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0528 - Der blaue Tod

0528 - Der blaue Tod

Titel: 0528 - Der blaue Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Rechenschieber statt mit einem Hochleistungscomputer. Wenn nur ein einziger Strich einen Zentimillimeter zu kurz ist oder zu weit zur Seite verschoben, kann das Sigill bereits einem ganz anderen Dämon zugeordnet werden…«
    »Du redest von dämonischen Sigillen«, sagte Zamorra. »Aber wer sagt uns, daß der Blaue ein Dämon ist, wie die Goethia ihn beschreibt? Vielleicht ist er gar kein Dämon, sondern etwas völlig anderes, das wir noch gar nicht kennen und für das wir deshalb auch keinen Vergleich haben.«
    »Chef!« Diesmal klang es noch vorwurfsvoller. »Wie, beim Speiknorpel der Panzerhornschrexe, willst du dann ein Sigill zeichnen? Willst du eines erfinden?«
    »Ich werde einen Schädel entwerfen«, sagte Zamorra. »Nicht mehr und nicht weniger. Und dann führe ich den Zwang durch.«
    »Es gibt Irre und Total-Irre«, philosophierte Nicole und zuckte mit den Schultern. »Zu den Irren gehörst du sicher nicht…«
    ***
    Patricia starrte den blauen Schatten an. Er sah genauso aus, wie sie ihn auf dem Bild gemalt hatte - aber hier zeigte er sich in der Lebensgröße eines erwachsenen Menschen. Er befand sich frei im Raum, schien dreidimensional zu sein und wirkte doch flächig. Unwillkürlich entstand in Patricia der Wunsch, um ihn herumzugehen und zu schauen, wie er wohl von der anderen Seite aussah…
    Aber das wäre bodenloser Leichtsinn gewesen, und ihre Neugier kollidierte außerdem mit ihrer Furcht. Dieses blaue Etwas war ihr unheimlich, seit sie es wie unter Zwang gemalt hatte und die künstlerische Wiedergabe beim besten Willen nicht verändern konnte.
    Jetzt wurde es ihr noch unheimlicher, machte ihr angst, weil es lebensgroß vor ihr stand und dabei einen Schatten warf, wie es auch ein Mensch tat. Es mußte also als materielles, lichtundurchlässiges Wesen vorhanden sein!
    Höchstwahrscheinlich ist es gefährlich, hatte Zamorra gewarnt. Und es kann Materie durchdringen. Versuchen Sie auszuweichen, wenn es in Ihrer Nähe erscheint, und mich sofort über die jeweilige Position zu unterrichten.
    Nein, ausweichen konnte sie nicht. Damit würde sie dem Blauen den Weg zu Rhett freigeben. Und das konnte sie einfach nicht. Sie konnte aber auch nicht mehr zur Sprechanlage Vordringen, um Zamorra zu rufen. Die Anlage befand sich neben der Tür, und Patricia war schon anderthalb Meter entfernt. Der Blaue aber hatte sich so weit genähert, daß er von der anderen Seite her direkt vor dieser Tür stand! Patricia brachte es nicht über sich, auf ihn zuzugehen…
    »Geh weg«, flüsterte sie. »Verschwinde!«
    Schon einmal hatte sie solche Angst um Rhett gehabt. Vor etwas über einem Jahr in Llewellyn-Castle. Sara Moon hatte eine dämonische Ssacah-Kobra eingeschleust, die bis in Rhetts Kindbett vorgestoßen war. Gerade noch rechtzeitig hatte Nicole das Schlangenbiest entdeckt und unschädlich gemacht.
    Diesmal war es keine Schlange, sondern ein Schattenwesen.
    Da war sie mit Rhett extra hierher gekommen, weil Château Montagne als noch sicherer galt als Llewellyn-Castle. Und trotzdem war Rhett wiederum in Gefahr.
    Der Blaue kam näher. »Weg!« schrie Patricia auf. »Du sollst verschwinden! Hörst du nicht?«
    Der Blaue gab keine Antwort. Wie ein Gespenst glitt er in den Raum und auf Patricia zu, die nicht mehr weiter zurückkonnte. Sie konnte auch nicht mit Rhett in einen weiteren Raum fliehen; es gab keine weitere Tür mehr. Nur noch das Fenster. Ein Sprung in die Tiefe… Das war auch keine Lösung. Zumal dieser Sprung vor dem Blauen keine Rettung verhieß. Er konnte durch Wände gehen, da bedeutete ein Höhenunterschied von acht, neun Metern auch kein Problem. Er brauchte sich bloß in der Steinwand nach unten sinken zu lassen und war im nächsten Moment schon wieder bei ihr.
    Wenn doch wenigstens jemand käme… Ahnte denn niemand, daß der Unheimliche sich jetzt hier befand?
    Jetzt stand er unmittelbar vor ihr, und in diesem Moment überwand sie ihre Angst und griff an. Sie warf sich gegen den unheimlichen Schattenkörper - und stürzte durch ihn hindurch! Dabei erfaßte ein entsetzliches Kribbeln ihren gesamten Körper, ließ sie aufschreien und stürzen. Sie wand sich, preßte die Arme gegen den Leib, um das anhaltende Kribbeln zu unterdrücken, kam wieder auf die Knie, um dem Blauen zu folgen und ihn trotz allem noch einmal anzugreifen. Aber sie schaffte es nicht. Sie stürzte zur Seite, verlor ihre Bewegungsfähigkeit. Vor ihren Augen tanzten bunte Muster. Sie glaubte menschliches Gewebe vor sich zu sehen,

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