0523 - Julies schöne Zombie-Schwester
knusprige Stück Fleisch auf dem Tisch stehen sahen, lief uns das Wasser im Mund zusammen. Dazu wurde warmer Kartoffelsalat serviert, den ich auch zum erstenmal in meinem Leben probierte.
Er schmeckte mir ausgezeichnet. Jeder bekam zwei Scheiben vom Braten ab, aber ich hatte kaum den ersten Bissen in den Mund geschoben, als es mir kalt den Rücken hinablief und ich starr sitzenblieb.
Das war auch meinen beiden Freunden aufgefallen.
»Was ist los?« fragte Suko.
»Julie!« Ich stand auf. »Sie ist noch nicht zurück!«
»Verdammt!« flüsterte Will Mallmann. Er ließ sein Besteck sinken und legte es zur Seite. »Du hast recht.«
»Und wie ich recht habe!«
Die Wirtsleute schauten mir aus staunenden Augen nach, wie ich auf die Tür zurannte, durch die Julie verschwunden war. Ich fand die Damentoilette sofort, schaute mich um, auch in den beiden Kabinen, und fand sie leer. Keine Spur von Julie.
Sicherheitshalber durchsuchte ich auch die nebenan liegende Herrentoilette mit dem gleichen negativen Ergebnis.
Julie hatte sich aus dem Staub gemacht und uns damit geleimt.
Was war der Grund? War sie freiwillig gegangen oder von irgend jemandem dazu gezwungen worden?
Da kam eigentlich nur die Tätowierte in Frage.
Ich ging wieder zurück. Will und Suko erwarteten mich mit fragenden Blicken. Keiner von ihnen hatte sein Essen angerührt.
Mein Schulterheben sagte ihnen genug.
»Sie ist weg, nicht?«
Ich nickte Will Mallmann zu. »Ja, Julie hat uns verlassen. Einfach so oder auch nicht.«
Die Wirtin hatte mich verstanden. »Ist Ihre junge Begleiterin weg?«
»Es sieht so aus.«
Die Frau wußte nicht, was sie sagen sollte. Sie wischte ihre Hände ab und meinte. »Das ist seltsam. Sie kann nur die Hintertür genommen haben. Im Hof allerdings lauert unser Hund, ein Rottweiler, und der läßt niemanden vorbei. Ich war in der Küche und hätte sein Bellen eigentlich hören müssen.«
»Normalerweise haben Sie recht, aber dieses Mädchen ist anders als Kinder in seinem Alter, Julie wird auch mit scharfen Hunden fertig, glauben Sie mir.«
»Wie denn?«
»Es ginge zu weit, Ihnen das jetzt zu erklären. Wir werden leider den Schweinebraten nicht essen können.«
»Das verstehe ich, Sie wollen das Kind suchen.«
»Genau«, sagte Will. »Was sind wir Ihnen schuldig?«
»Noch nichts. Erledigen Sie das später. Sie bleiben sicherlich im Ort?«
»Und wie.«
Vor dem Lokal, in der kleinen Gasse, schauten wir ebenfalls nach.
Natürlich hielt Julie sich nicht hier auf. Will Mallmann nickte mir zu. »Du weißt, wo sie bestimmt hingegangen ist?«
»Ja, zur Brücke.«
»Worauf warten wir noch?«
Wir rannten zwar nicht, aber im Sturmschritt liefen wir durch den Ort und erreichten die Brücke in einer wahren Rekordzeit. Leer fanden wir sie vor.
Will Mallmann lehnte sich gegen das Geländer. Der Wind hatte seine wenigen Haare in die Höhe geweht, die er jetzt zurückstrich.
»Habt ihr etwas anderes erwartet?«
»Nein«, sagte ich.
»Wo kann sie hingelaufen sein?«
»Falls Julie allein weggegangen ist«, bemerkte Suko. »Ich habe eher den Eindruck, daß sie sich mit jemandem getroffen hat. Janine wird auf sie gewartet haben.«
Keiner von uns hatte Einwände. Ich verließ die Brücke und schaute die abfallende Uferböschung hinab zum gurgelnden Fluß hin, dessen grau wirkende Wassermassen unter der Brücke herschossen.
Suko sprach mich an. »Glaubst du, daß Julie ins Wasser gegangen ist, John?«
»Man muß damit rechnen.«
»Bestimmt nicht.«
Ich drehte mich um. »Was ich jetzt sage, hört sich schlimm an. Möglicherweise ist es für Julie sogar besser, wenn sie wirklich ins Wasser gegangen ist. In der Gewalt ihrer Schwester wird sie alles Menschliche verlieren, meine ich.«
»Ich kann es nicht sagen.«
»Hat es Sinn, hier zu warten?« fragte der Kommissar. Er schaute mich an. »Kannst du Julie wieder herlocken.«
»Wie denn?«
»Durch dein Kreuz. Es ist doch manchmal so etwas wie ein Indikator für fremde Mächte.«
»Gut, ich versuche es.«
Will lachte bissig. »Optimistisch hörte sich das aber nicht gerade an.«
»Bin ich auch nicht.«
Mein Kreuz reagierte nicht. Es war in diesem Augenblick keine negative magische Strömung vorhanden. Kopfschüttelnd steckte ich es wieder ein.
»Da sind wir drei gestandene Männer und lassen uns von einem Kind so leimen.«
»Wer hätte Julie denn nicht vertraut?« sagte Suko.
»Das ist es eben. Wir haben ihr vertraut und nicht mit der Kraft ihrer, sagen wir mal, Familie
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