Sie daran: Duelle sind verboten«, grinste Zamorra ihn an. »Was halten Sie davon, wenn ich unter der Hand verlauten ließe, Sie seien finanziell am Ende und müßten sogar Château Montagne verkaufen - zum Beispiel an mich?«
    »Das würdet Ihr nicht tun!« entsetzte sich Cristofero.
    »Dann geben Sie diesem Mann das Geld«, brummte Zamorra. »Verdammt, wie kann ein einzelner Mann nur so knauserig sein? Sind Sie andersherum auch großzügig, wenn Sie Ihren Bauern die Steuern abknöpfen?«
    »Oh, ich halt mich zurück«, versicherte Cristofero. »Ich verlange ihnen nicht mehr für mich ab, als es Monsieur Colbert für den König tut.«
    Zamorra atmete tief durch. Finanzminister Colbert war dafür berüchtigt, daß er das Volk bis aufs Blut auspreßte, damit der Sonnenkönig prunkvoll leben und nebenbei auch noch seine

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