0523 - Julies schöne Zombie-Schwester
unwirsch. »Keiner von denen, die dich herbegleitet haben. Das sind die falschen Personen. Unser großer Beschützer ist gleichzeitig auch unser Vater, dem unsere Mutter damals so ergeben war und mit ihm gebuhlt hat.«
»Wer… wer soll das sein?«
»Der Teufel, Julie!«
Sie hatte die Antwort gehört, aber sie wollte sie nicht glauben. Julie mochte den Teufel nicht, sie reagierte wie jeder normale und gesunde Mensch. Auch als sie noch unter der Kontrolle der Hexen gestanden hatte, war ihr der Teufel stets ein Produkt des Hasses gewesen.
Janine lächelte. »Hast du mich verstanden, Kind? Unser Vater ist der Teufel!«
Sie ging einen kleinen Schritt zurück. »Nein, das kann ich nicht glauben. Ich will nicht, daß mein eigentlicher Vater der Teufel ist. Ich mag ihn nicht, ich hasse ihn!«
»Aber ich liebe ihn, Julie. Ich liebe ihn und auch dich. Das darfst du nie vergessen. Er war es, der mir half, als mich hier an der Brücke die Soldaten auf ein Nagelbrett banden und in den Fluß schleuderten. Da spürte ich keine Schmerzen, denn die Tätowierungen Kaspar Algorians schützen mich. Und er hat einige der tausend Gesichter des Teufels auf meinen Rücken gemalt. Begreifst du nun, kleine Schwester?«
Julie nickte bedächtig. Sie tat es bewußt, weil sie die Antwort hinauszögern wollte und sie einfach nicht einsah, daß Janines Worte den Tatsachen entsprachen.
»Du kannst es drehen und wenden, Julie. Du kannst dich sträuben und es nicht wahrhaben wollen, es bleibt eine Tatsache. Der Teufel ist unser Vater. Er hat sich meiner angenommen. Er hat meinen Körper vor dem Verfaulen bewahrt. Ich bin auch nicht ertrunken, ich starb zwar, aber ich lebe weiter. Ich bin deine schöne Zombie-Schwester…«
»Das Wort kennst du auch?«
»Ja, ich habe es gelernt, denn ich kehrte hierher oft zurück und habe die Menschen beobachtet. Jetzt habe ich dich gefunden, meine eigentliche Aufgabe ist erfüllt.«
Julie bedauerte es zwar nicht, den Weg zur Brücke eingeschlagen zu haben, sie machte sich nur Vorwürfe, weil sie mit den Worten ihrer Schwester nicht zurechtkam. Etwas stimmte da einfach nicht. Es waren zu viele Unwägbarkeiten und…
»Willst du wissen, was ich jetzt vorhabe, Julie?«
»Ja.«
»Es geht um uns beide, mein Kind. Wir werden die Zukunft gemeinsam verbringen.«
»Wir?«
»Ja, wir beide. Ich habe dich nicht umsonst so lange gesucht. Ich kann jetzt keinen Rückzieher mehr machen, es geht einfach nicht, wenn du begreifst.«
»Nein. Ich will es nicht. Ich will einfach nicht mit dir gehen. Ich habe mein anderes Leben, ich möchte mit den neuen Freunden zusammen sein. Ich kann nicht bei einer Person bleiben, deren Vater der Teufel ist. Begreife das.«
»Er ist auch dein Vater!«
»Das weiß ich nicht!«
»Julie.« Janine streckte die rechte Hand aus. »Julie, ich bitte dich, so darfst du nicht reden. Ich will, daß du bei mir bleibst, und du wirst jetzt zu mir kommen.«
»Nie!«
Da lächelte Janine nur. Im gleichen Augenblick spürte Julie bereits den Strom der Kraft, der ihr von Janine aus entgegenfloß. Es war ein Strom, dem sie nichts entgegensetzen konnte. Sie mußte der älteren Schwester einfach gehorchen.
»Wir werden es ihnen zeigen, Julie, Wir werden diesen Ort bestrafen, die Menschen, die hier leben, sollen spüren, wer unser Vater ist. Der Teufel wird über sie kommen wie ein grausames Gericht. Das kann ich dir versprechen. Ich habe nicht ohne Grund so lange gewartet, nicht ohne Grund. Ich muß mich an den Nachkommen derjenigen, die mich quälten, rächen. Ich werde dich und…«
»Neiiinnnn!«
»Du hast keine andere Möglichkeit, Julie, keine andere Möglichkeit.« Die Hände berührten sich.
Julie spürte es wie einen Schlag. Sie schrak zusammen, etwas rann durch ihren Körper und erstickte ihren Widerstand. Sie wollte ablehnen, doch es war ihr nicht möglich, auch nur ein Wort hervorzubringen. Janines Kraft war einfach stärker.
Auch kam sie sich vor wie in einer anderen Welt. Sie hörte ein grelles Geräusch, das gleichzeitig warnte und ihr entgegendröhnte.
Auch glaubte sie, einen leichten Lastwagen zu erkennen, der auf die Brücke zufuhr, aber seine Umrisse verschwammen in einer Wolke, die auch Julie und Janine umgab.
Beide Mädchen lösten sich auf.
Und der Fahrer, der sie noch gesehen hatte, wäre fast gegen das Brückengeländer gerast…
***
Der Schweinebraten war serviert worden. Schon zuvor hatte der köstliche Bratenduft aus der Küche uns hungrig gemacht, und als wir das
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