0523 - Julies schöne Zombie-Schwester
mich zu, Kaspar?«
Algorian ließ sich Zeit mit der Antwort. Er stellte erst den Spiegel dorthin, wo er ihn auch hergeholt hatte. »Es trifft auf dich nicht zu, kleine Janine. Du bist nicht unsterblich, aber du wirst auch nicht so sterben wie die Menschen.«
»Das verstehe ich nicht.«
Algorian grinste breit. »Ich kann es dir nicht erklären. Ich habe dir schon einen großen Gefallen getan. Jetzt mußt du nur Vertrauen haben, so schwer es dir auch fallen wird. Habe Vertrauen, denke immer daran. Nur Vertrauen.«
Sie nickte, obwohl sie selbst nicht davon überzeugt war.
»Und nun mußt du mich verlassen, Janine.«
»Haben wir schon Mitternacht?«
Er lachte auf. »Der Morgen graute bereits. Du hast eine ganze Nacht bei mir verbracht. Zieh dich an und nimm dein Bündel. Dann verlasse die Stadt, und denke immer daran, daß er dich beschützt, auch wenn es nicht so aussieht.«
»Was ist mit meiner Mutter und meiner Schwester Julie?«
»Denke nicht mehr an sie. Die beiden sind dabei, das Land zu verlassen, und es ist auch gut so. Sie werden woanders eine neue Heimat finden, das verspreche ich.«
»Ja, dann gehe ich.«
»Alles Gute wünsche ich dir, kleine Janine. Wirklich alles, alles Gute…«
Er hielt ihr wie ein Kavalier die Tür auf. Janine trat in den Gang, sah schwach den Umriß der Treppe und schaute noch einmal zurück. Da hatte der Zwerg die Tür bereits geschlossen.
Janine fror. Es lag nicht allein an den kälteren Temperaturen. Sie kam sich plötzlich so alleingelassen vor. Hinausgestoßen in eine andere, eine fremde, feindliche Welt.
Mit müden Schritten ging sie die Stufen hoch und verließ den Turm. Eine Gezeichnete, die ein Geheimnis mit sich herumtrug, von dem niemand etwas ahnte…
***
Fast ein Jahr später!
Janine hatte die Stadt verlassen. Bei einem Schiffer war sie untergekommen. Er nahm sie mit, bis sie eine große Stadt erreichte, die dort lag, wo die Mosel in den Rhein mündete.
Die Stadt hieß Koblenz und wurde von einer gewaltigen Festung beherrscht, der Feste Ehrenbreitstein. Sie thronte hoch über dem Rhein, ein Schutz für die Mächtigen, aber auch ein Platz, an dem bestraft und gefoltert wurde.
Janine fiel in der Stadt auf. Es gab zwar viele Frauen, aber nur wenige waren so schön wie sie.
Schon bald erwischte sie der Neid anderer Frauen, die in ihr etwas anderes sahen als nur eine Geschlechtsgenossin.
In diesen Zeiten war das Wort Hexe schnell gefallen. Obwohl Janine nichts dazu tat, wurde sie eines Nachts aus dem Schlaf gerissen, weil sie über sich, auf der Straße, die Hufschläge zahlreicher Pferde hörte. Sie selbst lebte in einer kleinen Kammer unter den eigentlichen Arbeitsräumen, tief im Keller.
Janine wußte sofort, daß der Besuch der Fremden ihr galt. Sie war stets darauf vorbereitet, so rasch wie möglich zu fliehen. Sie hatte eine Anstellung in einer Bügelei bekommen. Hier wurde für die vornehmen Herrschaften die Wäsche und Kleidung gebügelt. Janine stellte sich dabei geschickt an. Ihr Meister lobte sie sehr oft, was seiner Gattin nicht gefallen hatte.
Deshalb konnte sich das Mädchen vorstellen, daß sie es gewesen war, die den Häschern Bescheid gesagt hatte.
Das gepackte Bündel stand immer neben dem Lager. Sie brauchte es nur zu packen, lief zur Tür, öffnete sie und wollte die schmale Treppe hoch.
Die Schergen kamen bereits von oben. Düstere Gestalten mit glänzenden Helmen auf den Köpfen. Einer von ihnen trug eine Fackel.
Ihr Feuer trieb das Mädchen wieder zurück.
Zu viert warfen sie sich über sie. Sosehr sie sich auch wehrte, sie hatte den Schlägen der Soldaten nichts entgegenzusetzen. Und so schaffte man die mißhandelte und total erschöpfte Frau wieder nach oben.
Ein fünfter Mann wartete bei den Pferden. Einer schleuderte Janine hoch und warf sie quer über den Sattel.
Das hatte gereicht, um sie bewußtlos werden zu lassen. So merkte sie nicht, daß die Soldaten die Stadt verließen und über verschlungene Pfade in die Weinberge gelangten.
Ihr Schicksal sollte sie weit weg von Koblenz ereilen, das hatte die Frau des Bürgermeisters zur Bedingung gemacht, die am Fenster stand und den Abtransport mit schadenfrohen Blicken beobachtete.
Janine merkte nichts von dem Ritt. Möglicherweise war es die Gnade des Teufels, die sie hatte in Ohnmacht fallen lassen. Als sie erwachte, wußte sie nicht, wo sie sich befand.
Um sie herum schwebte die Finsternis, und sie spürte unter sich einen feuchten, kalten Steinboden.
Zunächst blieb sie
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