0523 - Julies schöne Zombie-Schwester
Mädchen ihres Alters. Sie redete schon wie eine Erwachsene.
Und sie hatte nicht umsonst gesprochen. Plötzlich tat sich etwas.
Julies Augen bekamen einen völlig anderen Glanz. Ihre Pupillen weiteten sich, etwas umgab sie wie ein unsichtbarer Schirm, das mußte einfach die Ausstrahlung der anderen Person sein, einem nicht sichtbaren Geistwesen, das den Weg aus einer anderen Welt hergefunden hatte.
»Du hast mich gerufen, Julie?« Die Stimme glich mehr dem Flüstern eines Windstoßes, und sie war im Rücken des Mädchens aufgeklungen.
Julie drehte sich um.
Da stand sie nackt, wie sie erschaffen worden war.
Janine – ihre Schwester!
***
Um die Gestalt der älteren Schwester vibrierte und zuckte es. Ein fast überirdisches, kaum erkennbares Leuchten, das die Konturen des Körpers nachzeichnete.
Janine stand da, lächelte Julie an und störte sich überhaupt nicht daran, daß sie selbst nackt war. »Lange, einfach zu lange habe ich auf dich gewartet, Schwester, aber jetzt ist es endlich soweit, denn wir haben den Bann brechen können. Das Versprechen unserer Mutter damals hat sich erfüllt. Es ist so, als wären nicht die langen Jahre vergangen, du siehst aus wie damals, ebenso wie ich.«
»Unsere Mutter?« fragte Julie.
»Ja, erinnerst du dich nicht mehr an sie?«
»Nein…«
»Dann will ich dir helfen. Damals mußte sie fliehen, weil die Häscher und Soldaten sie vernichten wollten. Die Flucht gelang ihr, aber sie konnte nur eine von uns beiden mitnehmen. Da du die Jüngere warst, fiel ihre Wahl auf dich. Ihr habt das Land verlassen und seid nach England gegangen. Mutter hatte es so gewollt. Auch ich mußte weg, aber sie hat mich zu einem Freund geschickt, der eingeweiht war. Dieser Freund, Kaspar Algorian, wußte genau, was er zu tun hatte. Er tätowierte meinen Rücken und gab mir so die Kraft, das Grauen zu überleben.«
»Was ist mit dem Rücken?«
»Du wirst es gleich sehen.« Janine drehte sich um und breitete zudem noch ihre Arme aus.
Julie bekam große Augen, als sie den nackten, bunt bemalten Rücken ihrer Schwester sah. In dem Wirrwarr konnte sie kaum Einzelheiten erkennen. Sie wußte nicht, was diese Zeichnungen zu bedeuten hatten, weil sie einfach nicht genug gelernt hatte. Es war ihr trotz intensiven Schauens nicht möglich, Einzelheiten zu unterscheiden.
Aber die Tätowierungen waren trotzdem etwas Besonderes. Von ihnen strömte eine Kraft aus, die auch Julie nicht verborgen blieb.
Zudem war es eine Kraft, die nicht von dieser Welt stammte. Sie mußte dort geboren sein, wo Wesen lebten, die den Menschen feindlich gegenüberstanden.
Janine bewegte sich, als würde sie auf einer Bühne stehen und sich einem auserwählten Publikum präsentieren. Sie winkelte die Arme an, streckte sie wieder aus, bog den Rücken durch und bückte sich auch mal, so daß es aussah, als wäre Bewegung in die Fratzen gekommen, und sie flossen ineinander.
Julie verstand nicht.
Sie stand da, schaute zu, aber sie entdeckte auch den dünnen Rauch, der aus den häßlichen Mäulern stieg. Wäre es still gewesen, hätte sie womöglich auch ein Zischen vernommen. So aber blieb es bei den grüngrauen Rauchschleiern, die sehr schnell die Gestalt der Janine umgaben.
Mit einer grazilen Bewegung drehte sich die Nackte wieder um.
Sie schaute Julie an.
»Nun, kleine Schwester?«
»Ich… ich verstehe nicht …«
Janine lachte. »Ich kann mir denken, daß du nicht verstehst. Du warst damals noch zu klein, viel zu klein. Ich glaube, es war dein erstes Leben. Ich weiß noch, wie unsere Mutter sagte, daß du in all den weiteren Leben immer wieder den gleichen Namen tragen würdest. Sie hat recht behalten, auch heute heißt du Julie.«
»Ich werde aber nicht mehr wiedergeboren werden«, erklärte sie.
»Das weiß ich, Mädchen. Ich habe es gespürt, als man diese drei Hexen vernichtete. Da wußte ich, daß meine Zeit nun gekommen war, daß ich das Versprechen, das ich Mutter gab, einlösen mußte.«
»Was hast du ihr versprochen?«
»Wenn der Schutz der Wiedergeburt nicht mehr gegeben ist, so muß ich auf dich achtgeben. Deshalb nahm ich mit dir Kontakt auf. Wir beide, Julie, sind etwas Besonderes, verstehst du? Wir stehen über den Dingen. Ich möchte, daß wir unsterblich werden.«
»Jeder Mensch muß sterben, Janine, auch ich. Meine Leben sind vorbei, glaube es mir.«
»Du hast einen großen Beschützer?«
Julie hob die schmalen Schultern. »Wer ist es? Ein Mensch? Mein Freund John Sinclair?«
Janine reagierte
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