0523 - Julies schöne Zombie-Schwester
der Folterknechte, der noch etwas hinzufügen wollte, aber zurücktrat und den Kopf schüttelte. »Da!« keifte er, »da! Schaut euch mal ihren Rücken an! Der Teufel hat ein Mal hinterlassen. Seine Fratzen sind da zu sehen…«
Die Soldaten ließen das Mädchen los, als wäre seine Haut glühend geworden.
So etwas hatten sie noch nicht gesehen. Ein bunter Wirrwarr aus Fratzen, Mäulern, Augen, Nasen und Mündern, die sich zudem noch bewegten, sich öffneten, schlossen, sogar zischelten und grüngrauen, stinkenden Dampf entließen.
»Weg!« schrie der Anführer. »Wir werden weglaufen…«
Nichts hätten seine vier Kumpane lieber getan. Nur der Folterknecht blieb.
Er kam drohend auf das Mädchen zu.
»Hast du nicht gehört?« schrie Janine ihn an. »Ich bin eine Hexe! Willst du nicht weglaufen?«
Er schüttelte den Kopf.
»Na los, verschwinde!«
Da schlug er zu. Er besaß eine Faust, die fast die Größe eines Schmiedehammers einnahm. Der Hieb traf genau ins Zentrum. Ein Sternenhimmel zerplatzte vor den Augen des blonden Mädchens, in den der Folterknecht wie ein Komet hineinstieg.
Mehr wußte Janine nicht mehr.
Sie fiel und blieb bewußtlos auf dem kalten Steinboden liegen…
***
Als Janine wieder erwachte, war alles anders. Sie befand sich nicht mehr in dem Verlies, man hatte sie wieder woanders hingeschafft.
Auf ihrem nackten Körper lag eine Gänsehaut, und sie spürte den kalten Wind darüber hinwegstreichen, als bestünde dieser aus zahlreichen, tastenden Fingerspitzen, die nur da waren, um ihre Haut zu berühren.
Berührt wurde sie ebenfalls vom Licht der Fackeln, die die Männer hielten, die sie umstanden. Es waren die Soldaten, aber auch die so vornehmen Menschen aus dem Ort, die mit gierigen und teilweise abstoßenden Blicken ihren Körper betrachteten.
Der Schlag hatte sie ziemlich mitgenommen. Deshalb konnte Janine die Gesichter der Männer nicht so genau unterscheiden. Dafür hörte sie etwas anderes.
Ein nicht abreißendes Geräusch, das bereits ewig da zu sein schien. Ein Rauschen wie bei einem Wasserfall.
Da es in der Nähe keine Wasserfälle gab – das wußte Janine – gab es nur eine Möglichkeit. Man hatte sie in die Nähe eines Flusses geschafft. Und sie wußte auch, was dies zu bedeuten hatte.
Man wollte mit ihr die Hexenprobe machen!
Schon brachten zwei Männer das Brett. Die Soldaten schufen Platz, damit die beiden durchkonnten. Sie bauten sich ebenfalls vor dem Mädchen auf und stellten das Brett hochkant.
Eigentlich hätte Janine anfangen müssen zu schreien, denn was ihr da blinkend entgegenstarrte wie Augen aus Metall, das waren die Spitzen zahlreicher Nägel.
Sie hatten ein besonderes Brett gewählt. Normalerweise war es nicht mit Nägeln bestückt. Diese Art der Hexenprobe war erst seit kurzem bekannt. Janine hatte davon gehört, wie man es machte. Ihre Mutter wußte Bescheid.
Man band die Person auf das Brett und schob beide in den Fluß oder See.
Schwamm das Brett mit dem darauf festgebundenen Menschen oben, so war die Person eine Hexe und wurde verbrannt.
Ging das Brett unter, so war die Person keine Hexe. Sie ertrank trotzdem, allerdings wurde ihre Seele dabei gerettet. Was auch immer dabei geschah, die bedauernswerten Frauen hatten keine Chance, die Hexenprobe zu überleben.
»Schau es dir an«, sagte einer der Soldaten. »Schau es dir genau an. Es ist dein Brett, auf dem wir dich festbinden!«
Janine war einfach zu müde, um eine Antwort zu geben.
Außerdem wollte sie auch nicht.
Die Umstehenden empfanden dies als Angst. »Da, sie fürchtet sich. Sie zittert jetzt schon!« Sie lachten rauh und freuten sich diebisch. »Los, bindet sie endlich!«
Der Mann ließ das Brett fallen. Es klatschte dicht neben Janine zu Boden, so daß sich die Nägel in das feuchte Erdreich am Ufer hineinbohrten.
»Umdrehen!«
Damit war das Brett gemeint. Zwei Männer packten es und kanteten es herum.
Andere bückten sich und hievten Janine hoch. Einer kam mit dem Seil dazu.
»Legt sie auf das Brett!«
Die Nägel, dachte Janine, die Nägel. Sie werden in dein Fleisch eindringen, du wirst…
Da hatte sie Kontakt!
Jetzt mußte es einfach passieren. Die Nägel mußten in ihren Körper dringen, Blut würde spritzen.
Es geschah nichts…
Die Nägel drangen in ihren Rücken. Sie spürte es sehr deutlich.
Fast jeden einzelnen Nagel, wie er sich wie ein kleines Messer in ihren Körper bohrte, aber keine Wunde hinterließ, denn ihre Mutter und vor allen Dingen Kaspar Algorian
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