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052 - Die Leichenkammer des Dr. Sarde

052 - Die Leichenkammer des Dr. Sarde

Titel: 052 - Die Leichenkammer des Dr. Sarde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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verharrte sie vor der Tür. Schon lange quälte sie der Gedanke,
dass irgendetwas mit diesem Mann nicht stimmte. Die alte Blanche schien
offenbar außer ihren Einkünften aus der Tätigkeit der Mädchen und dem Vertrieb
von Rauschgift, das in der Kneipe unten heimlich gehandelt wurde, noch eine andere
Geldquelle zu haben.
    Sie hörte, wie innen ein Stuhl geschoben wurde. Dann glaubte sie deutlich
wahrzunehmen, dass ein Reißverschluss aufgezogen wurde.
    Yvette beugte sich herunter und versuchte einen Blick durch das
Schlüsselloch zu werfen. Sie beobachtete nichts weiter als schemenhafte,
verwaschene Umrisse und einen schwachen Lichtschimmer.
    Ein süßlicher Geruch stieg ihr in die Nase. Wie Blut – schlug es in ihrem Bewusstsein Alarm!
    Sie war neugierig. Es interessierte sie schon immer, was andere Menschen trieben,
was sie taten. Sie hatte ein Gespür dafür, wenn etwas Geheimnisvolles in ihrer
Umgebung vorging.
    Atemlos lauschte sie auf die Geräusche, die aus dem geräumigen Weinkeller
an ihr Ohr drangen. Sie konnte daraus nicht viel entnehmen. Aber in diesen Sekunden
nahm sie sich vor, bei Gelegenheit, wenn der Alte und Blanche einmal nicht im
Haus weilten, hier einen Blick hineinzuwerfen.
    Die alte Blanche, die jahrelang keine Minute in diesem Haus verbrachte,
tauchte erst seit drei oder vier Wochen regelmäßig auf. Gemeinsam mit Sarde war
sie hier eingetroffen.
    Das war allen Mädchen, die in diesem Haus zu tun hatten, aufgefallen. Aber
keine machte sich wohl so intensiv Gedanken über gewisse Umstände wie
ausgerechnet Yvette. Und sie hatte guten Grund dazu. Sie hatte einen festen
Freund, dennoch gab sie das Gewerbe, dem sie nachging, nicht auf. Es war
einträglich genug. Außerdem schien Marcel, wie der Bursche hieß, nichts dagegen
zu haben. Warum auch? Marcel selbst schlug sich nicht gerade ehrlich durchs
Leben. Kleine Betrügereien brachten ihm immer wieder Geld ein. Aber er war
besessen von dem Gedanken, einmal einen ganz großen Coup zu starten. Dabei
schwebte ihm nicht einmal ein großangelegter Bankraub vor. Er wollte auf andere
Weise sein Schäfchen ins Trockene bringen. Er hatte Yvette zuerst auf einige
merkwürdige Umstände aufmerksam gemacht, die das seltsame Paar Blanche/Dr.
Sarde betraf.
    Warum war die Alte, die nun bald siebzig
Jahre wurde, jahrelang nicht in Paris gewesen, warum hatte hier alles seinen
Lauf gehen können? Und wer war die junge Frau, die sie in der letzten Woche
zweimal hier im Haus gesehen hatte, die über den Hintereingang hereinkam und
das Zimmer der alten Blanche aufsuchte?
    Yvette hatte vergebens darauf gewartet, dass sie wieder herauskam. Sie hatte
die ganze Nacht durchwacht. Am nächsten Tag hatte sie die Zimmertür nicht aus
den Augen gelassen und auch ihren Freund Marcel auf die Fremde hier im Haus
aufmerksam gemacht. Marcel hatte die Augen offengehalten. Vergebens. Am
nächsten Tag war aber nur die alte Blanche aus dem Zimmer gekommen. Keine Spur
mehr von der Fremden.
    Vier Tage später aber war die Fremde noch einmal in das Haus gekommen. Aber
wieder hatte sie niemand beim Weggehen beobachtet.
    Yvette glaubte diesmal gesehen zu haben, dass die junge Fremde eine gewisse
Ähnlichkeit mit der alten Blanche hatte. Besaß sie etwa eine Tochter, von der
niemand etwas wusste? Gab es auch um sie ein Geheimnis?
    Je mehr Yvette herausfand, umso besser für ihr Vorhaben. Sie und Marcel
wollten Kapital aus ihrem Wissen schlagen. Es hieß, auf der Hut zu sein und
Augen und Ohren aufzusperren.
    Auch Marcel selbst bemühte sich darum, Näheres über die Person Blanches zu
erfahren. Aber mehr, als dass sie jahrelang außer Landes gewesen war und sich
wahrscheinlich in England oder Schottland aufgehalten hatte, hatte er bisher
nicht herausgefunden. Yvette zuckte zusammen, als sie plötzlich ein Geräusch
vernahm, das nicht aus dem Weinkeller stammte.
    Es befand sich jemand oben auf der Treppe, die in den düsteren,
handtuchschmalen Korridor führte.
    Sie hielt den Atem an. Schlurfende Schritte. Die Treppenstufen knarrten.
Dann wieder Stille. Deutlich hörte Yvette eine leise Stimme, als würde jemand
im Selbstgespräch vor sich hinplappern. Dann wieder die knarrenden Treppen –
und es war zu hören, dass diesmal jemand die Stufen nach oben ging.
    Eine Tür klappte leise zu.
    Die Prostituierte nahm ihren Lauscherposten vor der massiven Holztür, die
mit zahlreichen eisernen Beschlägen versehen war, wieder auf.
    Sie dachte an Paul, das Faktotum in diesem Haus. Der Kerl war der

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