0526 - Saras letzter Kampf
mit Pfeil und Bogen oder einer Zwille. Saras Befehl war ein Sakrileg.
Aber sie wußte auch, daß es die einzige Chance war. Vielleicht würden ein paar von ihnen überleben. Wenn die Abschirmung des Palastes durchschossen worden war, war ein Eindringen möglich.
»Wir feuern nicht auf den Kristallpalast!« wehrte sich der Kommandant. »Nicht einmal, wenn es Ted Ewigk wäre, der uns befiehlt.«
Das Raumschiff wurde von einem erneuten Treffer herumgewirbelt. Sara konnte sich festhalten. Sie schlug mit der Handkante zu. Der Kommandant sank bewußtlos zusammen. »Ich übernehme das Schiff«, schrie Sara. »Navigator… Kollisionskurs auf den Kristallpalast!«
»Herrin… ERHABENE…«
Es war zu spät für einen Beschuß. Es war schon längst zu spät für Grundsatzdiskussionen. Sara Moon war sicher, daß sie das Richtige tat. Sie stieß die Navigatorin aus dem Sitz und übernahm die Steuerung selbst.
Sie lenkte das flügellahm geschossene Flaggschiff direkt in den Palast hinein.
***
Zamorra brauchte etwas länger als Issomad, sein Bewußtsein zurückzuerlangen. Auch er stellte fest, bis auf die Haut geplündert worden zu sein. Kleidung, Dhyarra-Kristall, Amulett… alles war fort. Er rief das Amulett, aber Merlins Stern erschien nicht in seiner Hand. Das Amulett, in dem sich ein so eigenständiges wie eigenwilliges künstliches Bewußtsein gebildet hatte, war also nach wie vor im Generalstreik.
Es hatte begonnen, den Dienst zu verweigern, als Zamorra es gegen Shirona geschleudert hatte. Dabei hatte er das nicht einmal gewollt, Shirona hatte sich in die Flugbahn des eigentlich auf die Dämonin Stygia gezielten Amuletts bewegt. Aber offenbar waren Merlins Stern und das geheimnisvolle Wesen Shirona zwei absolut gegensätzliche, unverträgliche Pole, und mit seinem unbeabsichtigten »Zufallstreffer« hatte Zamorra sein Versprechen gebrochen, Merlins Stern nicht mehr in Shironas Nähe zu bringen. Seither hatte das künstliche Amulett-Bewußtsein sich in den Schmollwinkel zurückgezogen und verweigerte den Dienst. Zamorra hatte es bei diesem wie bei vielen anderen seitherigen Abenteuern nur mitgenommen aus alter Gewohnheit und weil er hoffte, daß Merlins Stern sich auch irgendwann wieder beruhigen würde.
Das war anscheinend noch nicht der Fall.
Zamorra fragte sich, ob das Amulett so etwas wie Loyalität kannte. Würde es Eysenbeiß gehorchen? Vielleicht sogar nur aus kindischem Protest gegen Zamorra?
Er mußte es einfach abwarten.
Aber er wollte nicht abwarten, welches Schicksal Eysenbeiß ihm hier und jetzt bestimmt hatte. Ihm war klar, daß er Gefangener des ERHABENEN war, und ihm war auch klar, daß Eysenbeiß ihn nicht am Leben lassen würde. Dafür haßte er Zamorra viel zu sehr. Die Frage war nur, auf welche Weise er Zamorra töten wollte.
Issomad stand auf Zamorras Seite, das war klar. Aber vermutlich war Issomad auch hilflos. Er war zwar ein Geschöpf dämonischer Herkunft, aber nicht allmächtig; das hatten jene Geschehnisse erwiesen, in denen er von der Hilfe anderer abhängig war. Vermutlich war es am besten, wenn Zamorra davon ausging, daß er sich selbst helfen mußte.
Aber es sah ziemlich schlecht aus, so schlecht wie selten zuvor. Selbst in Gefangenschaft des Kobra-Dämons Ssacah waren die Aussichten besser gewesen. Zamorra konnte sich auf nichts anderes verlassen als auf seine Körperkraft und sein schwaches Para-Potential. Das erschöpfte sich darin, daß er unter günstigen Voraussetzungen die Gedanken anderer Menschen lesen konnte. Selbst Nicole war eine bessere Telepathin. Die Gedanken des ERHABENEN würden ihm bis in alle Ewigkeit verschlossen bleiben. Und sein immenses Wissen über die praktische Anwendung Weißer Magie nützte ihm herzlich wenig, solange er nicht über die dafür nötigen Hilfsmittel verfügte und auch nicht die Vorbereitungszeit. Schwarzmagier waren da »besser« dran; anstelle der vorbereitenden Meditations- und Fasten-Übungen brauchten sie »nur« ein Menschenopfer zu bringen, dem sie die Lebenskraft entzogen und ihren eigenen teuflischen Aktionen zufließen ließen.
Das Böse hatte es stets leichter als das Gute, konnte immer den einfacheren Weg gehen. Deshalb findet es auch so leicht so viele begeisterte Anhänger.
Den Preis, den es verlangt, sieht der Schwarzmagier allenfalls im »Kleingedruckten«, wenn er den Pakt mit dem Teufel schließt. Aber wer so weit geht, ist ohnehin blind und dumm.
Zamorra erhob sich und tastete die Wände seiner Zelle ab. Viel Arbeit
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