0523 - Julies schöne Zombie-Schwester
hatten vorgesorgt. Die tätowierten Fratzen des Teufels hatten ihre Haut widerstandsfähig gegen Schmerzen gemacht.
Auch die Umstehenden sahen, daß nichts passierte. Sie hatten Blut erwartet, das aus den Wunden quellen mußte. Statt dessen starrte das Mädchen sie liegend an und verzog die wohlgeformten Lippen sogar noch zu einem Lächeln.
»Sie ist wirklich des Teufels!« schrie eine der wenigen Frauen, die dem Schauspiel zusahen.
»Ja, sie buhlt mit dem Satan!«
»Bindet sie fest!«
Auf den Befehl hatte der Mann mit dem Seil nur gewartet. Er bückte sich und arbeitete blitzschnell. Es war ihm anzumerken, daß er in solchen Dingen Routine besaß.
Vom Hals bis zu den Fußknöcheln drehte er das Seil um Körper und Brett. An der Unterseite zog er die Knoten so fest, daß sie nicht mehr zu lösen waren.
»Hebt sie an und werft dieses verfluchte Teufelsweib in den Fluß!«
Das ließen sich die Männer aus dem Dorf und die Soldaten nicht zweimal sagen.
Sie behinderten sich gegenseitig, als sie sich bückten, um das Brett anzuheben. Jeder wollte die Hexe so schnell wie möglich auf dem Wasser schwimmen sehen.
Janine konnte erkennen, als man sie hochwuchtete, daß sich in der Nähe eine Steinbrücke befand. In einem Halbbogen führte sie über den Fluß. Unter ihr schoß das Wasser gurgelnd und schmatzend hinweg. Dabei mit einer so großen Geschwindigkeit, als wollte es die Brücke an beiden Seiten einreißen.
Wer in diese schäumenden, tosenden Fluten hineingeworfen wurde, überlebte nicht.
»Weg mit ihr!«
»Ja, zur Hölle mit dem Hexenweib!«
Die Schergen hatten das Brett in die Höhe gestemmt und gaben ihm den nötigen Schwung, als sie es vorschleuderten, so daß es fast die Mitte des Flusses erreichte und dort aufklatschte.
Janine hatte unwillkürlich den Atem angehalten. Sie spürte den Aufprall und die Kälte des eisigen Wassers, das über ihren nackten Körper hinwegschäumte.
Splitternackt, so wie sie auf das Brett gelegt worden war, schaute sie zu ihnen herüber, winkte ihnen noch zu und lachte so gellend, als käme ihre Stimme aus der Hölle.
Die Versammelten warfen sich auf den Boden, schlugen Kreuzzeichen, taten Buße, und als sie wieder hochschauten, war der Geist des Mädchens verschwunden.
Denjenigen aber, die das Lachen gehört hatten, schallte noch tagelang eine düstere Botschaft in den Ohren. Und sie alle wußten, daß sie diesmal zu weit gegangen waren…
***
Gegenwart
»Und du hast immer noch deinen alten Wagen?« fragte ich Will Mallmann, als wir auf dem Parkplatz des Flughafens standen und Will die Türen des Opel Manta öffnete.
»Ja!« sagte er und deutete mit dem Zeigefinger auf mich. »Ich besitze den Wagen noch. Aber du hast gar keinen, John. Du bist auf die Gnade deines Arbeitgebers angewiesen, daß man dir ein Gefährt zur Verfügung stellt.« Will grinste, weil er es mir gegeben hatte.
Suko schaute mich an. »Wo er recht hat, hat er recht, alter Knabe.«
»Blas du auch noch in sein Horn.« Jetzt grinste ich. »Du sitzt zusammen mit Julie.«
»Nein!«
»Doch, ich habe schließlich die längeren Beine.«
»Oder soll ich vorn sitzen?« fragte Julie.
»Unterstehe dich. Kinder müssen in den Fond.«
»Was ist das denn?«
»Der hintere Teil dieser Blechbüchse auf vier Rädern«, erwiderte ich so laut, daß Will es auch hören konnte.
»Weißt du«, sagte er, als ich mich neben ihn setzte und dabei den Kopf einzog, »da stehe ich einfach drüber. Mich, John Sinclair, können eben nur Menschen beleidigen.«
»Und in welche Kategorie stufst du mich ein?«
Will hob die Schultern. »Keine Ahnung. Vielleicht als leicht monsterhaftes Individuum.«
»Danke!«
Will legte einen Blitzstart hin, der uns in die Sitze preßte.
Den Flug hatten wir gut hinter uns gebracht. Julie war auf der Strecke ziemlich schweigsam gewesen. Sie hatte stets aus dem kleinen Fenster gestarrt und den Wolken zugesehen, die an uns vorbeitrieben. Auch jetzt sagte sie nicht viel.
»Wohin geht es denn?« fragte ich.
»Erst mal in Richtung Wiesbaden, dann nach Nordosten, auf die Mosel zu. Der Ort, der uns interessiert, liegt in der Nähe des Moseltals, und der Fluß, der uns interessiert, ist der Flaumbach.«
»Mit PF oder mit F?«
»Mit F.«
»Du weißt Bescheid.«
»Immer. Wir Deutschen sind eben gründlich.«
»Und wir Engländer?«
»Tja, John. Außer dir sind fast alle nett, wie ich finde.«
»Wieso das denn?«
»Die anderen meckern nie über meinen Wagen.«
»Weil sie nie die Chance
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